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16.12.2015

Kai Klose: Internationale Bauausstellung Rhein-Main

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main ist sicherlich einer der Hotspots der Republik – natürlich wegen ihrer Bedeutung als Finanzplatz, aber auch, weil Frankfurt/Rhein-Main, gleich nach dem Ruhrgebiet, die höchste Industriedichte Deutschlands besitzt. Frankfurt/Rhein-Main – das ist der wirtschaftliche Herzmuskel unseres Bundeslandes, mit hervorragend erschlossenen Gewerbegebieten und einer europaweit einmaligen Verkehrsinfrastruktur, aber eben auch einem breiten kulturellen Angebot, exzellenten Naherholungsmöglichkeiten und attraktiven Wohnlagen. Diese Region zieht Menschen an, die hier leben und arbeiten wollen. Sie zieht Unternehmen an, die sich hier ansiedeln wollen. Frankfurt/Rhein-Main ist eine der derzeit begehrtesten Metropolregionen Europas, und das gesamte Land Hessen profitiert davon.
Diese Region ist erfolgreich, und sie hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zentrale Projekte der interkommunalen Zusammenarbeit gemeinsam gestemmt – trotz oder manchmal gerade aufgrund ihrer polyzentrischen Struktur: Da ist der Regionalverband, der die Grundlagen für die gemeinsame Planungspolitik der Region legt, da sind aber auch vielfältige Organisationen, beispielweise der Regionalpark Rhein-Main, die KulturRegion oder die Wirtschaftsinitiative Frankfurt/Rhein-Main, und es gibt erfolgreiche gemeinsame Gründungen wie den Rhein-Main-Verkehrsverbund, die Rhein-Main-Abfall GmbH oder die Wirtschaftsförderung Rhein-Main, der die Landesregierung glücklicherweise wieder beigetreten ist. Ich will aber ausdrücklich auch das Projekt Architektursommer nennen, weil es dieses Projekt bereits schafft, über Ländergrenzen hinweg innovative Ideen für die Architektur und den Städtebau zu entwickeln.
Es ist Teil der Erfolgsgeschichte dieser Initiativen und Gesellschaften, dass sie eben nicht „von oben“ verordnet, sondern als Instrumente zur Lösung gemeinsamer Probleme der Region erkannt und „von unten“ gegründet worden sind. Dieser Grundsatz ist uns auch weiterhin wichtig. Unser grünes Credo ist an dieser Stelle „Ermöglichen statt verordnen“.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Wir wollen die ewigen Strukturdebatten hinter uns lassen und uns den realen Herausforderungen widmen. Der Antrag der Regierungsfraktionen stellt deshalb diese freiwillige interkommunale Zusammenarbeit in den Mittelpunkt. Gerade wenn es um Aufgabenfelder geht, die für eine Region gemeinsam bedeutsam sind, bedarf es lösungsorientierter Initiativen aus der Region. Unsere Aufgabe ist es, dafür den Rahmen zu setzen und diese Prozesse zu unterstützen. Es gibt diese bereits Initiativen und Prozesse „von unten“. Insbesondere die Industrie- und Handelskammern, die sich im IHK-Forum Frankfurt/Rhein-Main zusammengeschlossen haben – maßgeblich getrieben von der IHK Frankfurt –, treiben dieses Thema immer wieder voran. Ihre Ideen sind wichtige Impulsgeber für die Region. Ich will aber ausdrücklich auch sagen: Wenn postuliert wird, die Wirtschaft werde in Fragen der Regionalentwicklung „in Vorleistung gehen“, wie es der Präsident der IHK Frankfurt gesagt hat, dann werden wir sie auch daran messen.
Selbstverständlich steht auch unsere Metropolregion vor echten Herausforderungen. Auch sie muss sich permanent weiterentwickeln. Sie unterliegt einem stetigen Wandel und muss ihre Ziele ständig neu definieren. Es sind die aktuellen Mega-Trends – wie Migration und demographischer Wandel, wie Digitalisierung, wie Antworten auf den Klimawandel –, die gerade in den Metropolen dieser Welt wie in einem Brennglas gebündelt werden.
