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04.03.2010

Karin Müller zu: Nachfahrverbot, Durchfahrverbot, Anliegerverbot

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Aktuelle Stunde beantragt, deren Titel auch „Die unendliche Geschichte des planlosen Agierens des Verkehrsministeriums“ sein könnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erst gab es an der B 3 und an der B 252 ein Nachtfahrverbot, dann gab es ein Durchfahrverbot, und jetzt gibt es wieder ein Nachtfahrverbot – allerdings mit Anliegerverbot. Aber geholfen hat es den Betroffenen bis jetzt recht wenig.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Es scheint auch schwer zu sein, wenn der Verkehrsminister erst in seiner Rolle als Landtagsabgeordneter und Rechtsanwalt agiert und dann als Verkehrsminister, wobei er vergisst, dass er Wirtschaftsminister ist. Unsere Befürchtung ist, dass nicht nur die Anwohner, sondern auch die Unternehmen und damit die Arbeitsplätze in der Region vergessen werden.

Ganz von vorne: Auf der B 3 und auf der B 252 gab es bis zum Jahr 2006 ein Nachtfahrverbot. Dann verhängte das Verkehrsministerium ein Durchfahrverbot mit der Begründung – –

(Unruhe)

Vizepräsident Frank Lortz:

Einen Moment, Frau Abgeordnete. – Meine Damen und Herren, bitte nehmen Sie im Plenarsaal Platz. Stehkonvente veranstalten wir draußen.

(Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

– Das ist kein Stehverbot, sondern ein freundlicher Hinweis, dass die Leute wieder normal werden sollen.

Frau Müller, Sie haben das Wort.

Karin Müller:

Dann gab es ein Durchfahrverbot, das mit dem Ausweichverkehr von der Autobahn, bedingt durch die Einführung der Lkw-Maut, begründet wurde. Davon waren aber nicht, wie jetzt, die Anlieger der vier Landkreise betroffen, sondern nur die Lkw, die nicht aus den Landkreisen kamen. Vergessen wurde damals, dass die Autobahn weit weg ist und somit nicht begründet werden konnte, warum es zu solchen Ausweichverkehren kommen sollte. Das hatte dann auch keinen Bestand vor Gericht.

Damals war Herr Posch noch Rechtsanwalt und klagte recht erfolgreich dagegen.

(Zuruf des Ministers Dieter Posch)

– Ja, heute auch noch. Aber damals haben Sie im Auftrag der Spediteure geklagt. – Im November letzten Jahres wurde das Verbot aufgehoben. Die erste Reaktion des Herrn Ministers war: Keine Sorge, wir bauen die A 49 weiter. Ich kratze das Geld zusammen, das ich habe. Das wird schon gehen.

Dann gibt es nämlich eine Autobahn – ganz schön clever –, durch die neue Autobahn entsteht neuer Verkehr, und natürlich gibt es auf der B 3 auch Ausweichverkehr. Damit wäre das Durchfahrverbot begründet.

Das hätte man unseres Erachtens alles viel einfacher haben können.

Nun hat man endlich einmal gemessen und festgestellt, dass der Lärmpegel in der Nacht bei 62 dB(A) liegt. 60 dB(A) sind zulässig. Das ist so, obwohl das Durchfahrverbot jetzt noch besteht.

Da wundert man sich schon, warum das nicht öfter kontrolliert worden ist. Wir haben gehört, dass es bei 14 Kontrollen neun verbotene Durchfahrten gab. Die sind durchgefahren, obwohl sie nicht durchfahren durften.

Ab dem 15. März 2010 soll nun das Nachtfahrverbot gelten – der Minister sagt, ohne Wenn und Aber –, um den Anwohnerinnen und Anwohnern Ruhe zu gönnen. Der Minister sagt: Danach wollen wir einmal gründlich zählen, um eine dauerhafte und langfristig verlässliche Lösung für die Anwohner zu erreichen.

Aber auch die betroffenen Anlieger, die Spediteure und Firmen, sollen dann nachts nicht mehr durchfahren dürfen. Sie sollen 95 € pro Fahrzeug und Durchfahrt bezahlen. Sie müssen das vorher beim Regierungspräsidium beantragen. Das ist also alles hoch kompliziert.

Es ist verständlich, dass die betroffenen Unternehmer sauer sind. Jetzt kommt wieder der Wirtschaftsminister ins Spiel. Ihm fiel ein: „Das können wir nicht machen“, und er versprach: Da finden wir eine Lösung. – Wir sind sehr gespannt, zu erfahren, wie die aussieht. Denn hinsichtlich der Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 haben wir gehört, dass Sie Ihre Meinung immer nur dann ändern, wenn es rechtlich zulässig ist. Da Sie immer nur nach geltendem Recht handeln, sind wir gespannt, wie die Lösung aussehen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Wahrscheinlich werden Sie den Betroffenen in den Unternehmen empfehlen, einfach durchzufahren, weil das nur 20 Euro Bußgeld kostet.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

– Genau. – Wir verstehen das alles irgendwie nicht. Wir können auch beim besten Willen kein Konzept des Ministeriums erkennen.

Wenn Ihnen die Gesundheit der Menschen an den Bundesstraßen wirklich am Herzen liegen würde, dann hätten Sie bzw. Ihr Vorgänger das Durchfahrverbot auf solide Füße stellen müssen. Sie hätten längst Geschwindigkeitsbegrenzungen veranlassen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hätten sich dafür einsetzen können, dass langfristig mehr Güterverkehr auf die Schiene kommt, dass Flüsterasphalt auf die Straßen kommt und dass die Maut für Lkw für alle Straßen kommt und nicht nur für die Autobahnen gilt. Herr Posch, Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie Straßenbauminister oder Mobilitätsminister sein?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Vizepräsident Frank Lortz:

Herzlichen Dank.

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