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26.11.2015
Portraitfoto von Mathias Wagner vor grauem Hintergrund.

Mathias Wagner: Arbeit des Untersuchungsausschusses 19/2

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Untersuchungsausschuss zur Mordserie des NSU ist kein Untersuchungsausschuss wie jeder andere. Deshalb verbieten sich in diesem Untersuchungsausschuss die üblichen Rituale zwischen Regierung und Opposition. Bei ihm kommt es mehr noch als bei anderen Untersuchungsausschüssen darauf an, dass sich sowohl die Regierung als auch die Fraktionen täglich neu prüfen, ob sie alles dazu beitragen, die Aufklärungsarbeit bestmöglich zu fördern. Alle Beteiligten müssen sich das jedes Mal wieder fragen. Es gehört für die Regierung dazu, sich zu fragen, wie sie den Ausschuss bestmöglich unterstützen kann. Es gilt aber auch für die Fraktionen, dass sie sich fragen müssen: Ist die Art und Weise, wie man in der Arbeit dieses Ausschusses mit Vorgängen umgeht, immer angemessen?
Heute wurde schon viel darüber geredet, ob es einen Unterschied zwischen dem NSU-Untersuchungsausschuss in Hessen und anderen Untersuchungsausschüssen gibt. Meine Damen und Herren, ja, diesen Unterschied gibt es. Dies ist der einzige Ausschuss, in dem zu besprechende Fragen zwischen Regierung und Parlament nicht zuerst besprochen, sondern zunächst skandalisiert werden.
Natürlich gibt es Fragen der Zusammenarbeit zwischen Parlament und Regierung, so wie das in jedem Untersuchungsausschuss ist. Es ist völlig normal, dass man sich darüber unterhält, wie man das macht. Natürlich gibt es schwierige Abwägungsfragen und muss gefragt werden, welche Aktenteile eventuell geschwärzt werden müssen, weil es sein kann, dass Informationen an die Öffentlichkeit geraten, die nicht an die Öffentlichkeit gehören, weil damit Interessen von anderen oder sogar deren Leib und Leben bedroht sind.
(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))
Nur, der hessische Untersuchungsausschuss ist der einzige Untersuchungsausschuss, in dem solche Fragen nicht sachlich erörtert, sondern skandalisiert werden. Das ist der Unterschied hier in Hessen, wo selbst die Schwärzungen skandalisiert werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))
Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Sind denn die hessischen Behörden, die einzigen Behörden, die schwärzen, so wie hier manchmal der Eindruck erweckt werden soll? – Nein, meine Damen und Herren, auch andere Behörden schwärzen. Ist der hessische Untersuchungsausschuss denn der einzige, in dem es geschwärzte Akten gibt? – Nein, meine Damen und Herren, es ist auch in anderen Ausschüssen so. Und kann es Gründe für Schwärzungen geben? – Ja, die kann es geben. Das bestreitet hoffentlich hier niemand. Dennoch wird ständig versucht, einen anderen Eindruck zu erwecken.
Jetzt kommt die entscheidende Frage: Können in Hessen alle Abgeordneten, die in diesem Ausschuss sind, die Akten vollständig, ohne Schwärzung, einsehen und sich ein eigenes Bild verschaffen? – Ja, das können sie. Da frage ich Sie: Worüber reden wir hier eigentlich noch, meine Damen und Herren?
(Starker Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Die Besonderheit dieses hessischen Ausschusses ist,
(Zuruf der Abg. Günter Rudolph (SPD))
dass nicht zuerst versucht wird, eine Frage, die zwischen Parlament und Regierung zu klären ist, nämlich die Einsicht ohne Schwärzungen für die Abgeordneten, im Konsens zu lösen
(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
– hören Sie zu! –, sondern dass, bevor diese Frage zwischen Regierung und Parlament im Ausschuss erörtert wird, die Kolleginnen und Kollegen der SPD eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragen. Bevor die Frage sachlich erörtert werden kann, wird diese formale Frage von den Kolleginnen und Kollegen der SPD skandalisiert. Das ist der einzige Unterschied in der Arbeit des hiesigen NSU-Untersuchungsausschusses.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE)!)
Dann wird die Frage am Montag im Ausschuss erörtert, und der Ausschuss sagt einvernehmlich: Wir wollen uns vertagen und es weiter beraten. Das ist aber nicht Anlass, diese Debatte heute mit Verweis darauf, dass man diese Fragen klärt, ausfallen zu lassen, sondern man führt die Debatte trotzdem. Da frage ich: Steht wirklich das Aufklärungsinteresse im Vordergrund, oder geht es darum, Formalfragen auf Biegen und Brechen zu skandalisieren, meine Damen und Herren?
(Starker Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen der Präsidentin)
In diesem Ausschuss wurden, entgegen dem Bild, das gezeichnet wurde, alle Fragen bislang einvernehmlich geklärt. Wir haben uns einvernehmlich auf die Grobstruktur verständigt. Wir haben uns einvernehmlich auf die Feinstruktur verständigt.
 
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Kollege Wagner, Sie müssen zum Schluss kommen.
 
Mathias Wagner:
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wir haben uns einvernehmlich auf Termine verständigt, und wir werden uns auch einvernehmlich darauf verständigen können, wie wir mit den Schwärzungen umgehen. Der einzige Unterschied ist, dass vor den Fernsehkameras immer etwas anderes erzählt wird, als tatsächlich im Ausschuss gemacht wird.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD)
 
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Kollege Wagner, bitte.
 
Mathias Wagner:
Wenn es andere Vorschläge gibt, dann müssen sie endlich auf den Tisch. Aber eines geht nicht: dass die einen die Vorschläge machen und die anderen immer sagen, diese Vorschläge habe es nicht gegeben, und machen keine eigenen. So können wir nicht konstruktiv zusammenarbeiten.
(Starker Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
 
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Vielen Dank.

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