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14.05.2009

Martin Häusling zum: Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen stoppen - gentechnikfreie Regionen stärken

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antigentechnikbewegung hat vor vier Wochen einen ihrer größten Erfolge erzielt, als Frau Aigner den Anbau von MON 810 verboten hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist nicht diesen süßen kleinen Tierchen zu verdanken, der Larve des Zweipunktmarienkäfers, sondern das ist dem Widerstand einer Bürgerbewegung auf dem Land zu verdanken, dass Frau Aigner das Verbot ausgesprochen hat. Vor allem ist es der Europawahl und den damit zusammenhängenden Ereignissen in Bayern zu verdanken. Es hat nämlich eine bayerische CSU erkannt, dass gerade bayerische Bauern auf dem Land sehr rebellisch sind, und sie sich überlegen musste, ob man eigentlich in Bayern langfristig gegen die Bevölkerung und die Landwirtschaft eine Gentechnikpolitik durchhalten kann, die scheinbar keiner will. Frau Aigner musste das am Ende respektieren und umsetzen, weil eine Politik gegen die Verbraucher und gegen die Landwirtschaft am Ende nicht zum Erfolg führt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir wollen ja nicht über Bayern reden, sondern wir wollen über Hessen reden. Dann stellt sich natürlich die Frage: Wie reagiert eigentlich Hessen, wie reagiert eigentlich Frau Lautenschläger, wie reagiert eigentlich diese Koalition auf das, was in Berlin passiert?

Da gibt es eine Ministerin, die sehr zaghaft vor die Presse tritt und sagt: Ja, wir unterstützen das Anbauverbot von Frau Ministerin Aigner, und es gibt gute Gründe, die dagegen sprechen, Gentechnik freizusetzen.

Es gibt eine Pressemitteilung der FDP-Fraktion, die laut und deutlich besagt: Das, was Frau Aigner macht, ist alles Unsinn. Wir waren schon immer für Gentechnik, und wir werden immer für Gentechnik bleiben. Gentechnik ist der Fortschritt.

Jetzt erwarte ich eigentlich Applaus von Ihnen. Das zeigt, wie zerrissen diese Landesregierung bei einer so wichtigen agrarpolitischen Entscheidung ist.

Nun wenden wir uns einmal dem zu, was diese Koalition als Antrag hier im Landtag zu dem Thema eingebracht hat. Wir lesen ganz genau, dass die grüne Gentechnik – bitte nehmen Sie das Wort „grüne“ Gentechnik heraus und sagen Sie stattdessen Agro-Gentechnik, denn wir sind nicht damit in Verbindung zu bringen – ein Vorteil wäre und genauso erfolgreich sein könnte wie die Gentechnik im roten oder im weißen Bereich.

Wo ist bitte schön die Stellungnahme von Frau Lautenschläger geblieben, die besagt, dass man sich kritisch gegenüber der Gentechnik aufstellt? Sie reden auch davon, dass Koexistenz möglich wäre, dass es also eine Gleichberechtigung zwischen Gentechnik, konventioneller Landwirtschaft und Ökolandwirtschaft gibt.

Sie sitzen damit der Lebenslüge der Gentechnik auf. Es wird keine Koexistenz geben können. Wenn die Gentechnik sich langfristig durchsetzt, wird der Ökolandbau verschwinden. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Das können Sie in vielen Ländern dieser Erde beobachten, wo Gentechnik in großem Maßstab angebaut wird, wie z. B. in Kanada. Dort verschwindet der Ökolandbau. Wenn Sie das in Deutschland so haben wollen, dann müssen Sie das auch klar so formulieren.

Mit dem Begriff Koexistenz lässt sich in Europa, in Deutschland und in Hessen nicht langfristig Politik machen. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da sollten Sie auch innerhalb der Reihen der CDU schauen: Wo stehen Sie an dem Punkt? Frau Aigner verbietet an einem Tag den Anbau von Mais MON 810, zwei Wochen später erlaubt sie den Anbau von gentechnisch veränderten Kartoffeln. Frau Schavan, Forschungsministerin, sagt: Das war alles Unsinn. Wir sind doch eine Fortschrittspartei. Wir wollen die Gentechnik doch haben.

Jeder redet gerade, wie es ihm passt. Es ist nicht erkennbar, wo Sie hin wollen. Herr Seehofer ruft Bayern zur gentechnikfreien Zone aus und will das auch in Berlin durchdrücken. Das Saarland, CDU regiert, möchte das Saarland zur gentechnikfreien Zone machen. Dann gibt es in Ihrer Partei wieder genau die anderen Politiker, die Hardliner, die sagen Nein. Das hat man bei den Abstimmungen im Bundestag gesehen. Die Gentechnik ist für viele bei Ihnen nach wie vor ein Fortschritt.

