Kordula Schulz-Asche: Altenpflegegesetz
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen hier über zwei unterschiedliche Problemkreise, und die möchte ich nacheinander abarbeiten.
Zunächst geht es um ein Problem, bei dem wir uns alle einig sind, was seine Brisanz angeht: Das ist die dauerhafte und nachhaltige Struktur unserer Krankenversorgung. Ich begrüße es ausdrücklich – das möchte ich hier einmal sagen –, dass die Landesregierung aus der Kann-Bestimmung des § 90a des Sozialgesetzbuchs V die Möglichkeit ergriffen hat, auf Landesebene ein Gremium zu schaffen, das folgende Aufgaben hat: Empfehlungen für die sektorübergreifende Versorgung zu erstellen, die Feststellung von Unter- und Überversorgung zu treffen sowie die Aufstellung und Anpassung der Bedarfspläne zu entwickeln. Das sind zentrale Aufgaben, und ich halte es auch für richtig, dies nicht nur mit Blick auf die stationäre Versorgung zu bewerten, sondern auch den ambulanten Bereich einzubeziehen. Daher begrüßen wir dieses Gremium.
Meine Damen und Herren, allerdings haben in der Anhörung praktisch alle Anzuhörenden kritisiert, dass Sie bei einem solchen wichtigen Gremium nicht in der Lage sind, in Ihrem Gesetz auch die Mitglieder dieses Gremiums zu benennen. Es geht hier tatsächlich um massive wirtschaftliche Fragen, um entscheidende Versorgungsfragen – und meines Erachtens gehören die Mitglieder, die in ein solches Gremium berufen werden, in ein Gesetz und können nicht nachträglich durch eine Verordnung benannt werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, dieses Gremium wird dafür wesentlich sein, ob es in Zukunft gelingt, eine wohnortnahe und vor allem patientenorientierte Krankenversorgung in Hessen aufrechtzuerhalten. Da Sie dieses Gremium nicht im Gesetz vollständig regeln, werden wir uns in der Abstimmung der Stimme enthalten.
Beim zweiten Bereich geht es um die Regelungen im Altenpflegehilfegesetz. Wir alle haben in dieser Woche die neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Kenntnis genommen. Dort wird nochmals gesagt, dass beispielsweise für Hessen für das Jahr 2030 eine Versorgungslücke in der Pflege von 7.083 Vollzeitstellen zu erwarten ist. Das zeigt, in welcher Situation wir uns befinden, denn schon heute haben wir einen Pflegenotstand. Wenn sich diese Zahlen weiter bis zu einem Mangel an Vollzeitkräften von über 7.000 aufbauen, dann wissen wir, welche Katastrophe das gerade für die älteren Menschen bedeutet, die pflegebedürftig sind.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin voll bei Ihnen, dass man in einer solchen Situation sämtliche Möglichkeiten der Mobilisierung von Menschen nutzen muss, die bereit sind, in diesem Bereich zu arbeiten. Ich finde es auch richtig, auf Menschen zurückzugreifen, die bereits über Erfahrung in diesem Bereich verfügen. Wir haben etliche Familienangehörige, die zehn, 15 Jahre lang in ihren Familien – zum Teil unter professioneller Anleitung oder Begleitung – zu Hause gepflegt haben. Man muss sehen, dass diese Menschen einen qualifizierten Abschluss machen, damit sie nach dieser Pflegetätigkeit auch beruflich in diesem Bereich arbeiten können. Ich halte das für einen unter vielen und auch für einen richtigen Schritt.
Das Problem ist nur, dass die Altenpflegehilfeausbildung in Hessen einjährig ist. Auch bei der Anhörung wurde gesagt, dass es gar nicht klar ist, wie man die Qualifizierung dieser Familienmitglieder oder anderer, die in ähnlichen Bereichen gearbeitet haben, in die einjährige Ausbildung integrieren will. Im Moment kann das niemand erklären. Die theoretischen und die praktischen Anteile sind auf das Jahr verteilt. Wie will man es erreichen, dass hier ein schnellerer Zugang möglich wird? In der jetzigen Organisationsform der Altenpflegehilfe ist mir das nicht klar, und deswegen werden wir uns auch hier der Stimme enthalten. – Das wars.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Norbert Kartmann:
Vielen Dank.