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03.04.2014

Mathias Wagner: Änderung der Hessischen Gemeindeordnung

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist mir eine sehr große Freude, diesen Gesetzentwurf von CDU und GRÜNEN zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung heute hier einzubringen. Mit diesem Gesetzentwurf erweitern wir die Möglichkeiten der Kommunen, sich wirtschaftlich zu betätigen, behutsam und mit Umsicht.

Mit diesem Gesetzentwurf wird es den Kommunen möglich, Akzente bei der Energiewende und bei der Breitbandversorgung zu setzen. Das ist eine wichtige und richtige Weichenstellung, die wir heute hier vornehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Genau so umsichtig, wie wir bei der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen vorgehen, so groß und bedeutsam ist es, dass wir den Kommunen diese Möglichkeit bei der Energieversorgung einräumen. Dieser Gesetzentwurf, vom Umfang her relativ überschaubar, ist ein Meilenstein für die Energiewende hier in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es ist ein Meilenstein für die Energiewende, weil wir die Kommunen mitnehmen. Wir nehmen das Engagement der Kommunen wahr, würdigen es und geben den Kommunen die Möglichkeit, bei der Erzeugung, der Speicherung und der Einspeisung erneuerbarer Energien tätig zu werden. So nutzen wir das große Potenzial, das es in unseren Kommunen für die Energiewende gibt. Die hessischen Kommunen sind für uns Partner und unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende in Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Diese Änderung ist auch deshalb so bedeutsam, weil wir – hoffentlich alle gemeinsam – an einem großen Ziel arbeiten. Wir wollen in Hessen das Zeitalter der erneuerbaren Energien beginnen und gestalten. Wir wollen in den kommenden fünf Jahren den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung verdoppeln. Unser langfristiges Ziel ist tatsächlich eine Versorgung aus erneuerbaren Energien.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Dieses große Ziel wollen wir erreichen, indem wir nicht mehr auf Atomkraft setzen, mit all ihren unübersehbaren Risiken. Wir wollen heraus aus der Kohlekraft mit all ihren Belastungen für das Weltklima. Wir wollen hin zu erneuerbaren Energien, die umweltverträglich sind und bezahlbar bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir die hessischen Kommunen. Das wird mit diesem Gesetz möglich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

An den Kommunen, die sich bislang schon wirtschaftlich betätigen können – es gibt für einige Kommunen eine Altfallklausel –, sehen wir, was möglich ist, wenn man das kreative Potenzial der Kommunen sich zur Entfaltung bringen lässt. Es gibt einige Kommunen, die sich schon sehr mutig auf den Weg begeben haben. Dort werden Investitionsvolumen in der Höhe zweistelliger Millionenbeträge geplant. Dort werden Pläne für Arbeitsplätze in unserem Land, für regionale Wertschätzung, für Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen vorgelegt, und wir wollen, dass künftig alle hessischen Kommunen diese Möglichkeit nutzen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

