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08.07.2009

Karin Müller zu: Kurhessenbahn reaktivieren - modernen ÖPNV realisieren

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Hessische Landtag hat bereits im letzten Jahr mit deutlicher Mehrheit – inklusive der FDP – einen Antrag zur Reaktivierung der Kurhessenbahn beschlossen. Passiert ist im letzten Jahr leider nichts. Wir hatten die Hoffnung, dass unter der Regierungsbeteiligung der FDP dieses für die nordhessische Region touristisch und verkehrspolitisch so wichtige Projekt schneller vorangetrieben wird, insbesondere da Herr Posch aus dieser Region kommt, ein FDP-Politiker und für den Verkehr zuständig ist.

Der jetzt vorliegende Antrag von CDU und FDP hat unsere Hoffnungen leider im Keim erstickt. Außer schönen Worten und dem Hinweis auf eine Prüfung, die schon längst hätte erfolgen können, ja sogar müssen, findet sich in dem Antrag nichts Substanzielles.

Deswegen werben wir noch einmal für unseren Antrag – besonders bei der FDP, die dann ihr Votum vom letzten Jahr bestätigen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wäre ein positives Signal für die Region, wie wichtig dem Land die Modernisierung der Bahnstrecke Marburg-Frankenberg und die Reaktivierung der stillgelegten Abschnitte zwischen Frankenberg und Korbach sind.

Vor Kurzem hat der Städtetag eine Studie zur ÖPNV-Finanzierung vorgelegt, die auch vom Land finanziert worden ist. In dieser Studie wurde deutlich, wie wichtig eine stärkere Förderung des ÖPNV für die Mobilität der Bevölkerung gerade im ländlichen Raum ist. Gerade für das Erreichen der Klimaschutzziele ist die Förderung des ÖPNV zwingend notwendig. Busse und Bahnen stoßen bei gleicher Verkehrsleistung weniger als die Hälfte der Klimagase aus, so die Ergebnisse der Studie.

Der Anteil des CO2-Ausstoßes ist in Hessen um ein Vielfaches höher als auf der Bundesebene. In Hessen sind es 26 Prozent, auf der Bundesebene 21 Prozent.

Gerade in diesem Bereich untätig zu bleiben, wie es Frau Lautenschläger immer wieder bestätigt, ist ein Skandal. Es ist höchste Zeit zum Umdenken.

Der Einfluss des Landes auf die Entwicklung eines zukunftsfähigen und klimaverträglichen Verkehrssystems ist außerordentlich hoch. Wir fordern Sie auf: Geben Sie Ihre Untätigkeit auf, und setzen Sie den Zug in Bewegung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch aus wirtschaftlicher Sicht gibt es bei der Kurhessenbahn einen dringenden Handlungsbedarf. An die Kurhessenbahn gehen Ausgleichszahlungen für einen Verkehr, der nicht fließt. Wie Sie ganz genau wissen, summieren sich diese bis zum Jahr 2020 auf fast 19 Millionen Euro – 19 Millionen Euro, die einfach verpuffen, wenn Sie weiterhin untätig bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Gleichzeitig könnten bei gleichem Fahrplan durch die Verlagerung des Busverkehrs auf die Schiene erheblich mehr Fahrgäste gewonnen werden. Diese Untätigkeit in allen Bereichen kostet den Steuerzahler jeden Tag Unsummen. Wir haben gerade über Finanzierungen, Schulden usw. geredet. Hier wäre ein Ansatzpunkt dafür, wie man das Loch ein wenig verkleinern könnte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Herr Ministerpräsident hat der Region versprochen, den Nationalpark Kellerwald mit einem Bahnanschluss zu versehen. Auch dort ist nichts geschehen.

Es gibt einen wunderschönen Nationalpark, aber er ist nur mit dem Auto zu erreichen – ein Widerspruch in sich, wie wir finden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Ihr Verhalten in Bezug auf die Kurhessenbahn völlig inkonsequent ist – genauso inkonsequent wie Ihr gesamtes Vorgehen in der Verkehrspolitik: Sie planen mit der A 4 munter an einer Straße, für die kein Planungsrecht besteht, beschweren sich aber gleichzeitig darüber, dass es im Straßenbau nicht vorangeht. Sie sprechen von Klimaschutz, tun aber so, als würden Autos und Flugzeuge mit Wasser statt Benzin betrieben. Sie fordern für den Flughafen Hahn schwarze Zahlen und wollen gleichzeitig in Calden ein Millionengrab schaufeln. Und Sie bezahlen die Kurhessenbahn für Leistungen, die niemandem zugutekommen, da die infrastrukturellen Voraussetzungen fehlen. Eine solche Verkehrspolitik ist bruchstückhaft, unsinnig und bringt uns nicht weiter.

Aber Sie haben jetzt die Möglichkeit, umzulenken zu einem modernen ÖPNV, zu einer Förderung der Region Kellerwald und zu einer Verkehrspolitik insgesamt, die den Namen verdient und nicht autofahrerzentriert ist. Ich bitte Sie: Überlegen Sie noch einmal, ob Sie nicht doch unseren Antrag unterstützen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

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