Inhalt

13.03.2014
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Fehlende Fachkräfte und steigende Lohnnebenkosten – Große Koalition gefährdet mit Rentenreform Handwerk und Mittelstand in Hessen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Zuhörer fand ich es befremdlich, dass wir auf der einen Seite die FDP haben, die von Kosten bis zu 240 Milliarden € spricht – Herr Rentsch, Sie haben gesagt: konservativ gerechnet, 160 Milliarden € – und die völlige Panik auslöst, und dass die Kollegin Wissler andererseits sagt, was damit erreicht werde, sei praktisch – –

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

– Gar nichts. Das ist komisch. Worüber reden wir denn nun eigentlich? Passiert ohnehin nichts, oder werden die Staatskassen geplündert?

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich denke, dass sowohl der Redebeitrag der FDP als auch der der LINKEN nicht zielführend sind und dass wir bei der Rentendiskussion über die Austarierung eines Konsenses sprechen müssen und darüber, ob es Generationengerechtigkeit in diesem Land gibt, wie sie definiert wird und dann auch darüber, ob es Probleme gibt, wenn man sich auf einen solchen Konsens geeinigt hat.

Ich will damit sagen: Wir haben vor einigen Jahren bei der Rentendiskussion festgestellt, dass wir Gott sei Dank immer länger leben werden und dass es dadurch auch immer mehr Rentenempfänger geben wird. Wir haben andererseits festgestellt, dass immer weniger Menschen in die Leistungskassen einzahlen werden. Deshalb haben wir uns in einem langen und schwierigen Prozess in dieser Gesellschaft darauf geeinigt, dass das Rentenalter auf 67 heraufgesetzt wird. Daran muss man doch zunächst einmal festhalten, weil das ein wichtiger Konsens ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler)

Wenn man die Rente mit 67 einführt, muss man das – für uns GRÜNE war das nie strittig –, mit einem Maßnahmenbündel begleiten und fragen, wo dabei Probleme auftauchen. Es taucht das Problem auf, dass viele Menschen, wenn sie früh arbeitslos werden, in Armut kommen, oder dass Menschen, die längere Zeit mit Niedriglöhnen abgespeist wurden, in Armut fallen können. All diese Armutsfragen sind sozusagen zu lösen. Diese lassen sich lösen, indem man ein Bündel an Maßnahmen zur Begleitung auf den Weg bringt. Lassen Sie es mich so sagen: Die Lösung, die die Bundesregierung jetzt anstrebt, ist eine unglückliche. Sie ist nicht zielführend, weil sie die Frage der Älteren in Armut nicht beantwortet.

(Beifall und Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wir werden erleben, dass Menschen, die in die Rente hineinkommen, trotz alledem noch unter der Grundsicherung liegen. Darauf brauchen wir Antworten. Ich weiß nicht, ob die FDP jetzt noch mitklatscht. Meine Fraktion im Bundestag hat sich deshalb schon vor der Bundestagswahl dieser Diskussion gestellt und gesagt, dass wir eine Garantierente von rund 850 € für Menschen brauchen, die unstete Erwerbsbiografien aufzuweisen haben oder Niedriglöhnen ausgesetzt waren. – Jetzt dürfen Sie klatschen, Herr Rentsch. Diese Garantierente ist ein wesentlicher Bestandteil dafür, dass man auch das Eintrittsalter bei 67 belässt.

(Beifall bei Abg. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe der Abg. Florian Rentsch (FDP) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Nach dem jetzigen Stand – jetzt schaue ich den Wirtschaftsminister an – werden vor allem Männer und nur wenige Frauen einen Anspruch auf diese geplanten Rentenverbesserungen haben. Es profitieren nur Personen der Jahrgänge 1951 bis 1964.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ältere und Jüngere werden also gar nicht in den Genuss dieser neuen Leistungen kommen. Problematisch ist natürlich auch, dass, je nach Anrechnung der Zeiten von Arbeitslosigkeit, ein weiterer Anreiz zur Frühverrentung entstehen kann.

Das ist ein wirtschaftspolitischer Aspekt, den man mit im Auge haben muss. Herr Wirtschaftsminister, er darf nicht alleine entscheiden, ganz sicher nicht. Aber natürlich haben auch wir gehofft, dass die Frühverrentungsdebatte irgendwann einmal ein Ende hat. Wir erinnern uns noch an die unsägliche 58er-Regelung. Sie hat zu einer großen Belastung geführt. Es kann doch nicht sein, dass wir durch die Hintertür wieder solche Fehlanreize schaffen, und auch deswegen ist diese Lösung der Bundesregierung unglücklich, wie sie getroffen wurde.

Ich bin in der letzten Minute. Am Ende kann ich sagen: Wir müssen die Frage beantworten, wie wir verhindern können, dass ältere Menschen von Armut bedroht sind, wie sie ihren Lebensstandard halten können. Das ist eine Aufgabe des modernen Sozialstaats. Ich glaube, die Absenkung oder Zerlöcherung der Altersgrenze von 67 auf 63 Jahre ist nicht klug. Wir halten grundsätzlich an der Grenze 67 fest. Wir sind der Meinung, es bedarf eines Bündels von Maßnahmen, um eine altersgerechte Arbeit möglich zu machen. Es muss flexible Übergangslösungen geben, wie Sie, Frau Wissler, sie angesprochen haben. Man sollte es nicht so wie die FDP machen und den Fachkräftemangel ausschließlich unter dem Wirtschaftsgesichtspunkt diskutieren. Das Renteneintrittsalter ist eine sozialpolitische Frage, eine Frage des Wohlstands für alle. Dieser Frage haben wir GRÜNE uns sehr wohl gewidmet. Es bedarf da anderer Lösungen als derer, die diese Bundesregierung jetzt vorgeschlagen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank.

Kontakt

Zum Thema