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25.09.2014
Portraitfoto von Martina Feldmayer vor grauem Hintergrund.

Martina Feldmayer: Erinnern an den 75. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges und Gedenken an die Opfer von Krieg und nationalsozialistischer Gewaltherrschaft

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, zu diesem Thema einen gemeinsamen Antrag – zumindest gemeinsam mit CDU, SPD und FDP – auf den Weg zu bringen. Ich bedanke mich bei Ihnen dafür, dass wir so kooperativ zusammengearbeitet haben. Ich glaube, gerade bei diesem Thema ist es ein wichtiges Zeichen, wenn es einen gemeinsamen Antrag gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Das gemeinsame Erinnern an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, der mit dem Überfall Deutschlands auf Polen begann, und das schmerzliche Gedenken der Toten des Krieges und an die Opfer des Nationalsozialismus: Ich denke, das eint alle im Landtag vertretenen Parteien.

Das Jahr 2014 ist das Jahr des Gedenkens an die beiden Weltkriege. Nur wenige haben noch unmittelbar miterlebt, was die beiden Weltkriege bedeutet haben. Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen. Für die heutigen Schülerinnen und Schüler ist der Zweite Weltkrieg – das muss man so sagen – Geschichte. Deshalb ist es so wichtig, dass wir an diese Zeit erinnern und die Erinnerungskultur fördern, so, wie es CDU und GRÜNE auch in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten haben.

Die Gedenkstätten, die vielen Bildungsorganisationen und die Ehrenamtlichen, aber auch die Privatpersonen leisten in der Erinnerungskultur einen sehr wichtigen Beitrag: eine sehr wichtige Arbeit für unsere Demokratie. Ich möchte mich an dieser Stelle auch einmal bei all diesen Initiativen, Verbänden und Vereinen bedanken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Ich will hier beispielhaft die Initiative des Künstlers Gunter Demnig nennen, die Sie wahrscheinlich ebenfalls kennen. Das sind die Stolpersteine, die verlegt werden. Die Stolpersteine werden an den letzten selbst gewählten Wohnorten der NS-Opfer verlegt. Es sind dezentrale Erinnerungsorte, die erfahrbar machen, dass die Opfer des Nationalsozialismus aus der Mitte der Gesellschaft – vor den Augen der Nachbarn – verschleppt, dann ausgeraubt und anschließend deportiert wurden.

Für viele Schülerinnen und Schüler, die sich an der Initiative Stolpersteine beteiligen – oftmals mit den Schulen –, ist gerade die Tatsache unfassbar, dass die Menschen vor den Augen der Nachbarn verschleppt und deportiert worden sind. Gerade das Unfassbare macht es vermittelbar und für die Schülerinnen und Schüler erlebbar, was die dunkle Vergangenheit unserer Geschichte bedeutet.

Die aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte und das lebendige Erinnern festigen unsere Demokratie und helfen gegen Rassismus, Totalitarismus und Faschismus. Trotzdem mussten wir im Sommer dieses Jahres unter dem Deckmantel der Israel-Kritik die schlimmsten antisemitischen Anfeindungen – die schlimmste antisemitische Hetze – seit Ende des Zweiten Weltkriegs erleben.

Vor zwei Wochen endlich gab es ein großes, bundesweites Bündnis, das dagegen aufgestanden ist. Die Menschen haben gesagt: Dieser Antisemitismus gehört nicht nach Deutschland. Für Antisemitismus ist nirgendwo auf der Welt Platz, schon gar nicht in Deutschland. Die Juden in Deutschland müssen sich sicher fühlen können. Das ist unsere Verantwortung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Wir erinnern heute an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren. Wir in Europa haben das große Glück – so muss man es sagen –, dass wir auf eine lange friedliche Epoche seit 1945 blicken können. Weltweit – wir haben heute eigentlich den ganzen Tag darüber debattiert – sterben aber Menschen in Kriegen und in kriegerischen Auseinandersetzungen, und Menschen flüchten vor diesen Bedrohungen. Hunderttausende sind auf der Flucht vor der Terrororganisation IS in der Türkei angekommen.

Wenn man sich die Situation dieser zum Teil schwer traumatisierten Menschen anschaut, stellt man fest: Wir müssen helfen. Wir müssen einen gesellschaftlichen Konsens darüber herstellen, dass das oberste Gebot in dieser Situation die Gewährung von humanitärer Hilfe ist, ohne sich über die Kosten oder Zuständigkeiten zu zerstreiten.

Gedenktage dürfen nicht zur Routine werden; sie dürfen nicht in Routine erstarren. Gedenktage haben nur dann einen Sinn, wenn man bereit ist, aus der Geschichte zu lernen, und sich das Gelernte auch im Alltagshandeln widerspiegelt.

Deshalb beschließen wir mit diesem Antrag, dass uns unsere Vergangenheit eine Verpflichtung ist und uns die Verantwortung auferlegt, gegen Totalitarismus, Faschismus und Rassismus aufzustehen. Das endet nicht nach 75 Jahren, das endet nicht nach 80 Jahren, und das endet auch nicht nach 100 Jahren. Diese Verantwortung endet nie. – Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Präsident Norbert Kartmann:

Danke.

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