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14.12.2011

Kordula Schulz-Asche: Aufarbeitung der DDR-Geschichte und des SED-Unrechtsregimes

Es scheint im Raum noch ein bisschen Aufregung zu sein. Ich weiß nicht, wer gerade das Rederecht hat. Ich vermute, ich. – Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich sehr für die ausführliche Beantwortung der Großen Anfrage bedanken. Ich glaube, sie zeigt den Erfolg des breiten Konsenses, den wir hier im Haus hinsichtlich der Aufarbeitung der DDR-Geschichte haben und den wir in einem gemeinsamen Antrag im April 2010 hier so beschlossen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Es gibt umfassende Programme, es gibt viele Projekte, die sich mit der DDR-Geschichte befassen. Der Unkenntnis – das ist schon kurz angesprochen worden –, was den Wissensstand, auch über die konkrete Lebenssituation von Menschen in der DDR angeht, und dem Desinteresse, auch für die in der DDR zu Opfern gewordenen Menschen, die sich gegen das Regime gewandt haben, müssen wir entgegenwirken. Ich glaube, dass die vielen Projekte, die hier vorgestellt und zusammengefasst wurden, zeigen, dass das in Hessen sehr gut und umfassend getan wird.

Die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte ist für demokratische Gesellschaften unabdingbar. Eine lebendige Demokratie macht das. Wir sind als Deutschland durch die Auseinandersetzung mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte, mit dem Nationalsozialismus, weltweit zum Vorbild geworden. In vielen Ländern der Welt werden wir dafür bewundert und geachtet, dass wir es geschafft haben, uns über Jahrzehnte in großer Tiefe und Breite mit diesem dunklen Kapitel unserer Geschichte auseinanderzusetzen. Ich denke, wenn wir heute die Große Anfrage zur DDR beraten, dann muss klar sein: Auch das Thema Nationalsozialismus darf in der Aufarbeitung von Geschichte in Deutschland nicht vernachlässigt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der LINKEN)

Zurück zur DDR-Geschichte. Leider beobachten wir im Moment etwas, was unter Historikern als Kampf um die Erinnerung bezeichnet wird. Da sind auf der einen Seite diejenigen, die gar nicht in der DDR gelebt haben und die es sich heute manchmal sehr einfach mit Verurteilungen und Vorverurteilungen machen. Auf der anderen Seite haben wir Menschen, die in der DDR gelebt haben oder mit ihr sympathisiert haben, die als Mitläufer, als Täter oder aus vielerlei anderen Gründen kein Interesse daran haben, sich kritisch mit der Geschichte der DDR auseinanderzusetzen oder diese sogar positiv verklären. Meine Damen und Herren, beide Formen der Erinnerung bringen uns nicht weiter, wenn wir für eine lebendige Demokratie arbeiten und kämpfen wollen.

Die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte darf auch nie nur rückwärtsgewandt sein, sondern sie muss Lehren für die Gegenwart und die Zukunft ermöglichen, mit dem Ziel der Erkenntnis in unserer Gesellschaft, dass ein Staat ohne demokratische Legitimation, ohne Rechtsstaat und ohne bedingungslose Achtung der Menschenrechte auf Dauer nicht bestehen darf und nicht bestehen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist vielleicht das Erfreulichste des Jahres 2011: In vielen Ländern der Welt, zu Beginn des Jahres 2011 in der arabischen Welt, seit wenigen Tagen in Russland, fordern immer mehr Menschen Demokratie, Rechtsstaat und Achtung der Menschenrechte. Das macht Hoffnung für die Zukunft der Menschen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtszeit. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulz-Asche.