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25.11.2015
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Einzelplan 08

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schott, man muss schon tief durchatmen.
(Zurufe von der LINKEN)
Es ist in der Tat sehr schwer nachvollziehbar – ich empfinde es als ein Zerrbild, das gezeichnet wird –: Es gibt eigentlich keinen Bereich der Sozialpolitik, an dem die Kollegin Schott ein gutes Haar gelassen hat, von der Medizin über die Sozialpolitik, über die Kinderbetreuung.
(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))
Man hat wirklich den Eindruck, wir befinden uns in einer sozialpolitischen Wüste. Ich kann das für meine Fraktion so beantworten: Das ist so weit von der Realität entfernt – es tut mir wirklich Leid –, dass mir dafür jegliches Verständnis fehlt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Lassen Sie mich – nicht ohne Stolz – darauf hinweisen, dass in den ersten Jahren dieses Jahrtausends eine umfangreiche Kürzungswelle stattfand und wir im Sozialetat schon 2015 und jetzt wieder – deswegen bedarf es einer Belobigung dieser Situation: Es ist nicht selbstverständlich – Planungssicherheit für die gesamte Wahlperiode geschaffen haben. Damals wurden dem Sozialbudget 30 Millionen Euro entnommen. Diese 30 Millionen Euro werden jetzt wieder zugeführt, davon 20 Millionen Euro direkt in das Sozialbudget und 10 weitere Millionen Euro für die Inklusion von Kindern in Kindertagesstätten. Das sind 30 Millionen Euro, die wieder im Sozialetat vorhanden sind. Das ist wieder hergestellt. – Ich muss sagen, das ist eine gute Leistung.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Herr Merz, ich kenne Ihre Rechnung nicht. Ich weiß, die Summe wird von Mal zu Mal weniger. Jetzt sind wir bei 8 oder 9 Millionen Euro.
(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))
Wir haben explizit rund 20 Millionen Euro zu den 52 Millionen Euro hinzugefügt. Das sind über 70 Millionen Euro, rund 20 Millionen mehr. Es waren 35 Prozent mehr freiwillige Leistungen, die das Land bisher bezahlt hat. Ich weiß nicht, was für ein Problem Sie haben, dass man immer mehr fordern kann. Es ist Ihre Fantasielosigkeit. An der können wir wahrlich nichts ändern. Aber die soziale Situation haben wir verbessert.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Es gibt mehr Geld für Förderprogramme wie die soziale Stadt mit dem Namen Gemeinwesenarbeit, es gibt mehr Geld für Schuldnerberatung, mehr Geld für Frauenhäuser, mehr Geld für Interventionsstellen, mehr Geld für Beratungsstellen gegen sexuelle Gewalt und mehr Geld für die Sprachförderung von Kindern. Ich könnte die Liste der Positionen, deren Mittel wir im Sozialbudget angehoben haben, noch weiter aufzählen. Die Förderung durch den Sozialetat ist niemals am Ende. Man braucht immer mehr Geld, es gibt immer neue soziale Problemlagen, immer neue Bedarfe. Aber er ist ein vernünftiges, mit Augenmaß ausgestattetes und an den Notwendigkeiten entlang erarbeitetes Sozialbudget, und das ist ein wirklich gutes Signal, auch im Jahre 2016. Darauf können die Menschen in Hessen zählen: Wir machen eine soziale und gerechte Sozialpolitik.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Armin Schwarz (CDU))
Jetzt kommen wir zu folgendem Punkt: Frau Schott, Sie haben sich – sinngemäß – zu der Bemerkung hinreißen lassen, wir gäben überhaupt keine Antwort auf die Fragen der Integrationspolitik.
Sinngemäß haben Sie das gesagt; ich habe noch einmal meine Kollegin von nebenan gefragt. Sie haben gesagt, weder die Kinderbetreuung noch die Sprachförderung sei angegangen worden. Alles sei unzureichend oder gar nicht angegangen worden. – Ein großer Teil des Aktionsplans zur Integration von Flüchtlingen wird bei uns im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration administriert. Das ist ein riesengroßes Handlungsfeld. Nein, es sind, besser gesagt, viele Handlungsfelder.
