Inhalt

28.02.2013
Portraitfoto von Marcus Bocklet vor grauem Hintergrund.

Marcus Bocklet: Amazon zeigt: Hessische Landesregierung und Bundesregierung müssen handeln

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schaus, die Aktuelle Stunde der LINKEN hat, im Kern betrachtet, zwei Teile, zum einen die Beurteilung der Vorgänge um Amazon und zum anderen die Frage, ob das etwas mit dem Hartz-Gesetzen zu tun. Es geht dabei übrigens nicht um Hartz IV, sondern um Hartz I. Sie haben vielleicht an Hans Hartz, an sein Lied „Die weißen Tauben sind müde“ gedacht. Das ist aber ein anderes Thema. Es geht um die Hartz-Gesetzgebung, und zwar um Hartz I.

Ich glaube, das Haus hat gestern aus gutem Grunde eine klare und eindeutige Ansage gemacht, hat ein klares und eindeutiges Zeichen gesetzt, als es um die Vortäuschung falscher Tatsachen ging, mit denen man Arbeiter nach Deutschland, nach Hessen geholt und die Situation dieser Angestellten dann massiv ausgenutzt hat, indem man sie mit einem Sicherheitsdienst konfrontierte, der mit rechtsextremem Einschlag agierte, sie hat überwachen lassen, sie drangsaliert hat. Mein Kollege Klose, wir GRÜNEN und das gesamte Haus haben ein deutliches Zeichen gesetzt, dass der Hessische Landtag nicht bereit ist, solche Zustände zu tolerieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN)

Herr Schaus, lassen Sie mich noch einmal darauf eingehen. Wir GRÜNEN waren bei der Verabschiedung der Hartz-Gesetze in der Bundesregierung vertreten. Wir mussten viele Kompromisse schließen. Damals wie heute gilt: Wer ein Gesetz verabschiedet, muss die Größe haben, darüber nachzudenken, welche Fehler dabei gemacht worden sind. Er muss evaluieren, was falsch gelaufen ist. – Dazu brauchen wir keine hämischen Kommentare wie die, die meist von Leuten der FDP kommen, die wild und hysterisch winkend sagen: Das haben doch Sie verabschiedet.

In der Tat braucht man die politische Größe, festzustellen, bei Hartz I, bei der Leiharbeit hat man verschiedene Regularien vergessen. Lassen Sie mich das an zwei oder drei Punkten klarmachen. Die Leiharbeit sollte Auftragsspitzen in Unternehmen abfedern. Das war das Ziel, der Zweck der Leiharbeit. Wenn wir jetzt aber feststellen, dass Leiharbeit dazu missbraucht wird, Stammbelegschaften kollektiv und in großem Maßstab auszutauschen, dann läuft etwas falsch. Das muss man dann auch sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen von mehreren Unternehmen, dass mittlerweile bis zu 25 % der Belegschaft Leiharbeiter sind. Das kann so nicht weitergehen.

Zweitens. Wir stellen fest, dass diese Leiharbeiter nicht dieselben Rechte wie Festangestellte haben. Dazu sagen wir: Es kann nicht sein, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die eine höhere Flexibilität haben müssen und damit ein höheres Risiko tragen, noch nicht einmal die gleichen Rechte haben wie ihre Kollegen. Auch das kann so nicht bleiben, das muss man ändern.

Drittens. Es kann auch nicht sein – Stichwort: Equal Pay –, dass Menschen dieselbe Arbeit ausführen, dafür aber unterschiedlich viel Lohn bekommen. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Auch das muss reguliert werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wenn diese drei Stellschrauben um einen vierten Punkt ergänzt werden, dass wir uns nämlich Gedanken darüber machen müssen, wie wir das quotieren, wie viele Zeit- und Leiharbeiter die Unternehmen überhaupt einstellen dürfen, und wenn wir diese vier Stellschrauben nachjustieren, dann wird die Zeit- bzw. Leiharbeit nach wie vor seinen Sinn erfüllen, dass Auftragsspitzen abgefedert werden können. Man darf aber das Kind nicht mit dem Bad ausschütten und die gesamte Hartz-Gesetzgebung zurückziehen, Herr Kollege Schaus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe versucht, das Thema in aller Sachlichkeit zu behandeln. Man könnte das auch noch ein bisschen zuspitzen, Herr Kollege von den LINKEN: Selbst wenn es draußen regnet, sind die Hartz-Gesetzgeber schuld. Im Prinzip finden Sie bei allem, was gerade schlecht läuft, einen Dreh, um es mit der Hartz-Gesetzgebung zu verbinden. Ihr Existenzrecht beruht auf der Hartz-Gesetzgebung. Seien Sie froh, dass es die Hartz-Gesetze gibt, sonst würden Sie heute nicht hier sitzen, Herr Kollege Schaus.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Scherz beiseite. Ich glaube in der Tat, dass wir bei vielen Punkten der Hartz-Gesetzgebung nachjustieren müssen. Wir haben uns auch über Hartz IV unterhalten, über die Höhe der Regelsätze, und über viele andere Fragen, die bei Hartz I, Hartz II, Hartz III und Hartz IV angesprochen worden sind. Wir brauchen die Größe, in aller Seriosität zu evaluieren und zu schauen, wo wir Nachbesserungen vornehmen müssen. Wir sollten aber Skandale in Unternehmen nicht dazu nutzen – wir wissen, es gibt noch mehr Unternehmen, die so verfahren –, sinnvolle Gesetze komplett abzuschaffen. Ich denke, das ist unseriös. Diesen Weg gehen wir nicht mit, Herr Kollege Schaus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet.

Kontakt

Zum Thema