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13.05.2010

Karin Müller zum Einzelplan 07 - Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch im Entwurf des Einzelplans 07 setzt sich die Konzeptions- und Visionslosigkeit der neuen Landesregierung fort.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Aber ich finde, das ist konsequenterweise so. Denn auch der Koalitionsvertrag bestand schon aus einer Aneinanderreihung von Maßnahmen ohne jegliche Zielbestimmung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wirtschaftspolitik bedeutet für Sie, Investition in den Straßenbau, in unwirtschaftliche Großprojekte wie den Ausbau des Flughafens Kassel-Calden oder in das Ferien-Resort Schloss Beberbeck zu tätigen.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Wir haben über die Sinnhaftigkeit oft genug diskutiert. Aber auch wir haben gelernt, dass Sachargumente bei Ihnen nicht zählen. Bei Ihnen ist Mehrheit Wahrheit.

Als Nordhessin ist das für mich besonders bitter. Denn ich bin davon überzeugt, dass die Region weder durch das Projekt in Calden noch durch das Projekt Beberbeck vorangebracht werden wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wir wollen, dass das Geld in sinnvolle und nachhaltige Projekte investiert wird. Strukturförderung bedeutet bei uns: Förderung der Nutzung der erneuerbaren Energien. Wir wollen Nordhessen zu einer Solarregion entwickeln. – Das wäre mit Sicherheit sinnvoller, als einen Flughafen auszubauen, den so keiner will und auch keiner braucht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die Welt hat die Stärken der Region im Bereich der Solarenergie entdeckt und Kassel den Zuschlag für einen Weltsolarkongress 2011 gegeben. Das Land hat es noch nicht gemerkt und fördert diesen Bereich nicht genügend.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Oder die Bereiche Kultur, Tourismus und Gesundheitswirtschaft – in diesen Bereichen könnten viel mehr Arbeitsplätze entstehen als in der Automobilindustrie, sie lassen sich aber nicht medienwirksam verkaufen. Sie investieren stattdessen in den Straßenbau und meinen, damit Arbeitsplätze zu schaffen.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Ich erspare Ihnen jetzt die Rechnung, wie viel ein Kilometer Straße und damit ein Arbeitsplatz kostet. Wir wollen uns lediglich auf die Instandsetzung der vorhandenen Straßen konzentrieren. Damit könnte viel Geld gespart und einiges für den Klimaschutz getan werden. Neue Straßen stehen dem nämlich entgegen. Über die damit verbundenen Klimafolgekosten will ich hier gar nicht reden.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Sinnvoller, als neue Straßen zu bauen, wäre, das Geld insgesamt in eine flächendeckende Breitbandversorgung zu stecken. Bei den Datenautobahnen hätten Sie unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch die unverhältnismäßige Investition in den Straßenbau setzt die bereits eingangs erwähnte Planlosigkeit fort. Hier wird einseitig Autopolitik gemacht, ohne ein Gesamtkonzept für eine nachhaltige Verkehrspolitik zu haben, die alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen berücksichtigt und sich den Herausforderungen der Zukunft in Bezug auf Mobilität und Klimaschutz stellt.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU) – Gegenruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Für uns haben deshalb der Ausbau des ÖPNV und der Rad- und Fußverkehr oberste Priorität. Zwar werden erstmals in diesem Haushaltsplanentwurf seit langem 100 Prozent der Gelder, die der Bund dem Land für den ÖPNV zur Verfügung stellt, auch in diesem Bereich eingesetzt und verschwinden nicht heimlich in andere Haushaltsecken. Das finden wir ausdrücklich positiv.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Aber der Nachholbedarf ist Dank Koch und Steinbrück groß, da die Verkehrsverbünde weitaus mehr Mittel benötigen, um Angebote zu schaffen bzw. auszubauen, die dazu beitragen, Fahrgastzahlen zu erhöhen und den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, was wiederum zu einer effizienteren Kostenberechnung der Verkehrsverbünde beitragen könnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir schlagen als ersten Schritt einen integralen Taktfahrplan vor, in den Hessen investieren könnte. RMV und NVV haben bereits jetzt Taktfahrpläne, aber nicht überall und vollständig aufeinander abgestimmt. Da gibt es noch viel Potenzial. Andere Länder wie die Schweiz und auch andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz machen uns das vor.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Hessen muss auf der Hut sein, den Anschluss nicht zu verpassen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Wie finanzieren wir das?)

– Ich habe Ihnen doch gerade vorgerechnet, welche Einsparungen wir im Bereich Calden und Beberbeck machen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Auch im Bereich des Güterverkehrs gibt es Untersuchungen, bei dem Potenziale im Rhein-Main-Gebiet für die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene dargelegt worden sind. Auch da könnte entsprechend investiert und damit der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen geholfen werden.

Im Bereich des Radverkehrs bemüht sich die Landesregierung redlich. Allerdings reicht das aus unserer Sicht nicht aus. Dazu reicht es nicht, Radtourismuskarten zu erstellen. Die allein machen noch keinen Sommer. Um der Bedeutung des Radverkehrs als Verkehrsmittel der Zukunft und Gegenwart gerecht zu werden, muss der Anteil des Radverkehrs erheblich gesteigert werden. Für das Erste würden wir vorschlagen, wenn 9 % der Gesamtmittel des Straßenbaus für den Radverkehr zur Verfügung gestellt werden, weil das auch der Anteil des jetzigen Radverkehrs am Gesamtverkehr ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Frau Müller, gestatten Sie auch mir den Hinweis darauf, dass die vereinbarte Redezeit bereits abgelaufen ist.

Karin Müller:

Einen Satz noch. – Wir schlagen als erste Maßnahme vor, in diesem Haushalt Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen auszubauen, um den kombinierten Verkehr öffentlicher Bereich und Rad zu fördern, wohl wissend, dass das nur eine Maßnahme unter vielen ist. Warten Sie nicht wieder 30 Jahre, bis Sie unsere Vorschläge aufgreifen. Fangen Sie jetzt damit an. Es ist fünf nach Zwölf und damit Zeit zum Handeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Horst Klee (CDU): Da ist nichts Realistisches dabei! – Zurufe von der CDU: Fünf nach Vier!)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Müller.

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