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25.04.2013
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Stümperhafte schwarz-gelbe Regierung schadet Bürgerinnen und Bürgern und kann die Steuerzahler Millionen kosten

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn wir in diesem Hessischen Landtag über die Landesregierung reden, dann reden wir einmal über das politische Wollen, was also diese Landesregierung tun will, und wir reden über das handwerkliche Können, was also diese Landesregierung tatsächlich hinbekommt.

Es ist jetzt nicht sehr überraschend, dass die Opposition beim Thema des politischen Wollens oftmals andere Auffassungen als die Regierung hat. Das ist nicht erstaunlich. Das gehört zur Demokratie dazu. Dafür gibt es Regierung und Opposition, dass unterschiedliche Auffassung auch entwickelt wird.

Schwierig wird es, wenn wir uns als Parlament mit dem handwerklichen Können, mit dem handwerklichen Vermögen oder bei Schwarz-Gelb eben mit dem handwerklichen Unvermögen beschäftigen müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Hier sprechen wir nicht davon, ob die Regierung etwas Falsches will, sondern hier ist die Frage gestellt: Kann die Regierung regieren? – Bei der schwarz-gelben Regierung müssen wir feststellen, nach 15 Jahren kann sie das Regieren immer noch nicht oder nicht mehr, je nachdem, wie man das bewerten will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Ich will in drei Bereichen darstellen, warum es diese schwarz-gelbe Regierung nicht kann, warum sie sich nach 15 Jahren im Amt durch stümperhaftes Regierungshandeln auszeichnet.

Der erste Bereich ist, dass Bürgerinnen und Bürger ihr Recht gegen diese Regierung erklagen müssen. Diese Regierung sorgt nicht dafür, dass Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Recht kommen, sondern Bürgerinnen und Bürger müssen ihr Recht gegen diese Landesregierung erklagen.

Der zweite Bereich wird sein, dass es unter dieser Regierung und vor allem im Innenministerium eigentlich kaum noch eine Besetzung einer Spitzenposition gibt, die rechtgemäß erfolgt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Der dritte Bereich ist, dass diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP in den vergangenen Jahren mehrfach die Verfassung des Landes gebrochen hat.

Ich will das im Einzelnen ausführen. Was ist das für eine Regierung, die sich nicht als Anwalt ihrer Bürgerinnen und Bürger versteht, die nicht dafür sorgt, dass Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Recht kommen, sondern den Bürgerinnen und Bürger das ihnen zustehende Recht vorenthält?

So geschehen bei der Einführung der Umweltzone in der Stadt Wiesbaden. Hier haben Bürgerinnen und Bürger gesagt: Wir pochen auf unser Recht, vor Schadstoffbelastungen geschützt zu werden. Wir wollen eine Umweltzone, damit wir vor diesen Schadstoffen geschützt werden. – Was tut diese Landesregierung?

Sie kümmert sich nicht etwa um den Schadstoffausstoß, sie kümmert sich nicht etwa um die Einführung der Umweltzone, sondern sie untersagt die Einführung dieser Umweltzone. Erst die engagierte Klage von Bürgerinnen und Bürgern hat dafür gesorgt, dass es in Wiesbaden diese Umweltzone gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Das gleiche Spiel übrigens bei der Umweltzone in Darmstadt.

Das dreisteste Agieren dieser Landesregierung gegen das Recht der Bürgerinnen und Bürger haben wir beim Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen erlebt. Hier hat diese Landesregierung rechtliche Ermessensspielräume nicht etwa genutzt, um Bürgerinnen und Bürger vor Fluglärm zu schützen. Nein, hier hat diese Landesregierung vor Gerichten geklagt, damit es Lärm in der Nacht gibt – gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dieses Schauspiel konnte erst gestoppt werden, indem Gerichte gesagt haben: Ihr dürft diese Nachtflüge nicht zulassen. – Gab es eigentlich jemals ein Versprechen von CDU und FDP, dass sie keine Nachtflüge wollen? Warum haben Sie denn gegen Ihr eigenes Versprechen geklagt?

(Zurufe von der CDU)

Einmal mehr: Sie wollten das Nachtflugverbot nicht, und Sie mussten es dann nur umsetzen, weil Gerichte es ermöglicht haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich mache weiter mit dem rechtswidrigen Personalbesetzungsverfahren in dieser Landesregierung, vornehmlich im Innenministerium unter der Verantwortung damals von Volker Bouffier und jetzt von Boris Rhein. Ich habe es schon gesagt, es gibt eigentlich kaum noch eine Spitzenposition in diesem Ministerium, zu dem das Besetzungsverfahren nicht beklagt wurde und wo nicht höchst zweifelhaft ist, ob hier tatsächlich nach Qualität entschieden wird oder nicht eher nach Spezel- und Parteibuchwirtschaft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CD)

Da bekommen suspendierte Polizeibeamtinnen und -beamte der Frankfurter Polizei Schmerzensgeld zugestanden, weil die Suspendierung nicht rechtskonform war. Wir haben die Gefahr, dass der Chef der Bereitschaftspolizei ebenfalls Schmerzensgeld und Schadenersatz wegen Ihren rechtswidrigen Personalentscheidungen bekommt.