Im Wettbewerb mit anderen Metropolregionen haben wir gelegentlich dennoch den Eindruck, dass diese sich noch besser gemeinsam organisieren und vermarkten. Nun hat das natürlich auch damit zu tun, dass München, London oder Mailand viel deutlicher auf ein Zentrum ausgerichtet sind, als es unsere Metropolregion ist. Das zeigt aber auch und gerade, dass wir eben nicht einfach die Konzepte anderer auf Frankfurt/Rhein-Main übertragen können, sondern eigene, auf unsere spezifische Struktur ausgerichtete Ideen entwickeln müssen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Gleichzeitig hindert uns niemand, uns von funktionierenden Konzepten, wie dem Smart-City-Ansatz, mit dem beispielweise Mailand sehr erfolgreich ist – davon konnten wir uns während der Delegationsreise des hessischen Wirtschaftsministers im Oktober überzeugen –, inspirieren zu lassen. Das war in vielfacher Hinsicht hochgradig spannend.
Genauso wichtig ist es natürlich, dass klassische Instrumente der Stadt- und Regionalentwicklung, wie die „Regionale“ oder die „Internationale Bauausstellung“, für unsere Region diskutiert werden. Auch in Baden-Württemberg und in Thüringen stehen diese Instrumente aktuell auf der Agenda; Berlin hat sich daraus gerade verabschiedet.
Aus unserer Sicht ist die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag hier aber etwas vorschnell. Sie wollen, dass sich der Landtag auf ein spezifisches Instrument, nämlich auf eine internationale Bauausstellung, jetzt festlegt. Das ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg, weil das genau wieder ein Vorgehen „von oben“ wäre. Das Land schwänge sich dazu auf, zu wissen, welches Format das richtige für die Region ist, und würde es festlegen. Das wäre aber kein Format, das „von unten“ wächst und die Bedürfnisse und Ideen der vielen in der Region und für die Region Engagierten aufgreift und mitnimmt.
Eine internationale Bauausstellung kann, das sei ausdrücklich gesagt, ein geeignetes Format sein, aber es ist eben auch eine Vielzahl anderer Formate und Möglichkeiten denkbar, um die Region voranzubringen und an ihrer ökonomisch und ökologisch positiven Entwicklung zu arbeiten.
Es wäre auch nicht der richtige Weg, wenn ich die sogenannte Erklärung zur Zukunft der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main ernst nehme, die im April in Frankfurt verabschiedet wurde. Ich möchte diese Erklärung ernst nehmen, obwohl der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt offenbar kein über die damalige – zugegebenermaßen medienwirksame – Inszenierung hinausragendes Konzept verfolgt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)
In dieser Erklärung wurde von namhaften Persönlichkeiten ausdrücklich festgestellt, dass sie Verantwortung für die regionale Zusammenarbeit übernehmen wollen. Es wurde angeregt, auch unsere Nachbarländer auf diesem Weg mitzunehmen, und die Landesregierung wurde dazu eingeladen, die Unterzeichnerin und die vielen Unterzeichner auf diesem Weg zu begleiten. Sie von der SPD-Fraktion wollen jetzt erreichen, dass sich der Landtag auf eine Bauausstellung als Instrument festlegt, noch bevor diese Gespräche geführt worden sind. Das wäre aus unserer Sicht falsch, denn wir würden weder die Unterzeichner noch die Nachbarn in ihren Anliegen ernst nehmen, sondern sie mit vollendeten Tatsachen konfrontieren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Deshalb ist der Ansatz der Landesregierung genau der richtige. Unsere Nachbarländer Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern sind zu Gesprächen über ein umsetzungsorientiertes Projekt zu einer integrierten Stadt- und Regionalentwicklung unter dem Arbeitstitel „Frankfurt/Rhein-Main 2020+“ eingeladen. Dort sollen gemeinsame Antworten auf die zentralen Herausforderungen der polyzentralen Metropolregion entwickelt werden.
Diese Region geht auf vielen Feldern bereits voran. Hier werden spannende Konzepte realisiert, gerade was die Themen klimaschonende Mobilität und Wohnen angeht. Deshalb sind Gespräche mit den anderen Ländern der richtige, der logische nächste Schritt, wenn wir wirklich weiterkommen wollen, nicht die Fixierung auf ein spezifisches Instrument.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.

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