Inhalt

01.04.2009

Kordula Schulz-Asche zum Thema: Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie, Gesundheit und Soziales

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Grüttner, ich danke Ihnen ausdrücklich dafür, dass Sie hier noch einmal dargestellt haben, wie die jetzige Geschäftsverteilung der Landesregierung aussieht.

Ich denke, es ist noch einmal sehr deutlich geworden, dass der Begriff „Soziales“ in keinem Ministerium mehr vorkommt. Im Bund sind wir tatsächlich das einzige Land, in dem es kein Ministerium mehr gibt, das sich für Soziales zuständig findet.

Ich finde, in Zeiten sozialer Krisen haben wir durchaus das Recht, die Leute darauf hinzuweisen, dass diese CDU/FDP-Landesregierung nicht bereit ist, auch im Namen auszudrücken, dass sie sich der Notlagen der Menschen annimmt.

Deswegen finde ich es richtig, hier heute erneut die Gelegenheit zu ergreifen, und Sie erneut zu bitten, diesen Fehler, den Sie offensichtlich begangen haben, rückgängig zu machen – oder einzugestehen, dass es ein bewusster Ausdruck Ihrer neoliberalen Politik ist, die Sie auch auf Bundesebene anstreben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die soziale Frage, die Frage der Sicherung des sozialen Friedens ist für unsere Gesellschaft zentral. Die Menschen haben gerade in diesen Zeiten Angst um ihr Einkommen und um die Zukunft ihrer Kinder. Dem darf sich auch eine Landesregierung nicht verschließen. Die Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit, von Chancengerechtigkeit, und die Ermöglichung der Teilhabe für alle Menschen ist ein wichtiges Thema.

Wir haben das hier schon öfter kritisiert, aber in diesem Zusammenhang sage ich es noch einmal ganz deutlich: Das muss sich auch in einem Koalitionsvertrag ausdrücken. In diesem Vertrag von CDU und FDP drückt sich diese Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit aber nicht mehr aus.

Nach der „Operation düstere Zukunft“ – und ich rate Ihnen wirklich, sich mit den sozialen Initiativen in unserem Land zu unterhalten – hat die verfehlte Namensgebung für das Ministerium dazu beigetragen, dass es eine große Angst gibt, nach den Konjunkturprogrammen jetzt stehe eine erneute „Operation düstere Zukunft“ an, die noch die letzten Pflänzchen einer Landessozialpolitik einfrieren wird.

In diesem Zusammenhang verstehe ich auch das Abstimmungsverhalten der SPD an diesem Punkt nicht. Meine Damen und Herren, natürlich drückt sich der Gestaltungswille eines Ministeriums auch in seinem Namen aus. Wenn das „sozial“ hier wegfällt, so ist das ein Zeichen dafür, dass das für diese Landesregierung kein zentrales Thema ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Staatsminister Grüttner, Sie sind darauf eingegangen, wie wichtig die Felder sind, die jetzt noch im Namen dieses Ministeriums übrig geblieben sind, nämlich Arbeit, Familie und Gesundheit. Ich gebe zu, das sind tatsächlich ebenfalls zentrale Themen.

Aber sehen wir uns doch einmal an, was uns der Minister bisher zu den Themen Arbeitsmarktpolitik, Familienpolitik vorgelegt hat. Dazu liegt uns überhaupt nichts Konkretes vor – bis auf, wenn wir zum Thema Gesundheit kommen, ein ganzseitiges Interview des Ministers Banzer zum Thema Gesundheit in der letzten Woche. Wenn wir uns dann anschauen, welche Themen dort behandelt werden, so sind es genau drei.

Das erste Thema ist das Rauchverbot. Dazu sagt der Minister: Da hat sich die FDP durchgesetzt.

Das zweite Thema sind jugendliche Testkäufer, um das Komasaufen zu verhindern. Danach kommt die Presseerklärung der FDP, in der gesagt wird, hier sind wir mit dem Minister nicht einverstanden.

Das dritte Thema sind die zunehmend unhaltbaren Zustände im privatisierten Klinikum Gießen und Marburg. Auf die Frage, ob der Minister wie die FDP auch mit dem Rhön-Vorstand reden möchte, sagt der Minister, das sei eigentlich nicht seine Zuständigkeit.

Meine Damen und Herren, das ist das, was im Moment zu den Begriffen, die Sie eben nochmals hervorgehoben haben, aus dem Ministerium gekommen ist. Dazu sage ich Ihnen: Das reicht nicht für eine vernünftige Sozialpolitik – nicht für eine vernünftige Arbeitsmarktpolitik, nicht für eine vernünftige Familienpolitik und schon gar nicht für eine vernünftige Gesundheitspolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, nach Art. 104 Abs. 2 Satz 2 der Hessischen Verfassung hat der Landtag das Recht, die Zuständigkeitsregelungen des Kabinetts zu ändern.

Wir möchten von diesem Recht Gebrauch machen und fordern, dass das Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit mit dem Zusatz „und Soziales“ versehen wird. Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema