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28.06.2012

Monne Lentz: Sicherheit in Hessen – Neuordnung der Sicherungsverwahrung am Standort Schwalmstadt

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir GRÜNE begrüßen es, dass der Justizminister nun endlich der Umsetzung des Abstandsgebots nachkommen will, wie es das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte schon längst gefordert haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Durch das Abstandsgebot soll gewährleistet werden, dass sich das Leben der Sicherungsverwahrten von ihrem Leben in Haft deutlich unterscheidet. Ich denke, wir befassen uns hier mit einem Thema, mit dem wir wirklich sehr sensibel umgehen müssen; denn immerhin handelt es sich um Menschen, die ihre Strafe bereits abgesessen haben. Das heißt, sie haben ein Verbrechen begangen, sind dafür bestraft worden und haben diese Strafe abgesessen. Diesen Menschen stünde nun eigentlich die Freiheit zu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Genau diese Freiheit wird ihnen verwehrt, obwohl sie ihre Strafe schon verbüßt haben. Der Freiheitsentzug der Sicherungsverwahrten dient allein präventiven Zwecken, nämlich, wie es im Strafgesetzbuch heißt, dem Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Tätern. Er dient also der Verhinderung zukünftiger Straftaten und nicht der Verbüßung einer Strafe für vergangene Straftaten.

Sicherlich gibt es Fälle, in denen es zu unser aller Sicherheit notwendig ist, Menschen nicht mehr in die Freiheit zu entlassen; denn sie stellen eine Gefährdung der Allgemeinheit dar. Trotzdem sind es Menschen, die ihre Strafe abgesessen haben und in deren Persönlichkeitsrechte eingegriffen wird. Deswegen ist es angemessen, wenn wir ihnen zumindest ein Leben zusichern, bei dem, wie das Bundesverfassungsgericht fordert, „über den unabdingbaren Entzug der ‚äußeren’ Freiheit hinaus weitere Belastungen vermieden werden“.

Die Menschen sollen also trotzdem noch ein Leben in Würde führen können. Diese Menschen haben schreckliche Taten begangen, ohne Zweifel. Aber es muss ihnen eine therapeutische Behandlung geboten werden, und ein Unterschied zu ihrer Zeit in der Haft muss deutlich erkennbar werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir begrüßen zum einen, dass der Justizminister endlich einen Standort gefunden hat. Mit Schwalmstadt hat er sicherlich einen Standort gefunden, der für die Sicherungsverwahrung gut geeignet ist. Die Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt, wie es auch die SPD eben schon dargelegt hat, ist ein Ort, an dem qualifiziertes Fachpersonal vorhanden ist, weitere Fachkräfte ausgebildet werden und wo die Sicherungsverwahrten angemessen verwahrt leben können.

Zum anderen ist auch die Akzeptanz vor Ort in der Bevölkerung gegeben. Ich denke, es ist natürlich ein wichtiger Aspekt, und das ist bei diesem Thema nicht in Zweifel zu stellen, wenn man in dieser heiklen Frage Unterstützung hat.

(Beifall der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nicht zuletzt ist Schwalmstadt auch deshalb ein guter Ort, weil dort Ausbau und Entwicklung gegeben sind; bzw. man könnte problemlos weitere Plätze anbauen, auch wenn wir als GRÜNE auf jeden Fall hoffen, dass es nicht mehr als diese 62 Sicherungsverwahrungsplätze, die geplant sind, wird geben müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotz aller Zustimmung haben wir auf jeden Fall einige Fragen, denn ursprünglich hatte uns der Justizminister angekündigt, dass es einen Neubau geben sollte, damit dem Abstandsgebot tatsächlich nachgekommen werden sollte, nicht lediglich einen Ausbau, wie es jetzt der Plan ist. Deswegen bitte ich den Justizminister, uns zu erklären, wie er gewährleisten will, dass er dem Abstandsgebot tatsächlich auch jetzt noch nachkommen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie will denn der Minister sicherstellen, dass bei dieser jetzig gewählten Variante der Sicherungsverwahrung die Qualität für die Betreuung der Sicherungsverwahrten gewahrt bleibt? – Wir begrüßen, dass es eine Kooperation mit Thüringen gibt. Dass der Minister Hahn seinen ursprünglich versprochenen „Superknast“ nun nicht umsetzen kann, veranlasst uns zur Frage – –

(Zuruf des Ministers Jörg-Uwe Hahn)

– Doch, der Spiegel-Online hat getitelt: „Hessen plant den Superknast“.

(Zuruf des Ministers Jörg-Uwe Hahn)

Dementsprechend müssen Sie dazu auch Stellung beziehen. Wenn es angekündigt wird, muss dazu Stellung bezogen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Idee, dass bundesländerübergreifend zusammengearbeitet werden soll, kam tatsächlich von Ihnen. Da es jetzt nur eine Kooperation mit Thüringen gibt, stellen sich für uns die Fragen: Warum geht es nicht doch noch weiter, wie Sie es ursprünglich versprochen haben, oder warum machen Sie große Töne, die Sie hinterher nicht einhalten können? Hätte es nicht von vornherein eine konkrete und realistischere Einschätzung der Situation geben müssen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als letzten Punkt möchte ich anmerken, dass es zwar auf jeden Fall sinnvoll ist, Sicherungsverwahrte erst einmal an einem Ort zu konzentrieren, statt sie deutschlandweit zu verteilen, weil die Sicherungsverwahrten nicht in Isolationshaft leben sollen. Gleiches kann aber für die Entlassung nicht gelten, und so stelle ich an den Minister an dieser Stelle auch die Frage, wie er sich eine konkrete Umsetzung der Entlassung der Sicherungsverwahrten vorstellt. – Vielen Dank.