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28.06.2012

Kordula Schulz-Asche: Altersarmut in Hessen

Meine Damen und Herren, der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband schätzt, dass im Jahr 2030 rund 10 Prozent der Rentnerinnen und Rentner in Deutschland von Armut betroffen sein werden. Das werden vor allem Menschen mit geringem Einkommen und Personen sein, die nicht ununterbrochen erwerbstätig waren; das werden in großem Umfang Frauen sein. Ich glaube, wenn man sich umschauen würde, könnte man diese 10 Prozent der Rentnerinnen und Rentner fast schon mit Namen benennen, weil alle Voraussetzungen dafür, warum man in die Altersarmut gerät, eigentlich bekannt sind.

Eine verkürzte Sichtweise in Form der Betrachtung der Rentenbezüge, wie sie hier zum wiederholten Male stattgefunden hat, halte ich nicht für zielführend. Wenn wir uns die Beantwortung der Großen Anfrage zur Grundsicherung anschauen, sehen wir, die aktuellen Zahlen in Hessen zeigen, dass Altersarmut für die Gesellschaft ein geringes Problem ist. Für die wenigen, die schon jetzt von Altersarmut betroffen sind, ist es aber ein gravierendes Problem. Sie leben in Vereinsamung, sie leben in einer schlechten Wohnsituation, sie haben eine mangelhafte medizinische Versorgung, sie leiden unter Beschränkungen bei Ernährung, Kleidung und Mobilität, und ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist weitgehend ausgeschlossen.

Ich finde, wir sollten eine Gesellschaft haben, in der sich die Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen können, dass sie als langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherte – auch als Geringverdiener, als Teilzeiterwerbstätige oder mit unterbrochenen Erwerbsbiografien – im Alter nicht auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen sind. Wir brauchen eine Rentenpolitik, die es allen erlaubt, in Würde zu altern, und einen Rentenbezug, der vor Armut schützt.

Die heutige Rentenversicherung mit ihrer Umlagefinanzierung ist das Kernstück. Sie muss aber weiterentwickelt werden, um nicht nur den heutigen, sondern auch den zukünftigen Rentnerinnen und Rentnern ein Alterseinkommen zu sichern und sie vor Armut zu schützen. Davon ist die Politik der CDU/FDP-Bundesregierung leider weit entfernt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen, dass die Zahl älterer Menschen steigt, und wir wissen, dass auch die Zahl armer älterer Menschen steigen wird, wenn wir die Ursachen nicht heute massiv angehen. Niedrige Einkommen während des Erwerbslebens und eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit sind die Hauptursachen für die Altersarmut von morgen, und deshalb brauchen wir heute Ausbildungsprogramme für Jungen und Mädchen, die eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen.

Neben einem Mindestlohn ist die Reduzierung von geringfügiger und prekärer Beschäftigung die Grundlage für ein existenzsicherndes Einkommen und für existenzsichernde Renten. Wir brauchen eine Familienpolitik, die es Männern und Frauen ermöglicht, Berufstätigkeit und Familienleben miteinander zu vereinbaren, so, wie wir GRÜNE es in unserem Konzept „Geschlechtergerechtigkeit für Frauen“ deutlich aufgezeigt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch bei der hiesigen CDU/FDP-Regierung ist kaum ein Konzept dafür zu erkennen, wie man der Altersarmut vorbeugen kann. Man hat bisher nichts erreicht und hat auch nichts mehr vor. Es kommt aber darauf an, heute zu handeln, um auf morgen vorbereitet zu sein. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Vizepräsident Heinrich Heidel: 

Schönen Dank, Frau Schulz-Asche.