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28.06.2012

Kordula Schulz-Asche: Gesetzes zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte am Universitätsklinikum Gießen und Marburg

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat, als Roland Koch damals in seiner Leuchtturmphase war, die Privatisierung des Universitätsklinikums Marburg-Gießen immer sehr kritisch begleitet. Wir waren schon damals der Meinung, dass die Umsetzung schlecht gemacht ist. Wir müssen jetzt feststellen, dass sie unter Roland Koch schlecht gemacht und unter Ministerpräsident Bouffier gescheitert ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die gesamte Phase, auf die wir zurückblicken, ist von immer wieder neuen Aufregungen geprägt. Es ist schon erwähnt worden: Dies gilt auch für den Abbau von Arbeitsplätzen. Ich glaube, damit ist relativ deutlich geworden, dass die Privatisierung eines Universitätsklinikums zumindest sehr viel genauer betrachtet werden muss, als es damals geschehen ist. Hoffentlich wird das in Zukunft nicht weiter so sein.

(Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Ein Beispiel dafür, wie schlecht diese Vertragsgestaltung und die Überlegungen waren, war der Umgang mit den Landesbediensteten. Deswegen begrüßen wir ausdrücklich den Gesetzesvorschlag der Sozialdemokraten, der eine Verlängerung der Rückkehrfrist für Landesbedienstete vorsieht. Ich persönlich hoffe, dass eine Phase ohne Verunsicherung der Beschäftigten eintritt, in der sie sich entscheiden können.

Meine Damen und Herren, im Moment befinden wir uns allerdings nicht in der Phase nicht vorhandener Verunsicherung, sondern es gibt einen Übernahmekampf von der Rhön-Klinikum AG seitens des Fresenius-Konzerns. Das Auszählen, ob diese Übernahme funktioniert hat, ist momentan in vollem Gange. Wir werden morgen oder am Anfang der nächsten Woche sehen, was sich daraus ergeben hat. Wir werden sehen, welche Konsequenzen sich daraus für das Land Hessen ergeben.

Aber ich möchte Ihnen schon jetzt sagen, dass einige der Probleme mit der Privatisierung zu tun haben, vieles allerdings auch mit der zunehmenden Ökonomisierung unseres Gesundheitswesens; denn oft steht die ökonomische Ausrichtung im Vordergrund und nicht die Qualität.

Von daher ist die jetzige Auseinandersetzung um das Universitätsklinikum Gießen-Marburg der Höhepunkt der Verunsicherung. Ich hoffe, dass das bald ein Ende hat, ein Ende, auf das wir uns vorbereiten müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gestern im Ausschuss, wie ich finde, sehr einträchtig darüber diskutiert, was jetzt ansteht. Wir haben einen Antrag von uns, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und einen Antrag von den Regierungsfraktionen gehabt, die in weiten Teilen Übereinstimmung gezeigt haben.

Ich hoffe, dass die Rede, die Wirtschaftsminister Rentsch gerade gehalten hat, nicht ein Beispiel dafür war, wie in Zukunft mit solchen Fragen umgegangen wird, sondern dass man weiter sachlich an inhaltlichen Fragen diskutieren kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Das Land Hessen steht vor Entscheidungen. Es gibt im Wesentlichen drei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, dass Fresenius die Übernahme von der Rhön-Klinikum AG gelingt. Dann kommt es darauf an, dass das Land sofort in die Lage versetzt wird, von     Fresenius ein belastbares Konzept zur Führung des Universitätsklinikums vorlegen zu lassen. Das ist eine Aufgabe, die für diesen Fall auf der Tagesordnung steht.

Sollte die Übernahme von Fresenius aber gelingen, tritt auch der Konsortialvertrag in Kraft, der ausdrücklich vorsieht, dass dem Land die Möglichkeit des Rückkaufs angeboten werden muss. Deswegen muss auch dieser Rückkauf mit einem belastbaren Konzept ausgearbeitet werden. Ich war gestern sehr froh darüber, dass auch von der CDU so deutliche Signale kamen, dass man bereit ist, alle drei Optionen zu prüfen, darunter auch den Rückkauf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die dritte Option, die anstehen könnte, ist die, dass die Übernahme durch Fresenius nicht gelingt. Das würde bedeuten, dass die Rhön-Klinikum AG weiter Eigentümer des Universitätsklinikums ist. Das würde bedeuten, dass man weiter mit der Rhön-Klinikum AG arbeiten muss; denn dann würde der Konsortialvertrag nicht zur Anwendung kommen, und der Rückkauf wäre z. B. nicht möglich. Auch für diesen Fall muss man ein belastbares Konzept vorlegen:

Wie kann auch in Zukunft weiter dafür gesorgt werden, dass es in Mittelhessen die beste Patientenversorgung gibt und dass die Universitäten und das Universitätsklinikum zusammen beispielhafte Standorte für Forschung und Lehre national, aber auch international bleiben können aber der Standort ausgebaut werden kann? Meine Damen und Herren, ich glaube, dass das nur möglich ist, wenn wir im Landtag einen breiten Konsens finden, wie man mit der Situation – Fresenius, Rückkauf oder Rhön-Klinikum AG – umgeht. Ein solcher Umgang ist meiner Meinung nach nur möglich, wenn wir in einem breiten Konsens im Landtag und einem transparenten Verfahren für die Bevölkerung, für die Beschäftigten und für die Universitätskliniken vorgehen.

In diesem Sinne möchte ich Ihnen für die bisherige Arbeit an diesem Thema danken. Das hat mich zum Teil wirklich erstaunt,

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

sowohl was das Ministerium, als auch was die CDU-Fraktion anging. Von daher hoffe ich, dass in diesem Sinne konstruktiv weitergearbeitet wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Torsten Warnecke (SPD) – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Vizepräsident Frank Lortz: 

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Schulz-Asche.