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14.05.2010

Kordula Schulz-Asche zum Thema: Deutsche Sozialversicherung sicher in der Krise - der Generationenvertrag für die Rente hält

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden hier über eine von der großen Koalition, das heißt von CDU und SPD, verabschiedete Rentenerhöhung zum 1. Juli 2009. Bei dieser Rentenerhöhung handelt es sich um die größte Rentenerhöhung, die wir in Westdeutschland seit 1994 und in Ostdeutschland seit 1997 zu verzeichnen hatten.

(Beifall des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Lieber Herr Kollege Spies, dazu kann man sagen: Das ist schön und gut. Wer kann schon etwas dagegen haben, dass man die Renten erhöht? Dagegen kann niemand etwas haben.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen aber eine Wette anbieten. Wenn wir nicht das Superwahljahr 2009 hätten, würde es dieses Rentnerbetäubungsgesetz, dieses Wahlgeschenk nicht geben. Diese Wette würde ich mit Ihnen gerne abschließen, und ich möchte auch über die Folgen dieser Maßnahme mit Ihnen reden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Meine Damen und Herren, nach diesem Wahlgeschenk werden die Renterinnen und Rentner in Deutschland in den nächsten Jahren nur noch Nullrunden bei den Renten zu verzeichnen haben. Das ist der Preis, den die Rentnerinnen und Rentner für dieses Wahlgeschenk in der Zukunft zu zahlen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Sowohl Herr Spies als auch Herr Gerling haben hier wohlweislich verschwiegen, dass nach der Planung im letzten Rentenversicherungsbericht eine Senkung des Beitrags zur Rentenversicherung auf 19,2 % ab 2012 vorgesehen war. Meine Damen und Herren, diese Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung wird nicht mehr kommen. Das ist der Preis, den die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der jungen und mittleren Generation in unserem Land für dieses Wahlgeschenk in den nächsten Jahren zu zahlen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben es hier mit einer Geisterdebatte orientierungsloser Volksparteien zu tun. Es hätte nämlich durchaus gereicht, bis zum Herbst zu warten, die konkrete Lohnentwicklung abzuwarten und dann zu entscheiden. CDU und SPD geht es im Superwahljahr aber nicht um die Zukunft, weder der jetzigen noch der zukünftigen Rentnergeneration. Ihnen geht es darum, Ihre Umfragewerte zu verbessern. Das ist, wie ich finde, nicht korrekt. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Rentenformel an die Umfragewerte von SPD und CDU angepasst wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Ihnen die Bevölkerung nicht glaubt, zeigt auch die Umfrage von dieser Woche im „Stern“. 74 % der Bevölkerung glauben Ihnen nicht, dass Sie damit „die Rente ist sicher“ geschaffen haben.

(Zuruf des Abg. Alfons Gerling (CDU))

Mit dieser Maßnahme sorgen Sie dafür, dass das Vertrauen in die Rentenversicherung weiter erodiert. Das ist das Schlimmste, was uns im Hinblick auf eine dauerhafte Sicherung unserer Sozialsysteme passieren kann. Im Moment ist das Vertrauen noch einigermaßen vorhanden, aber Sie zerstören es mit dieser Maßnahme völlig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise, wie wir sie jetzt haben, ist die zentrale Frage: Was hält unsere Gesellschaft zusammen? Wir GRÜNEN haben darauf eine Antwort. Die heißt grüner Gesellschaftsvertrag. Ein wesentlicher Punkt dieses Gesellschaftsvertrages ist eine sichere, verlässliche und armutsmindernde Sozialversicherung. Dazu gehört auch eine Garantie-Rente, die oberhalb dessen liegt, was man unter Basisrente versteht. Wir brauchen Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Rentnerinnen und Rentner, die ihr Leben lang gearbeitet haben, dass ihre Renten nicht so weit sinken, dass sie davon nicht mehr leben können. Das ist die Frage, die wir heute beantworten müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD) – Zuruf des Abg. Alfons Gerling (CDU))

Die zweite ganz wesentliche Frage, gerade nach der Äußerung des Kollegen Rock von gestern, der gesagt hat, die FDP wolle keine gerechte Gesellschaft – –

(Lebhafte Zurufe von der FDP)

Meine Damen und Herren, bezogen auf diese Äußerung des Kollegen Rock von gestern möchte ich ganz deutlich sagen: Wir brauchen Gerechtigkeit im Verhältnis der jungen, der mittleren und der älteren Generation zueinander, denn nur das ist die Voraussetzung für ein friedliches und gutes Zusammenleben aller Menschen in unserem Land. Darüber müssen wir reden, nicht über Wahlgeschenke, die hier billig vergeben werden und die die Zukunft belasten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulz-Asche. – Nächster Redner ist Herr Kollege Rock für die FDP-Fraktion.

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