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25.09.2014

Mürvet Öztürk: Aktuelle Stunde – Hessisches Maßnahmenpaket Asyl beispielhaft für gute Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen – nationale Asylkonferenz notwendig

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident, sehr verehrte Kommunen! Auch die Kommunen werden wahrscheinlich zuhören, ebenso wie viele Flüchtlinge in diesem Land, die diese Debatten, die wir hier führen, bestimmt interessiert verfolgen. Auch an sie möchte ich meine Worte adressieren. Wenn wir im Hessischen Landtag über das Thema Asyl sprechen, was wichtig ist, wenn wir uns die Bewegungen und Krisen weltweit anschauen, halte ich es auch für wichtig, dass wir in dieser Debatte möglichst fair bleiben und versuchen, dort, wo Kritikpunkte angebracht sind, diese zwar anzubringen, aber auch anzuerkennen, wo etwas geschieht und sich entwickelt, meine Damen und Herren.

Von daher möchte ich zuerst einmal der Hessischen Landesregierung dafür danken, dass sie dieses Maßnahmenpaket zum Thema Asyl und Flucht verabschiedet hat. Sie sagt auch klar, dass es ein erster Schritt ist und dass weitere folgen werden. Das ist eine konstruktive Arbeit, wie ich sie mir vorstelle. Daher an dieser Stelle herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Zahlen kennen wir: Weltweit sind derzeit ca. 51 Millionen Menschen auf der Flucht. Diese Zahl, geschätzt durch internationale Einrichtungen, liegt weit höher als die Zahl der Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg.

Dass viele dieser Menschen auch zu uns nach Deutschland und nach Hessen kommen, das finden wir gut, weil wir als ein wohlhabendes Land dieser internationalen Verantwortung, die wir haben, gerecht werden wollen, indem wir diese Menschen willkommen heißen und sie bei uns verantwortungsvoll unterbringen. Deswegen werden wir auch nicht müde werden, immer wieder zu erwähnen, dass die Humanität im Mittelpunkt der hessischen Flüchtlings- und Asylpolitik steht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Man kann dieser neuen Landesregierung von mir aus viel vorwerfen, aber nicht, dass sie nicht handelt und nicht das Ohr bei den Kommunen, den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern oder bei den Flüchtlingen selbst hätte. Die kommunale Verantwortung tragen viele in diesem Landtag anwesende Parteien vor Ort. In verschiedenen politischen Konstellationen sind wir vor Ort in Verantwortung und versuchen, der Situation gerecht zu werden.

Deswegen ist es richtig, dass diese Landesregierung gesagt hat, die Pauschalen werden im Jahr 2015 um 15 Prozent erhöht. Das werden wir als ersten Schritt tun. Im Gespräch mit den Kommunen werden wir immer wieder erörtern, ob weitere Schritte notwendig sind.

Die Kommunen sagen von sich aus, dass sie mit der Situation überfordert sind. In den letzten Jahren ist man aufgrund zurückgegangener Flüchtlingszahlen davon ausgegangen, vorhandene Strukturen abbauen zu können. Im Jahre 2010 haben wir alle gefordert, dass die Gemeinschaftsunterkünfte abgeschafft werden und die Menschen in Wohnungen untergebracht werden sollen, weil wir ein Rekordtief an Flüchtlingszahlen in Deutschland hatten. Diese Situation ist nicht mehr die gleiche. Wir haben jetzt ein Rekordhoch. Die Zahlen werden weiter steigen.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Ich freue mich darüber, dass die Bereitschaft zur Aufnahme innerhalb der Bevölkerung vor Ort sehr groß ist. Deswegen bitte ich auch die Kommunen, alle ihre Belange und Bedarfe, so ausgewogen vorzutragen, dass wir die Aufnahmebereitschaft der Menschen vor Ort nicht gefährden, sondern für die Flüchtlinge soweit es geht eine optimale Versorgung hinzubekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Daher ist, auch wenn Sie anderer Meinung sind, die nationale Asylkonferenz eine wichtige Angelegenheit. Im Rahmen der nationalen Asylkonferenz kann man es schaffen, zu schauen, welche Probleme es in anderen Bundesländern gibt und vor welchen Herausforderungen die anderen Bundesländer stehen. Wir haben gemerkt, dass die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in allen Ländern unterschiedlich organisiert ist. Deswegen standen wir in Hessen vor der Situation, dass andere Bundesländer ihre Aufnahmeeinrichtungen geschlossen haben und die Menschen zu uns nach Hessen, nach Gießen, gebracht worden sind.

Auch die Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen darf nicht überfordert werden. Von daher finde ich es richtig, dass in unserem Asylmaßnahmenpaket die Entlastung der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen vorgesehen ist, sowohl personell als auch finanziell und man die Möglichkeit hat, weitere Standorte zu erschließen, damit die Menschen in Hessen in unterschiedlichen Regionen untergebracht werden können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

In Gießen ist eine enorme Arbeit geleistet worden. Ich möchte mich im Namen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den Dank an die Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen und an den Regierungspräsidenten anschließen. Wir sehen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Wir sind uns auch dessen bewusst, wenn wir dieser Situation Abhilfe schaffen wollen, müssen wir uns in der Zukunft die Zahlen weiter genau anschauen. Für die Versorgung der – wir werden nachher darüber sprechen – unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge oder der jungen Menschen, die ab 16 Jahren zu uns gekommen sind und im deutschen Schulsystem keinen Fuß fassen können, müssen wir Konzepte erarbeiten. Das ist uns völlig klar.

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Kommen Sie bitte zum Ende.

Mürvet Öztürk:

Ich möchte eigentlich diese Aktuelle Stunde damit schließen: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. – Von daher ist es gut, dass die Landesregierung in Hessen etwas tut. Wir wissen, dass wir noch nicht beim Königsweg angekommen sind, aber der Wille zur Handlung ist da. Von daher bitte ich auch alle politischen Kritiken so abzuwägen –

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Frau Kollegin, nicht die Aktuelle Stunde ist beendet, aber Ihre Redezeit.

Mürvet Öztürk:

Herr Präsident, ich schließe mit den Worten, denn eigentlich sind wir uns einig: herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Vielen Dank.