Was in diesem Aktionsplan beschrieben ist, wird natürlich umgesetzt. Es ist zunächst nur ein Papier; daher mögen Sie jetzt vielleicht formal argumentiert haben. Sollten Sie es aber auch inhaltlich meinen, sind Sie völlig an der Sache vorbeigerutscht. Man kann wohl kaum sagen, dass sich der Aktionsplan, der über 500 Millionen Euro beinhaltet und viele Handlungsfelder im Sozialetat beschreibt, nicht der Herausforderung stellt, die Menschen, die Flüchtlinge, in die Arbeitswelt und in unsere Gesellschaft integrieren zu wollen. Dafür fehlt mir jegliches Verständnis. Dieser Aktionsplan ist ein riesiger Schritt; er ist bundesweit mit das größte Maßnahmenpaket. Ich weiß gar nicht, was Sie eigentlich noch mehr wollen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
– Herr Kollege Schaus, ich habe die Bemerkung verstanden. Er liegt übrigens vor; auch Sie haben nach meiner Meinung eine Internetleitung; er liegt auch in gedruckter Form vor. Aber ich kann es Ihnen gern sagen. Sie können nun formal argumentieren und sagen, er sei noch nicht eingebracht worden. – Aber Sie haben ihn doch genau gelesen. Sie kennen doch jede Zahl, die dort drinsteht. Sie kennen jeden Eckpunkt, der dort formuliert ist. Wenn dies nicht so ist, dann kommt jetzt auch noch der Sozialminister dran und wird es Ihnen noch einmal detailliert vortragen. Aber ich kann hierauf schon einmal eingehen.
(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Es sind allein zehn Felder, die nur im HMSI beschrieben werden: Wir fangen bei der
(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))
frühkindliche Bildung an, der Sprachförderung im Kindergarten. Wir gehen über die Kindertagesstätten, die eine bessere Betriebsförderung bekommen; wir gehen über zu einer niedrigschwelligen Sprachförderung, bis hin zur Sprachförderung zur Berufsqualifizierung. – Frau Schott, hören Sie nur gut zu. Tauchen Sie jetzt nicht hinter dem Computer ab. Genau hierfür fließen jetzt mehr Gelder: Millionenbeträge.
(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Hören Sie doch einmal auf. Sie stellen hier eine These in den Raum, um sich künstlich aufzuregen, und dann, wenn Sie hierauf eine Antwort bekommen, blasen Sie sich auf. – Das Gegenteil ist der Fall: Es werden Gelder zur Verfügung gestellt. Sie wollen das nicht wahrhaben; das ist das Problem.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Frühkindliche Sprachbildung, Kindergartenbetreuung, niedrigschwellige Sprachförderung und Berufsbereich – dafür gibt es mehrere Millionen Euro. Es mag sein, dass Sie davon keine Ahnung haben, aber Sie können nicht unterstellen, hier werde nichts getan.
(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU) – Anhaltende Zurufe der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
– und ich darf fortfahren. – Es wird in den Erstaufnahmeeinrichtungen mehr Sozialarbeit und Kinderbetreuung möglich werden. Es wird einheitlich eine flächendeckende gesundheitliche Versorgung geregelt. Es wird eine flächendeckende – das haben Sie noch einmal explizit kritisiert – Struktur installiert zur psychosozialen Betreuung. Diese wurde lange gefordert, und jetzt kommt sie, doch Sie haben die Augen, die Ohren und den Mund zu. Sie merken gar nicht, was um Sie herum passiert. Es liegt ein Aktionsplan vor.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Es geht auch darum, dass wir allen Menschen, die hier angekommen sind, eine berufliche Perspektive geben wollen, weil Sie nur am Wohlstand unserer Gesellschaft teilhaben können, wenn sie tatsächlich eine Ausbildung, eine Qualifikation, eine Nachqualifizierung, eine Arbeit bekommen. Deswegen haben wir einen umfangreichen Millionenbetrag eingestellt zur Lösung der Frage: Wie bekommen wir die Menschen in den Arbeitsmarkt integriert? – Es ein zweistelliger Millionenbetrag. Wir stellen uns der Herausforderung in Bezug auf die Frage: Wie bekommen die Menschen tatsächlich wieder Arbeit? – Wir haben uns auch die Frage gestellt: Wie geht es mit der Koordination der ehrenamtlichen Arbeit weiter? – Zusammengezählt sind es zehn Handlungsfelder, die der Aktionsplan explizit beschreibt. Allein im Etat des Ministeriums für Soziales und Integration wird das Thema umfangreich, aktiv und ganzheitlich angegangen. Es liegt ein Plan vor. Sie stellen sich hier aber allen Ernstes hin und sagen: Die Landesregierung macht nichts. – Hinter welchem Mond leben Sie eigentlich?
