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28.04.2010
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner zu den Äußerungen des Abgeordneten Irmer

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet, um vorzuschlagen, dass wir diesen Antrag, den meine Fraktion gestellt hat, heute möglichst unmittelbar behandeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Es steht eine unglaubliche Entgleisung des Kollegen Irmer im Raum. Heute steht in der „Wetzlarer Neuen Zeitung“ – ich zitiere –:

Der Islam ist auf die Eroberung der Weltherrschaft fixiert.

Ich zitiere weiter:

Wir brauchen nicht mehr Muslime, sondern weniger.

Diese unglaubliche Entgleisung sollte von diesem Landtag so schnell wie möglich zurückgewiesen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Diese Äußerungen widersprechen in so eklatanter Weise den Beschlüssen dieses Hauses, dass wir ganz schnell einen Beschluss fassen sollten, der für die Öffentlichkeit klarstellen: Das ist nicht die Meinung dieses Hauses, das ist nicht die Meinung des Hessischen Landtags, der Hessische Landtag distanziert sich von Äußerungen, wie ich sie hier vorlesen musste.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Deshalb beantrage ich für meine Fraktion, dass wir diesen Antrag möglichst schnell aufrufen, dass das möglichst schnell aus der Welt geschafft werden kann. Wir beantragen, dass unser Antrag unmittelbar nach dem Setzpunkt der FDP, also nach dem nächsten Tagesordnungspunkt, aufgerufen und behandelt wird. Wir gehen von der Zustimmung des gesamten Hauses aus, weil wir der Meinung sind, dass alle Kolleginnen und Kollegen ein Interesse haben, sich von diesen unglaublichen Äußerungen zu distanzieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

***

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir als Hessischer Landtag jetzt über dieses Thema diskutieren. Es ist auch angekündigt, dass es noch einen weiteren Antrag dazu von den Kolleginnen und Kollegen der CDU geben wird. Es ist gut, dass dieser Hessische Landtag heute hier debattiert und heute hier ein Zeichen dafür setzen wird, dass er diese Äußerungen, wie sie heute in der „Wetzlarer Neuen Zeitung“ gemacht wurden, nicht teilt und auf das Schärfste zurückweist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Es ist auch gut, dass Kollege Irmer hier das Wort ergriffen und sich für diese unglaublichen Entgleisungen entschuldigt hat.

Herr Kollege Irmer, das wird dadurch endgültige Glaubwürdigkeit erlangen, wenn Sie endlich aufhören, solche Äußerungen zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Leider war es nicht das erste Mal, dass Sie solche Äußerungen getan haben. Leider war es nicht das erste Mal, dass Sie im Trüben fischen.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wenn die CDU-Fraktion heute zum ersten Mal die Kraft hat, das auch zu missbilligen, dann begrüßen wir das ausdrücklich. Dann sind wir in der demokratischen Kultur dieses Hessischen Landtags ein gutes Stück weiter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Mit Ihren Äußerungen, für die Sie sich jetzt entschuldigt haben, aber auch mit Ihren Äußerungen in der Vergangenheit, für die Sie sich bislang nicht entschuldigt haben, fischen Sie immer wieder im Trüben – oder Sie versuchen immer wieder, im Trüben zu fischen. Das kann dieser Hessische Landtag nicht zulassen. Das kann dieser Hessische Landtag nicht unwidersprochen lassen.

Deshalb gilt es heute, dass alle Demokratinnen und Demokraten im Landtag Farbe bekennen und eindeutig klarmachen, was in diesem Hessischen Landtag geht, aber auch ebenso deutlich sagen, was hier nicht mehr geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich freue mich, wenn es wirklich gelänge, das heute hier fraktionsübergreifend zu machen.

Meine Damen und Herren, die Religionsfreiheit hat in unserem Staat Verfassungsrang. Die Bürgerinnen und Bürger sind frei in ihrer Entscheidung, woran sie glauben und welchen Glauben sie ausleben – selbstverständlich nur, solange sie sich an das Grundgesetz halten.

Diese im Grundgesetz verbriefte Religionsfreiheit darf von keinem Abgeordneten dieses Hessischen Landtags infrage gestellt werden, weil er sich dann nicht mehr auf dem Boden der Verfassung bewegt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Allen, die sehr lange zugeschaut haben, wie der Abg. Irmer im Trüben gefischt hat, und die hoffentlich jetzt nicht mehr zuschauen werden, wenn er im Trüben fischt, gerade die Kolleginnen und Kollegen von der CDU, die zu Recht die Bedeutung des christlichen Glaubens für viele Menschen in unserem Land und die Bedeutung der Sinnstiftung dieses christlichen Glaubens betonen, denen möchte ich zurufen: Das nehmen die Muslime in unserem Land für sich und für ihren Glauben auch in Anspruch, und das sollten wir genauso respektieren, wie wir das bei Christinnen und Christen tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb verbieten sich Äußerungen, die eine der großen Weltreligionen diffamieren. Deshalb verbieten sich Äußerungen – ich zitiere –: „Der Islam ist auf die Eroberung der Weltherrschaft fixiert.“ Und ich zitiere nochmals: „Wir brauchen nicht mehr Muslime, sondern weniger.“ – Solche Äußerungen verbieten sich und sollten nicht mehr vorkommen.

Ich betrachte die vielen engagierten Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause aus allen Fraktionen, die sich zivilgesellschaftlich engagieren.

Beispielsweise schaue ich Kollegen Müller als den Präsidenten des Landessportbundes an. In den Sportvereinen wird hervorragende Arbeit geleistet, auch eine hervorragende Integrationsarbeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LINKEN)

Es ist gut, dass Herr Müller in diese Vereine gehen und sagen kann: Er hat sich eindeutig von einer Äußerung distanziert wie: „Wir brauchen nicht mehr Muslime, sondern weniger.“ Ich glaube, so können wir nicht mit diesem Thema umgehen. Das ist unangemessen.

Ich schaue auch den Kollegen Klee an und will ihn ausdrücklich für seine hervorragende Arbeit erwähnen, die er mit Jugendlichen aller Nationalitäten und aller Religionen in Biebrich macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der LINKEN)

Es ist gut, dass auch Herr Klee heute Abend und an den folgenden Tagen nach Biebrich zurückgehen und sagen kann: Ich habe mich von diesen Äußerungen distanziert, das ist nicht meine Meinung.

Das ist ein sehr wichtiges Signal, das wir heute hier entsenden: Religionsfreiheit hat Verfassungsrang. – Das betont dieser Hessische Landtag, und er sagt ganz klar: Wenn Abgeordnete diese Grenze überschreiten, dann schaut er nicht zu, sondern dann distanziert er sich eindeutig von diesen Abgeordneten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner.

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