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14.04.2011

Mürvet Öztürk: Einführung von Islamunterricht bzw. Islamkunde an hessischen Schulen

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir möchten heute im Plenum gern noch einmal mit Ihnen über das Thema „Einführung von Islamunterricht bzw. Islamkunde an hessischen Schulen“ diskutieren. Wir haben nämlich das Gefühl, dass die Hessische Landesregierung wie üblich eine Unterstützung der Opposition braucht, und wir sind immer gern bereit, zu diesem Thema fraktionsübergreifend Vorschläge zu machen.

Wir fordern heute die Landesregierung noch einmal auf, ihren Worten Taten folgen zu lassen und endlich erkennbare Schritte zu gehen; denn in anderen Bundesländern, etwa in NRW oder in Niedersachsen, passieren interessante Dinge, auf die ich gleich eingehen möchte. Wir im Lande Hessen warten vergeblich darauf.

Wir haben die Arbeit des runden Tisches zum Anlass genommen, den es im Lande Hessen seit 2009 gibt. Alle haben sich natürlich gefragt, ob der runde Tisch die Anerkennung des Ansprechpartners unterstützt, damit wir da einen Schritt weiterkommen. Im Januar 2011 haben wir vernommen, dass es zwei Anträge von Mitgliedern des runden Tisches gibt: Der Landesverband der DITIB und die Ahmadiyya haben Anträge gestellt. Diese Anträge werden jetzt sehr sorgfältig geprüft. Das finden wir gut.

Wir möchten aber auch an Folgendes erinnern. Wenn diese beiden Anträge positiv beschieden werden sollten, haben wir kein Problem und fangen hoffentlich ganz schnell mit islamischem Religionsunterricht an. Sollten die Anträge aber nicht positiv beschieden werden, brauchen wir einen Plan B. Dieser Plan B kann nicht in der Einführung eines Ethikunterrichts bestehen, wie es schon vor zehn Jahren möglich gewesen wäre, sondern aus grüner Sicht kann das nur – im Sinne eines Zwischenschritts – Islamkunde sein. Dafür möchten wir hier heute noch einmal werben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Heute war Bundespräsident Wulff hier im Landtag, der, mit Unterstützung des Staatssekretärs Brockmann, in Niedersachsen bereits sehr früh einen islamischen Religionsunterricht als Modellversucht eingeführt hat. Er hat auch heute noch einmal unterstrichen, wie wichtig es ist, die Anerkennung des Islams voranzubringen und zu unterstützen.

Wir möchten daran erinnern, dass sich die Deutsche Islamkonferenz seit 2006 mit dieser Fragestellung befasst. Sie hat unter der Federführung des damaligen Bundesinnenministers Schäuble einen Vorschlag gemacht, wie man den Zeitraum, in dem es noch keinen Ansprechpartner gibt, überbrücken kann. Dieser Vorschlag sieht eine Beiratslösung vor: eine Kooperation mit den lokalen muslimischen Verbänden vor Ort für einen befristeten Zeitraum. Das entspricht dem, was gerade in Nordrhein-Westfalen umgesetzt wird und was auch das Land Niedersachsen mittlerweile praktiziert.

Ich muss mich natürlich fragen: Warum können andere Bundesländer in dieser Frage erhebliche Erfolge erzielen, und warum diskutiert das Land Hessen seit zehn Jahren nur immer wieder über diese Frage und kann keinen Erfolg vorweisen? Fehlt hier der politische Wille?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte klarstellen, dass wir, wenn der politische Wille vorhanden wäre – mittlerweile fangen wir GRÜNE an, daran zu zweifeln –, viel weiter sein könnten.

Es ist auch die Frage, wie lange Sie die Anträge prüfen wollen.

(Zuruf)

Deswegen ist es uns wichtig – wir haben eine Kleine Anfrage eingereicht –, dass einfach einmal erläutert wird, wie das Prüfungsverfahren aussieht und, vor allen Dingen, wie man mit einer negativen Entscheidung umgehen wird. In Nordrhein-Westfalen hat es, zunächst unter einer SPD-geführten rot-grünen Regierung und später unter Integrationsminister Armin Laschet im Rahmen einer schwarz-gelben Regierung, seit Jahren Islamkunde gegeben. Jetzt, mithilfe eines Beirats, nähert man sich dem islamischen Religionsunterricht. Die Beispiele aus Niedersachsen haben wir schon aufgezählt.

Wir GRÜNE haben letztes Jahr in Hessen gemeinsam mit Experten eine Veranstaltung durchgeführt, auf der wir Ihnen vorgeschlagen haben, entweder als ersten Zwischenschritt Islamkunde einzuführen oder jetzt endlich einmal loszulegen und zu überprüfen, ob eine Beiratslösung auch in Hessen möglich wäre. Der runde Tisch ist vorhanden. Der runde Tisch ist gewillt, in diese Richtung zu gehen. Wichtig ist nur, dass entweder das Land Hessen eine klare Aussage trifft oder dass sich die FDP endlich gegenüber dem Koalitionspartner CDU durchsetzt.

Nur eines muss Ihnen klar sein: Hopp oder Top hat bisher noch in keinem Bundesland funktioniert. Von null auf 100 ist man in keinem Bundesland gekommen. In Hessen wird das ebenfalls nicht funktionieren. Wir brauchen Zwischenschritte.

Wir GRÜNE haben Ihnen in unserem Antrag einen Vorschlag gemacht und verschiedene Wege – einen Dreistufenplan – aufgezeigt. Wenn Sie vernünftig sind und auch in Hessen endlich Erfolge vorweisen wollen, nehmen Sie unseren Vorschlag zur Kenntnis. Im Ausschuss werden wir weiter darüber beraten. Ich hoffe einfach, dass Sie die Worte des Bundespräsidenten Wulff ernst nehmen und ihnen Rechnung tragen; denn im Land Hessen möchten auch muslimische Gemeinschaften endlich ein Angebot eines Islamunterrichts haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Schönen Dank, Frau Kollegin Öztürk.