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24.09.2015
Portraitfoto von Martina Feldmayer vor grauem Hintergrund.

Martina Feldmayer: Milchviehhaltung in Hessen sichern

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Gegensatz zum Kollegen Lotz bin ich sehr froh darüber, dass wir heute im Parlament über die Milchkrise reden.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Dieses wichtige Thema gehört hier debattiert, denn die Lage der Milchbäuerinnen und -bauern in Hessen ist dramatisch.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN –Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Der aktuelle Milchpreis liegt unter 30 Cent. Seit Monaten ist er auf einer Talfahrt. Leider müssen wir wieder von einer Milchkrise sprechen – und das vor dem Hintergrund, dass wir in Hessen nur noch ca. 3.400 Milchviehbetriebe haben. Zwischen 1991 und 2010 gab es einen Rückgang der Milchviehbetriebe um 89 Prozent – das muss man sich einmal vorstellen. Der Strukturwandel ist hier in vollem Gange. Es ist gut, wenn wir da etwas tun. Unsere Landwirtschaftsministerin Hinz setzt sich dafür ein, dass dies nicht mehr so schnell vorangeht und diese Entwicklung gebremst wird.

(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, an den Milchviehbetrieben hängen, wie an allen landwirtschaftlichen Betrieben, Arbeitsplätze, Existenzen und eine ganze Wertschöpfungskette in der ländlichen Region. Ich glaube, es ist nicht jedem hier bewusst: Ohne Milchviehhaltung droht der Verlust einer ganzen Kulturlandschaft, nämlich unserer wertvollen Grünlandflächen, und damit der Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren, die diesen Lebensraum benötigen.

Die Preisspirale nach unten in den Discountern ist schon angesprochen worden. Diese Geiz-ist-geil-Mentalität gefährdet die Existenz der Milchviehbetriebe in Hessen.

Wir brauchen existenzsichernde Preise für Milchviehbetriebe, damit sie überleben können. Ich glaube, dass wir es uns als Verbraucher leisten können, eine ein paar Cent teurere Milch zu kaufen, aber wir können es uns als Gesellschaft eben nicht leisten, dass immer mehr Milchviehbetriebe und damit bäuerliche Existenzen in Hessen aufgeben müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und SPD)

Wir müssen in der Tat um jeden Milchviehbetrieb in Hessen kämpfen.

Die weltweite Überproduktion hat dazu geführt, dass die Erzeugerpreise für Milch eingebrochen sind. Das ist ein klassischer Fall von Überangebot und zu wenig Nachfrage. Der deutsche Milchpreis hat seit Ende 2013 eine Talfahrt von 41 auf 28 Cent/Liter hingelegt. Zu diesem Preisverfall kam es auch vor dem Hintergrund der am 1. April dieses Jahres ausgelaufenen Milchquote. Der aktuelle Milchpreis kann die Kosten der Landwirte nicht mehr decken.

Was würde jeder Unternehmer in dieser Situation tun? Er würde die Produktion drosseln. So etwas geht aber in der Milchviehhaltung nicht. Die Milchbauern können ihre Produktion kaum drosseln oder stilllegen, wie das in anderen Wirtschaftszweigen der Fall ist, denn die Kühe können nicht einfach abgeschaltet werden wie eine Maschine. Und so stehen die Milchbauern mit dem Rücken zur Wand. Hier hilft es eben nicht, erneut – wie schon bei der letzten Milchkrise – an den Symptomen herumzudoktern, sondern wir müssen endlich an die Ursachen des Problems herangehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Dazu ist es notwendig, ein Gesamtkonzept für den Milchmarkt zu entwickeln. Hierzu hat unsere Landwirtschaftsministerin Hinz mit den grünen Landwirtschaftsministern der Länder ein Positionspapier zum Krisenmanagement im Milchmarkt vorgelegt und zu flexiblen Mengensteuerungen bei der Milchproduktion aufgerufen. Mit diesem Positionspapier haben sie sich an Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt gewandt, damit auch EU-weit ein funktionierender Marktrahmen erarbeitet wird. Unsere Landwirtschaftsministerin ist hier also schon sehr aktiv geworden. Ich finde das, was sie dort vorgetragen hat, durchaus sehr selbstbewusst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist auch richtig so, denn wir brauchen wirksame, flexible Instrumente – auch in Kooperation mit Molkereien –, um die Milchmenge zu steuern, statt eines Wettbewerbs, wer den Preisverfall am längsten durchhält. Es sind garantiert nicht die Kleinbetriebe in Hessen, die diesen Preisverfall am längsten durchhalten, sondern es sind die großen Betriebe. Wir müssen aber dafür sorgen, dass die kleinen Betriebe hier in Hessen überleben können.

Als erste Hilfe müssen der Interventionspreis für Magermilchpulver und Butter angehoben und die Superabgabe an die Milchbauern zurückgeführt werden. Auch hier ist unsere Landwirtschaftsministerin aktiv geworden, Herr Lotz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Landwirtschaftsministerin Hinz hat alle Akteure der Milchwirtschaft zu einem Milchtisch zusammengeführt, um dort zu beraten, was zu tun ist, um Maßnahmen zu erarbeiten, die den Milchbauern in Hessen helfen. Vieles können zwar nur die Bundesregierung und die EU regeln, aber das, was wir in Hessen tun können, wird gemacht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

– Der Milchtisch war eine Anregung der Milchbauern, keine Idee alleine von uns. Die Idee kam auch von den Akteuren selbst. Deswegen würde ich mich wundern, wenn Sie das kritisierten.

Der Bundesverband der Milchviehhalter übernimmt selbst Verantwortung. Er hat eigene Vorschläge erarbeitet, die von der Bundesregierung ernsthaft geprüft werden müssen.

Die Landesregierung unterstützt mit ihrem Agrarumweltmaßnamenprogramm die Stärkung der regionalen Vermarktung von Milch, denn auch hier gibt es noch Potenziale und Marktchancen, z. B. die Vermarktung gentechnikfreier Milch. Zudem werden auch die richtigen Anreize in unserer Landwirtschaftspolitik gesetzt. Nicht die weitere Intensivierung in der Tierhaltung, sondern Investitionen in artgerechtere Tierhaltung werden gefördert. Ich glaube, das ist genau der richtige Weg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben alles getan und werden alles tun, was auf Landesebene getan werden kann, um den Milchviehbetrieben zu helfen. Es fehlt leider noch die Entschlossenheit der Bundesregierung – in Person des Bundeslandwirtschaftsministers –, hier gemeinsam etwas zu bewegen, denn nur gemeinsam können wir erreichen, dass auf der EU-Ebene Bedingungen geschaffen werden, die die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit guten Qualitätsprodukten, wie der hessischen Milch, ebenso sichert wie die Existenz der Milchbauern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken:

Danke, Frau Feldmayer.

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