Da musste das Ernennungsverfahren für den Landeswahlleiter gestoppt werden, weil es nicht rechtskonform war. Ein Gericht hat festgestellt, dass die Entlassung der Chefin des Landeskriminalamts nicht rechtmäßig war, und, und, und. Was ist das eigentlich für eine Regierung, die noch nicht einmal gesetzeskonforme Personalbesetzungsverfahren machen kann?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Ich komme damit zum gröbsten Verstoß gegen geltendes Recht, das man sich als Regierung zuschulden kommen lassen kann. Das ist der Bruch unserer Verfassung. Auch das ist nicht etwas, was Ihnen einmal passiert ist. Dann könnte man sagen: Okay, da gab es vielleicht eine falsche Rechtsauffassung. – Das passiert bei Ihnen vielmehr in Serie, sodass man eigentlich fast schon sagen kann: Es hat Methode, dass Sie sich nicht an die Bestimmungen der Verfassung halten.

Das erste Beispiel betrifft die Privatisierung des Universitätsklinikum Gießen und Marburg. Es war nicht die Landesregierung, die dafür gesorgt hat, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die ihnen zustehenden Rechte bei der Überführung von einem öffentlichen zu einem privaten Arbeitgeber bekommen. Nein, das mussten sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erst erstreiten, und zwar gegen die Landesregierung und nicht mit der Landesregierung. Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich? – Sie stehen immer auf der Falschen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Günter Rudolph und Lothar Quanz (SPD))

Die Professorenbesoldung W 2 ist so, wie es diese Landesregierung machen wollte, verfassungswidrig. Das wurde festgestellt.

In den Untersuchungsausschüssen dieses Landtags haben wir mehrfach erlebt, dass die Landtagsmehrheit auch nicht davor zurückschreckt, die demokratisch wichtigen und bedeutsamen Minderheitenrechte der Opposition zu beschneiden. Wir haben Ihnen im Untersuchungsausschuss gesagt, dass das so nicht geht und dass der Landtag bei der Aufklärung der Sachverhalte nicht beschnitten werden darf.

Sie konnten in Ihrem Eifer erst durch den Hessischen Staatsgerichtshof gestoppt werden, der Ihnen mehrfach gesagt hat, dass Sie die demokratischen Grundregeln unseres Landes und dass Sie unsere Verfassung verletzt haben. Sie können es einfach nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Günter Rudolph und Lothar Quanz (SPD))

Ich hatte eingangs davon gesprochen, dass es bei der Bewertung der Arbeit einer Landesregierung um das politische Wollen und das handwerkliche Können geht. Wir haben einen Fall, bei dem beides zusammenkommt. Das betrifft die Stilllegungsverfügung für die Atomkraftwerke in Biblis. Dazu muss ich Ihnen sagen: Weder haben Sie das Richtige gewollt, noch haben Sie es richtig gekonnt.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Sie wollten den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie nie. Sie haben über Jahre und Jahrzehnte alles dafür getan, dass die Atomwirtschaft in diesem Land gepampert wurde. Sie haben alles dafür getan.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Günter Rudolph und Norbert Schmitt (SPD))

Endlich ergibt sich die Möglichkeit, die Atomkraftwerke in Biblis stillzulegen. Sie sind die einzige Landesregierung in ganz Deutschland, die das in der Umsetzung so stümperhaft gemacht hat, dass RWE jetzt Anspruch auf Schadenersatz hat. Sie können es nicht.

(Zurufe von der CDU)

Durch Ihr stümperhaftes Verwaltungshandeln beträgt das Risiko für den hessischen Steuerzahler bis zu 200 Millionen Euro. Sie können es einfach nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich halte fest: Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich gegen diese Landesregierung ihr Recht erstreiten. Die Personalbesetzungsverfahren in den Spitzenpositionen des Innenministeriums erfolgen eigentlich fast nie mehr rechtmäßig. Die Verfassung wurde mehrfach gebrochen. Die hessischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen eventuell an RWE Schadenersatz in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro bezahlen.

(Zurufe von der CDU)

– Wir hoffen sehr, dass das nicht der Fall sein wird. Wir hoffen sehr, dass sich Ihr Fehler nicht so auswirken wird.

Ich stelle fest: Diese Landesregierung ist erschöpft und verbraucht. Hessen will den Wechsel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Herr Wagner, schönen Dank.

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