Inhalt

04.03.2010
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet zu Umsetzung der Verordnung über Mindestvoraussetzungen in Kindertagesstätten

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Wiesmann, spannend fand ich – ich habe sehr aufmerksam zugehört –, dass Sie im ersten Teil die Kindergartenpolitik der Landesregierung verteidigt haben. Das ist Ihr gutes Recht. Im zweiten Teil haben Sie auf die künftigen Herausforderungen durch die Sparpolitik hingewiesen. Auch das ist Ihr gutes Recht.

Aber der Anlass der Aktuellen Stunde ist vom Kollegen Merz dargestellt worden. Da merkt man wieder, ein Merz macht noch keinen Frühling, da bedarf es noch eines Bocklets – um das einmal klarzustellen.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Offensichtlich herrscht in der Diskussion ein großes Misstrauen, was die Zusage der Landesregierung betrifft, das Konnexitätsprinzip im Zusammenhang mit der Bildung kleinerer Gruppen und der Zugrundelegung eines besseren Personalschlüssels anzuwenden.

Ich möchte versuchen, das materiell zu fassen. Herr Staatsminister, ich darf aus Ihrer Presseerklärung vom 6. Juni 2009 zitieren: Die Landesregierung bleibt bei Ihrer Zusage, die Gruppenstärke zu verringern und mehr Personal für die Kinder zur Verfügung zu stellen. – Sieben oder acht Monate ist das her.

Frau Wiesmann, um es Ihnen, den anderen Mitgliedern der CDU-Fraktion und auch der Landesregierung zu verdeutlichen: Es gibt viele Kommunen – da haben Sie recht –, die die Personalstandards freiwillig erfüllt haben. Es gibt aber auch andere Kommunen und Bürgermeister, die gesagt haben: Ja, wir brauchen eine bessere Qualität in den Kindergärten, wir brauchen kleiner eGruppen, wir brauchen mehr Personal. – Sie haben gehofft, dass sie durch die Umsetzung der Mindestverordnung mehr Geld bekommen.

Diese Gruppen, diese Bürgermeister, diese Kommunen warten händeringend auf das Geld. Das ist das Unerträgliche, Frau Wiesmann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbst wenn ich all meinen Optimismus zusammennehmen und sagen würde, ich glaube jetzt Herrn Staatsminister Banzer, denn er hat gesagt, die Mindestverordnung wird so umgesetzt, dann hätte ich von Ihnen, Frau Kollegin, zumindest erwartet, dass Sie die Vorschläge des Kollegen, der eine Reihe hinter Ihnen sitzt, nämlich des Herrn Arnold, der aus dem tiefen Osthessen kommt, energisch zurückweisen. Denn er schlägt vor, die 240 Millionen Euro für die Umsetzung der Mindestverordnung doch mit den 400 Millionen Euro zu verrechnen, die man den Kommunen im Kommunalen Finanzausgleich wegnehmen will. Sie sollten das energisch zurückweisen und sagen: Da darf es keine Verquickung geben. Konnexität ist Konnexität.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Waschke und Timon Gremmels (SPD))

Herr Banzer, vielleicht haben wir Glück und uns wird die Ehre zu Teil, dass Sie das Wort hier ergreifen. Dann würde ich mir von Ihnen eine klare Position wünschen, die dann im Protokoll festgehalten würde. Diese Position wäre: Sie weisen die Forderung des Herrn Arnold und diesen verquasten Kompromissvorschlag zurück, der nichts anderes als eine versteckte Kürzung für die Kommunen ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie sollten das hier jetzt zurückweisen und sagen: Herr Arnold, so machen wir das nicht.

Offensichtlich gibt es zwischen dem Finanzminister und Ihnen einen Dissens. Lassen Sie uns doch an dem Prozess der Meinungsfindung der Landesregierung teilhaben. Es würde auch bei der Opposition Vertrauen schaffen, wenn Sie heute das Signal senden würden: Liebe Kommunen und liebe Bürgermeister, das Geld wird ausgezahlt, und das Geld kommt zeitnah.

Lassen Sie uns auch an Ihrer Bewusstseinsfindung teilhaben, wann das in etwa sein könnte. Schließlich sind schon acht Monate vergangen. Wir wollen Ihnen bei der Beschleunigung Ihrer Entscheidungsprozesse behilflich sein. Aber tun Sie das doch bitte endlich. Die Kommunen warten händeringend darauf. Sie können damit etwas für die Qualität in den Kindergärten tun. Tun Sie es bitte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Ende meiner Rede. Das Misstrauen in die Landesregierung, in die Sozialpolitik oder in die Arbeit Ihres Hauses rührt daher, dass Sie eine Strecke mit offenen Baustellen hinterlassen. Man könnte sagen: Schlaglöcher pflastern ihren Weg. Jetzt ist Hessen mehr zum Musterland sozialpolitischer Baustellen geworden.

Sie können sehen: Wir haben einen Notstand bei den Erziehern. Die Kommunen warten händeringend auf mehr Personal. Trotzdem passiert bei der Ausbildung in Richtung mehr Erzieherinnen und Erzieher praktisch nichts. In Frankfurt werden in den nächsten vier bis fünf Jahren 4.000 Erzieherinnen und Erzieher benötigt werden. Die Landesregierung hat nicht einen Euro mehr eingestellt, um die Zahl der Ausbildungsplätze auszuweiten.

Es bleibt zu fragen, wie Sie mit der Berichterstattung über die Armut endlich in die Pötte kommen. Gestern haben wir erfahren, das soll im Jahr 2011 geschehen.

Der Ausbau der Plätze für die Kinder unter drei Jahren liegt bei 19 Prozent. 35 Prozent wären nötig.

Frau Wiesmann, Sie haben recht. 1999 war das ganz anders. Wir kritisieren aber Konrad Adenauer auch nicht dafür, dass er das Internet nicht eingeführt hat.

(Heiterkeit des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Bestimmte Sachen sollte man einfach einmal hinter sich lassen. Es sind elf Jahre vergangen. Wie lange wollen Sie noch auf diesen ollen Kamellen herumreiten? Sie stehen in der Verantwortung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Wir würden uns wünschen, dass in diesem Musterland sozialpolitischer Baustellen endlich klare und verbindliche Zusagen an die Kommunen herausgehen, damit wir wissen, dass die Qualität in unseren Kindergärten verbessert wird. Herr Banzer, geben Sie uns Antworten. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Herr Kollege Bocklet, vielen Dank.

Kontakt