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))
Nun zu einem Punkt, der mir besonders wichtig ist: Der Topf „Gemeinwesen und Arbeit“, der 2 Millionen Euro betrug, wird auf 4,5 Millionen Euro aufgestockt. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wir die Situation einschätzen. Wir glauben, dass Gemeinden mit Aufnahmeeinrichtungen bzw. Gemeinschaftsunterkünften ein großes Problem haben. Sie haben die Sorge, dass in ihrer Nachbarschaft soziale Probleme auftauchen. Wir haben es ermöglicht, das Programm zu erweitern. Eigentlich war das gar nicht der ursprüngliche Gedanke. Es ging darum, soziale Brennpunkte in Hessen zu identifizieren und zu bearbeiten. Wir haben gesagt: Natürlich erweitern wir das Programm. – Es ist ein völlig berechtigter Gedanke, dieses Programm zu erweitern. Dort, wo Erstaufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünfte sind, kann es in den Stadtteilen zu sozialen Spannungen kommen. Deshalb erweitern wir das Programm – wir verdoppeln es gar. Ich finde, das ist eine sehr große Leistung. Es ist eine große Kraftanstrengung. Ich finde, mit dem kompletten Aktionspaket haben wir nahezu jedes wichtige Handlungsfeld bearbeitet. Bundesweit haben wir sonst nur noch das bayerische Paket vorliegen; alle anderen rot-grünen oder rot-rot-grünen Länder haben solche Pakete noch nicht vorgelegt. Es ist eines der größten bundesweit. Mit diesem haben wir uns der Herausforderung gestellt, zu sagen: Wir deklinieren das, ausgehend vom Flüchtling, durch.
Dieser kommt in den Erstaufnahmeeinrichtungen an. Er braucht eine Betreuung, eine medizinische Versorgung, eine gute Ausstattung usw. Daher brauchen wir mehr Personal für die Registrierung und Weitervermittlung, und wenn er dann der Kommune zugewiesen worden ist, braucht er Sprach- und Arbeitsintegrationsmaßnahmen und psychosoziale Betreuung. Wir wollen auch schauen, dass er eine Ausbildung bekommt. All das wollen wir eng verzahnen. Ich glaube, das ist ein ganzheitlicher Ansatz. Er ist dazu gedacht, dass die Menschen, die hier ankommen, bei uns integriert werden und tatsächlich an unserer Gesellschaft teilhaben.
Das müssten wir doch gelernt haben: Integration muss vom ersten Tage an angegangen werden, damit wir solche Verhältnisse wie in anderen Ländern nicht haben und wir diese Menschen nicht ausgrenzen. Dieses Paket ist ein riesiges Signal dafür: Wir haben verstanden. Wir haben einen Plan vorgelegt, und diesen gilt es jetzt umzusetzen.
Das ist ein fantastisches Paket. Ich bin sehr begeistert von dieser Sache. Ich glaube aber nicht, um dies noch einmal zu sagen, dass damit schon alles beschrieben worden ist. Ich glaube, dass wir eventuell an der einen oder anderen Stelle mit einem Nachtragshaushalt noch einmal nachsteuern müssen, weil wir nicht wissen, was im Jahre 2016 auf uns zukommt. Das wissen wir heute noch nicht. Deswegen steht es im Aktionsplan explizit so drin.
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Es steht explizit drin, dass wir heute noch keine Weissagungen kennen, die besagen, wie viele Menschen genau zu uns kommen. Ich finde, die Stärke zu besitzen und zu sagen: „Wir gehen mit diesem Aktionsplan einen ersten Schritt und legen ihn in diesem großen Umfange, in dieser Ganzheitlichkeit, vor, wenn es aber weitere Probleme gibt, werden wir diese bearbeiten und ggf. mit einem Nachtragshaushalt nachsteuern“, zeugt von einem riesengroßen Signal an die Bevölkerung, die sich Sorgen macht und gefragt hat: „Habt ihr eigentlich einen Plan, wie wir mit diesen Menschen umgehen?“ Wir in Hessen können sagen: Ja, wir haben einen Plan. – Und ich finde, wir haben einen sehr gut ausgestatteten Plan. – Ich danke Ihnen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
 
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Vielen Dank.

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