Inhalt

29.04.2010
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet zur Finanzierung der Kinderbetreuung

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Wiesmann, das war ein netter Versuch. Aber das war schon sehr kläglich. Es geht um die größtmögliche Täuschung, die bisher in dieser Legislaturperiode stattgefunden hat. Das Versprechen, über 200 Millionen Euro an die hessischen Kommunen zu zahlen, wurde gebrochen. Der Erklärungsversuch, den Sie eben hier veranstaltet haben, war kläglich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich bin froh, dass Sie, die Mitglieder der CDU-Fraktion, mittlerweile eingesehen haben, dass ein Versprechen gebrochen wurde. Jetzt sprechen Sie von einem Kompromiss. Noch vor zwei Tagen haben Sie gesagt, Sie hätten alle Versprechen gehalten. Es bleibt mir dadurch erspart, alle Dokumente anzuführen, die uns über Juni 2009 und November 2009 bis zum 6. April 2010 hier im Parlament vorgelegt wurden und in denen immer wieder betont wurde: Ja, alle Kommunen, die die Mindestverordnung umsetzen, werden vom Land Hessen ihre Kosten erstattet bekommen.

Das war ein Versprechen. Ich hoffe, das wurde im Vollbesitz aller geistigen Kräfte abgegeben, die damals bei der Landesregierung vorhanden waren. Das geschah in Kenntnis der finanziellen Situation. Das geschah in Kenntnis der schwierigen wirtschaftlichen Situation. Schon im Jahr 2009 haben Sie dieses Versprechen immer und immer wieder wiederholt.

Damit haben Sie eine knallharte Täuschung begangen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nachdem Sie den Kommunen 400 Millionen Euro aus dem Kommunalen Finanzausgleich vorenthalten, werden den Kommunen zusätzlich 200 Millionen Euro fehlen, wenn es um die Kinderbetreuung geht.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

– Natürlich ist es so. Herr Finanzminister Weimar ruft gerade dazwischen: So ein Unsinn! – Es hätte 200 Millionen Euro gekostet, allen Kommunen die Investitionen nach der Mindestverordnung zu erstatten. Es waren sogar 240 Millionen Euro im Gespräch.

(Zuruf des Ministesr Karlheinz Weimar)

– Herr Finanzminister, wollen wir uns ein bisschen Dialog liefern? Das können wir gern machen.

(Minister Karlheinz Weimar: Ich werde mich gleich einmal zu Wort melde, wenn Sie so einen Unsinn erzählen!)

Es waren Ihre Zahlen und die Zahlen des Abg. Dr. Arnold, der die Zahlen immer wiederholt hat. Berechnungen haben von 240 Millionen Euro für alle Kommunen gesprochen. Herr Weimar, Fakt ist, dass nur noch ein Drittel der Kommunen, die zukünftig diese Mindestverordnung umsetzen, dafür Geld bekommen. Zwei Drittel der Kommunen, die bessere Personalschlüssel und kleinere Gruppen installiert haben, werden dafür keinen Euro sehen. Das ist ein sozialpolitisch einmaliger Vorgang und ungeheuerlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Karlheinz Weimar: Das ist doch deren Aufgabe!)

– Herr Weimar, wenn Sie noch nie darüber gesprochen hätten, könnten wir heute in aller Ruhe darüber reden, was das Land finanzieren kann oder nicht.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Wenn Sie noch nie darüber gesprochen hätten, wenn Ihnen gestern die Erleuchtung gekommen wäre, darüber zu fabulieren, ob wir den Kommunen die Mindestverordnung finanzieren, dann würde ich Ihnen recht geben. Aber das ist nicht so, sondern 16 Monate lang gehen Ihre Minister durchs Land und versprechen allen Kommunen, dass sie eine bessere Finanzierung bekommen. Das war eine knallharte Täuschung und nichts anderes, Herr Minister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Minister Weimar, lassen Sie mich hinzufügen: Sie haben damit Ihren Sozialminister, Sie haben damit Herrn Banzer bis auf die Knochen blamiert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Minister Karlheinz Weimar)

Sie haben ihn abgekocht, was eine Einmaligkeit in diesem Land ist.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Einige Kommunen reden davon, dass man die Vertragsfähigkeit der Landesregierung hinterfragen muss. Für mich ist zumindest klar, für dieses Vertrauensverhältnis zwischen Kommunen und Landesregierung war das der größtmögliche Unfall.

(Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU) – Gegenruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Am 20. Dezember 2008 sagte Frau Lautenschläger: Ich werde dieses Land kurieren, indem ich eine bessere Ausstattung für Kindergärten mache. – Wer das macht und so lange versucht, Wahlen zu gewinnen, und – das muss man sich überlegen – der Minister allen Kindergärten und Kindereinrichtungen einen Brief nach Hause geschickt hat

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

– nicht an die Träger der Kindereinrichtungen, sondern an alle Kindergärten – und gesagt hat: Sehr verehrte Damen und Herren, wir vom Land sind großzügig, wir finanzieren die bessere Personalausstattung und kleine Gruppengrößen, allen Einrichtungen, wer so etwas macht, der hat seine Glaubwürdigkeit nachhaltig verspielt. Und ich kann das nur bestätigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wir sind der Meinung, Sie haben mit diesem Auftreten Ihrem Amt einen schweren Schaden zugefügt, Herr Banzer. Ich glaube, dass die Landesregierung ihre Glaubwürdigkeit in der Frage der Kinderbetreuungspolitik zutiefst erschüttert hat. Wir verurteilen dieses Vorgehen.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Von den 426 Gemeinden werden vermutlich 300 für ihre guten Leistungen keinen Euro sehen. Damit hat die Landesregierung wiederholt ihr Versprechen gebrochen. Das Konnexitätsprinzip ist mit den Füßen getreten worden.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Das ist ein schwarzer Tag für die hessische Kinderbetreuungspolitik. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und dem Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Kontakt