Frau Lautenschläger, jetzt erklären Sie uns doch einmal: Wie ist die heutige Haltung der CDU zur Gentechnik? Oder stimmt das, was viele vermuten, dass Sie vor der Europawahl, vor der Bundestagswahl hier nur Spielchen machen, um den Leuten zu sagen: „Ja, wir sind eigentlich auch an eurer Seite“, und danach genau die Politik, die Sie vorher betrieben haben, mit Hilfe der FDP fortsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Meine Damen und Herren, nehmen Sie sich zum Vorbild, was Bayern jetzt an dem Punkt macht. Wir begrüßen den Erkenntnisgewinn, den die Bayerische Staatsregierung gewonnen hat. Es ist schon spannend, dass der Herr Seehofer,

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

der vor noch nicht allzu langer Zeit MON 810 überhaupt erst zugelassen hat, jetzt eine Rolle rückwärts macht und Bayern für gentechnikfrei erklärt. Wir erkennen den Fortschritt an. Man kann sich auch weiterentwickeln. Folgen Sie doch diesem Beispiel und erklären Sie Hessen zur gentechnikfreien Zone. Diesen Schritt könnten Sie machen und sagen: Jawohl, wir nehmen die Chance eines gentechnikfreien Bundeslandes wahr und verkaufen dann unsere Produkten unter diesem Label in vielen anderen Regionen. Das wäre Marktentwicklung für die hessische Landwirtschaft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern wir in unserem Antrag eine Kennzeichnungsregelung, die es ermöglicht, dass viele Produkte mit dem Label „ohne Gentechnik“ gekennzeichnet werden können. Wir haben in Hessen Molkereien, die damit sehr offensiv und auch erfolgreich am Markt arbeiten. Es ist also eine riesen Chance, ohne Gentechnik zu arbeiten. Es ist eine riesen Chance am Markt. Man sieht es auch an der Entwicklung des Ökolandbaus, der dem wirtschaftlichen Niedergang in vielen anderen Branchen trotzt, dass wir hier eine Chance haben. Nehmen Sie diese wirtschaftliche Chance für unser Bundesland wahr. Klären Sie innerhalb der CDU ihre unterschiedlichen Haltungen ab. Dann können wir vielleicht an dem Punkt gemeinsam daran arbeiten, dass wir Hessen zur gentechnikfreien Zone erklären. Frau Lautenschläger, ich bin gespannt, wie Sie Ihre Haltung hier erläutern.

Ihre Haltung zum Patent fand ich erstaunlich. Frau Lautenschläger, wir haben das auch begrüßt. Das ist eine Sache, wozu wir gesagt haben: Sie haben unsere volle Unterstützung, wenn Sie diese Linie weiter betreiben. Wenn Sie da einen Erkenntnisgewinn haben, erwarten wir von Ihnen aber jetzt, dass Sie diesen Erkenntnisgewinn auch in Ihrer Politik zum Thema Gentechnik einsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssten das jetzt eigentlich fortsetzten. Sie müssten auf die nächsten Ebenen gehen. Sie müssten im Bundestag dafür sorgen, dass auch Ihre eigene Partei diese Position einnimmt und Sie müssten dafür sorgen, dass auf EU-Ebene das umgesetzt wird, was Sie hier vorgeschlagen haben. Dann sind wir an dem Punkt einer Meinung. Aber Sie müssten jetzt auch klarmachen, wie ernst Sie das eigentlich meinen und wie weit Sie es treiben wollen. Oder ist auch das nur der Tatsache geschuldet, dass Sie einen Punkt setzen wollten, den Sie gar nicht so ernst meinten. Auch das können Sie hier erläutern.

Wir wollen, dass Hessen gentechnikfrei bleibt. Wir wollen dafür sorgen, dass die hessische Landwirtschaft eine Chance bekommt. Es war dem Widerstand in Hessen, insbesondere den Bürgern in Niedermöllrich, zu verdanken

Präsident Norbert Kartmann:

Bitte kommen Sie zum Ende.

Martin Häusling:

– ich komme zum Schluss –, dass es hier keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen gibt. Wir haben in Hessen diesen Druck von unten gespürt. Wir haben in Hessen deshalb auch keinen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Das soll auch weiterhin so bleiben. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen. – Vielen Dank.