In unserem Gesetzentwurf haben wir ausdrücklich vorgesehen, dass die Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende beteiligt werden: dass Genossenschaftsmodelle gefördert und unterstützt werden, damit die Bürgerinnen und Bürger sehen: Die Energiewende hat etwas mit mir zu tun, die Energiewende schafft für mich Nutzen, und vielleicht schafft sie auch den einen oder anderen Euro, den ich verdienen kann, wenn ich mich an einer Anlage für erneuerbare Energien beteilige. – Das ist auch ein wesentlicher Beitrag zur Akzeptanz der erneuerbaren Energien in unserem Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Keiner muss sich Sorgen machen. Diese Erweiterung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen erfolgt mit großer Umsicht. Selbstverständlich werden wir weiter darauf achten, dass sich keine Kommune verhebt oder sich an Projekte wagt, die besser Private gemacht hätten, die vielleicht der Leistungsfähigkeit der Kommune nicht entsprechen. Das alles wird berücksichtigt.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Aber die vielen Kommunen, die schon heute sehr umsichtig damit umgehen, sagen: Wir haben die fertigen Pläne und die Beschlüsse unserer kommunalen Parlamente, lasst uns das endlich machen. – Diese Kommunen können das endlich tun. Meine Damen und Herren, das ist ein guter Tag für die hessischen Kommunen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir lassen die wirtschaftliche Betätigung in der Breitbandversorgung für die Kommunen zu, denn mittlerweile ist auch das ein elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge in den Kommunen. Wir wollen nicht, dass der ländliche Raum von schnellen Internetzugängen abgekoppelt wird. Wir wollen, dass auch dort das schnelle Internet verfügbar ist. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürger von ihrem Wohnort, und die Wirtschaft im ländlichen Raum ist auf diese Verbindung angewiesen. Deshalb engagieren wir uns auch dort und unterstützen endlich das Engagement der Kommunen dort.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Vizepräsident Wolfgang Greilich übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, hier sehen wir, dass die ideologischen Parolen – das dürfe eine Kommune nicht machen, das regle der Markt schon – völlig hohl sind. Wo hat es der Markt bei der Breitbandversorgung im ländlichen Raum bislang denn geregelt? Wo sind die Internetzugänge im ländlichen Raum, wenn man bislang nur auf die freien Kräfte des Marktes setzt? Sie sind eben nicht vorhanden. Deshalb: Dort, wo die freien Marktkräfte es nicht regeln, da hat der Staat eine Verantwortung, da haben die Kommunen eine Verantwortung, da hat das Land eine Verantwortung. Wir kommen mit dieser Gesetzesänderung unserer Verantwortung nach.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Dieser Gesetzentwurf stärkt die Rechte und die Möglichkeiten der Kommunen. Er wahrt die Interessen der Wirtschaft, weil es sich eben um eine sehr umsichtige Öffnung der wirtschaftlichen Betätigung handelt – exakt in den Bereichen, wo eine wirtschaftliche Betätigung, wo die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Entwicklung neuer Projekte ohne die moderierende Funktion der Kommunen teilweise gar nicht stattfinden würden. Deshalb ist hierdurch eine Chance für die Schaffung von Arbeitsplätzen gerade in den Regionen gegeben. Wenn die Kommunen Projekte für den Einsatz erneuerbarer Energien nicht entwickeln oder antreiben, können oftmals keine Aufträge an das örtliche Handwerk vergeben werden. Wenn sich eine Kommune der Aufgabe, für ihre Bevölkerung eine Breitbandversorgung sicherzustellen, nicht verantwortlich stellt, dann können auch in diesem Bereich keine Aufträge vergeben werden. Deshalb ist diese Gesetzesänderung gut für die regionale Wirtschaft, weil dadurch wirtschaftliche Betätigung überhaupt erst möglich wird, Projekte überhaupt erst ermöglicht werden, die ansonsten auf der Strecke bleiben würden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Eine Öffnung im Bereich des Breitbandausbaus reiht sich ein in die Breitbandstrategie der Landesregierung. Wirtschaftsminister Al-Wazir und Finanzminister Schäfer haben erst vor wenigen Tagen bekanntgegeben, dass die Darlehenssumme für diese Initiative noch einmal um 150 Millionen Euro aufgestockt wird. Ich glaube, wir haben hier ein gutes Paket, mit dem wir ein gutes Stück vorankommen: das Engagement des Landes mit einem Gesamtvolumen an Darlehen von mittlerweile 350 Millionen Euro und die Öffnung der Möglichkeiten für die Kommunen im Bereich der Breitbandversorgung. Das ist insbesondere für den ländlichen Raum eine sehr gute Nachricht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Auch im Bereich der Energiewirtschaft ist dieser Gesetzentwurf nicht gegen die Wirtschaft gerichtet. Er ist kein Beitrag zu weniger Markt, sondern ein Beitrag, den Energiemarkt weiter zu öffnen, damit Markt und Wettbewerb tatsächlich stattfinden. Wie ist denn die Situation auf diesem Markt? Er wird von vier großen Unternehmen und ihren Interessen beherrscht. Die Großunternehmen tun alles dafür – das werfen wir ihnen gar nicht vor –, dass es keinen Wettbewerb gibt, dass es keine neuen Marktteilnehmer gibt. Nach der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Gesetzesänderung gibt es neue, sehr verantwortliche Marktteilnehmer, nämlich die hessischen Kommunen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb freue ich mich sehr, dass wir mit diesem Gesetz einen ersten Meilenstein für die Energiewende setzen, der uns dem Ziel einer Stromversorgung aus erneuerbaren Energien deutlich näher bringt. Wir wissen, dass sich viele Kommunen diese Änderung schon lange wünschen. Wir wissen auch, woran diese bislang gescheitert ist. Der Hinderungsgrund gehört der Hessischen Landesregierung nicht mehr an. Insoweit können die Kommunen jetzt auf diesem Weg voranschreiten, können ihre Projekte verwirklichen. Das ist ein guter Tag für die erneuerbaren Energien. Das ist ein guter Tag für die Breitbandversorgung, insbesondere im ländlichen Raum. Ich freue mich auf die weitere Gesetzesberatung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner.

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