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17.07.2014

Mürvet Öztürk: Sichere Herkunftsstaaten

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte feststellen, dass für uns, die Mitglieder des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, das Grundrecht auf Asyl ein sehr hohes Gut ist, dass Asylsuchende natürlich Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren haben und dass asylrechtliche Entscheidungen immer zügig und anhand klarer Kriterien abzuwägen und dann umzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich möchte aber auch festhalten, dass wir das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten generell für schwierig erachten. Das ist ein Konzept, das wir auch in der Vergangenheit sehr kritisch bewertet haben und in der Gegenwart kritisch bewerten, weil es eben die Gefahr birgt, dass pauschal Flüchtlinge aus bestimmten Herkunftsländern als offensichtlich unbegründete Asylbewerber abgelehnt werden und man damit unter Umständen dem Schutzbedarf des einzelnen Flüchtlings nicht gerecht wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein so sensibles Thema wie die Einstufung der sicheren Herkunftsstaaten muss daher umfassend und verantwortungsbewusst erörtert werden, mit Ruhe und ohne Polemik, sondern einfach mit der Gelassenheit, die notwendig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und alle von ihnen mitregierten Ländern, auch die SPD-grün-regierten Länder, dafür gesorgt, dass am 13. Juni im Bundesrat mit einer Enthaltung dieser Gesetzentwurf nicht beschlossen worden ist, sondern weiter in dem Beratungsverfahren geblieben ist. Das ist ein Erfolg, den wir als GRÜNE gemeinsam in diesen Ländern verabredet und besprochen haben. In einem ersten Schritt haben wir durchgesetzt, dass dieses Gesetz noch nicht entschieden worden ist, sondern dass es weiter in den Beratungen ist.

Wir haben auch in allen sieben grün-mitregierten Ländern wie in Brandenburg eine einheitliche Position hinbekommen können, weil wir uns darüber klar waren, dass dieses Gesetzesvorhaben sehr problematisch ist und dass es auch weitere problematische ausländerrechtliche Gesetzesvorhaben gibt, die man sich genauer anschauen muss.

Es geht dabei um die Einschränkung von EU-Freizügigkeit, um höchst problematische Änderungen bei der Ausweisung von ausländischen Staatsangehörigen, um Verschärfung der Inhaftierungsmöglichkeiten von Asylsuchenden, es geht aber auch um Vorhaben wie endlich eine stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung hinzubekommen, endlich einen erleichterten Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge hinzubekommen, aber auch um Veränderungen im Asylbewerberleistungsgesetz hinzubekommen. Das heißt, sowohl die schwierigen Themen als auch die durchaus positiven Themen sind miteinander verknüpft worden und sollen jetzt bis Herbst miteinander diskutiert und in einem ausgewogenen Bereich entschieden werden.

Vor diesem Hintergrund haben wir GRÜNE und die grün-mitregierten Länder Gesprächsangebote der großen Koalition angenommen und sind jetzt mit ihnen in der Verhandlung und versuchen einmal, herauszufinden, was denn die eigentlichen Vorhaben bezwecken und wo sie hinwollen. Wir wollen auch da ganz klar versuchen, im Interesse der Flüchtlinge, die bei uns Schutz suchen, so viel wie möglich herauszuholen und Rechte für diese Menschen hinzubekommen, damit ihre Lebenssituation in Deutschland verbessert wird.

Das zum Thema, was gerade aktuell passiert ist. Deswegen habe ich mich gewundert, als der Antrag von der LINKEN kam. Denn ich habe mir gedacht: Das ist doch alles das, was wir GRÜNEN gemacht haben. Wollen Sie unsere Verhandlungsposition stärken oder schwächen, es für sich noch einmal politisch instrumentalisieren oder belehren? – Ich habe das nicht ganz verstanden, weil wir ganz genau wissen, wie wir mit dieser Thematik sehr sensibel umzugehen haben und wie wir unsere Haltung dazu klargemacht haben.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deswegen ist auch, wie gesagt, im Bundesrat am 13. Juni genau das entschieden worden, was entschieden worden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte aber auch klarmachen, dass wir in dieser Frage sehr sensible miteinander umgehen müssen. Wenn wir über das Thema sichere Herkunftsstaaten Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina reden, möchte ich nicht, dass wir uns das leicht machen. Auf der einen Seite gibt es auch einen CDU-Politiker wie Herrn Professor Dr. Schwarz-Schilling, der anmahnt, die Situation vor Ort sei katastrophal, und wir dürften sie nicht außer Acht lassen. Aber es gibt auch einen SPD-Politiker wie Rüdiger Veit, der da sehr kritisch ist, und es gibt auch die GRÜNEN, die da sehr kritisch sind.

Ich möchte aber auch nicht verhehlen, dass wir in dieser Diskussion sehen müssen, dass bundesrechtliche Gesetzgebungen in Zukunft so erlassen werden, dass wir den Menschen, die bei uns Schutz suchen, auf jeden Fall bessere Lebensmöglichkeiten, einen besseren Arbeitsmarktzugang und eine bessere soziale Teilhabe organisieren können.

Ich finde aber auch, dass man nicht das Spiel spielen sollte, die verschiedenen Gruppen gegeneinander aufzuwiegeln oder abzuwägen. Trotzdem bin ich sicher, dass so, wie die Bundesregierung jetzt ihr Gesprächsangebot gemacht hat und wie sich die Landesregierung hier aus Hessen im Bundesrat verhalten hat, man sehr sorgsam mit dieser Frage umgehen wird, dass man sehr sorgsam alles abwägen wird, um verschiedene Entwicklungen und gesetzliche Verbesserungen zu erzielen, ohne dabei die eine Gruppe gegen die andere auszuspielen. In diesem Sinne habe ich vollstes Vertrauen, dass das, was im Herbst dabei herauskommen wird, im Interesse aller Flüchtlinge in Deutschland sein wird. Dass natürlich eine europaweite Lösung für die Roma gefunden werden muss ist keine Frage. Ob das unbedingt über das Asylrecht geregelt werden muss, werden wir noch diskutieren.

Mehr habe ich dazu nicht hinzuzufügen. Wichtig ist Gelassenheit und Nichtinstrumentalisierung der Situation der Menschen. Das, was im Herbst entschieden wird, sollte für uns alle gemeinsam tragbar sein, damit die Menschen, den Flüchtlingen hier in Hessen die höchste und beste Möglichkeit der Teilhabe organisiert wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin.