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02.02.2012

Karin Müller: Hessisches Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – HGVFG

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten heute unseren Gesetzentwurf für ein Hessisches Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in zweiter Lesung. Während der ersten Lesung hatte ich das Gefühl, ich konnte Sie noch nicht so ganz überzeugen.

(Zuruf)

Wir hatten eine Anhörung, in der wirklich alle Anzuhörenden vom ADAC bis zur VhU und die kommunale Familie den Gesetzentwurf begrüßt und unterstützt haben. Sie haben dafür plädiert, dass schnell eine gesetzliche Regelung geschaffen werden solle.

Deswegen will ich heute noch einmal versuchen, Sie zu überzeugen. Während der Ausschussberatungen waren Sie noch nicht ganz überzeugt. Immerhin gab es Bewegung. Zunächst hat Herr Posch geäußert, es solle dazu einen Kabinettsbeschluss geben. Dann hat Herr Müller einen Gesetzentwurf angekündigt. Da der heute noch nicht vorliegt, haben Sie die Chance, viel Zeit und eine Anhörung zu sparen, indem Sie einfach unserem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich habe schon darauf hingewiesen, dass alle Anzuhörenden darauf gedrungen haben, wie wichtig es sei, eine gesetzliche Regelung für die Zweckbindung der Entflechtungsmittel zu haben, da das Geld ansonsten den Gemeinden und Kommunen fehlen würde und sie keine Projekte mehr anfangen würden. Wir alle wissen, wie lange Planungsprozesse dauern.

Da die Zweckbindung mit dem Jahr 2013 auslaufen wird, ist es dringend, dass wir jetzt einen Gesetzentwurf verabschieden, um den Kommunen die Rechtssicherheit zu geben, dass die 96,5 Millionen Euro, die bisher für den Verkehr zur Verfügung stehen, auch nach dem Jahr 2013 dazu zur Verfügung stehen, und es nicht dazu kommt, dass die Hochschulen, dass Wohnen und der Verkehr in Konkurrenz zueinander treten und jeder versucht, sich das Beste herauszuholen und die meisten Gelder an sich zu binden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Andere Bundesländer sind da schon viel weiter. Das sind z. B. Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. In Baden-Württemberg geschah dies noch unter der schwarzen Regierung.

Ich weiß nicht, was in Hessen daran hindert, entweder einen Gesetzentwurf schon vorgelegt zu haben oder unserem zuzustimmen, sei es auch mit Änderungen. Auch das habe ich während der Ausschusssitzung angesprochen. Wir sind durchaus gesprächsbereit. Das Wichtigste für uns ist der Erhalt der Zweckbindung.

Aber da gab es keine weiteren Signale. Dabei hätten Sie sich beim ADAC und beim VhU ein paar Freunde sichern können. Sie haben nicht mehr so viele davon. Diese Chance haben Sie auch wieder vertan.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich will Ihnen den Gesetzentwurf noch einmal inhaltlich nahebringen. Ich tue das für all diejenigen, die nicht Mitglied des Wirtschaftsausschusses sind und nicht an der Anhörung teilnehmen konnten.

Der Gesetzentwurf soll Planungssicherheit für die Kommunen, die Verkehrsunternehmen und sonstige Vorhabensträger schaffen, auch zukünftig Fördermittel erhalten zu können. Die dem Land zustehenden Finanzhilfen sollen nach dem Jahr 2013 ausschließlich für Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und des Lärmschutzes in den Gemeinden verwendet werden.

Das wäre ein neuer Fördertatbestand, den wir eingefügt haben. Sie alle haben sicherlich auch mit Anfragen von Bürgern zu tun, die sich über Lärm beschweren. Da wird in Zukunft noch viel auf uns zukommen. Wenn dafür keine Mittel zur Verfügung stehen, wird für den Erhalt der Straßen und für den öffentlichen Personennahverkehr gar nichts mehr übrig sein. Die Kommunen und Verkehrsunternehmen in Hessen würden mit einem solchen Gesetz über das Jahr 2013 hinaus verlässliche Förderkriterien für die Finanzierung der Vorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs und des Straßenbaus haben.

Wir setzen bei den förderungsfähigen Vorhaben verstärkt auf den öffentlichen Personennahverkehr und den Verkehr mit Fahrrädern. Die Quote 60 : 30 : 10 haben wir aber nicht willkürlich festgelegt. Vielmehr ist es im Moment faktisch so, dass 60 Prozent in den Straßenbau fließen. Um da ein Gleichgewicht herzustellen, wollen wir das Verhältnis umdrehen.

Die SPD hat auch schon einmal in einer Koalitionsvereinbarung dem so zugestimmt. Deswegen weiß ich gar nicht, warum es sich die Mitglieder der SPD-Fraktion dieses Mal bei unserem Gesetzentwurf der Stimme enthalten wollen.

Zu den bisherigen Förderkriterien ist in unserem Gesetzentwurf neu, dass auch der Erhalt der Schienenwege und der Straßen gefördert werden soll. Außerdem soll bei den Straßenbauvorhaben der Erhalt vor dem Aus- oder Neubau stehen. Nur so kann eine aktive Steuerung, weg vom motorisierten Individualverkehr, hin zum Umweltverbund bestehend aus Fußgängern, Radverkehr und öffentlichem Verkehr gelingen.

Damit könnten die Klimaschutz erreicht werden und die Energiewende stattfinden. Wir haben es vorhin in der Diskussion um die Wärmenutzung gehört: Eine Energiewende kann es ohne Änderungen beim Verkehr nicht geben. Deswegen müssen wir uns da anstrengen und alles Mögliche tun, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei den förderungsfähigen Vorhaben haben wir uns weitestgehend an das bestehende Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes angelehnt. Wir haben das erweitert und präzisiert, um damit dem Klimawandel entgegenzuwirken und um eine wirkliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse zu erzielen. Sie sollen frei von Stau, Lärm und Abgasen sein.

Ich hatte es bereits erwähnt: Deswegen haben wir da eine Förderquote vorgesehen. Wir haben auch eine Förderquote für den Fahrradverkehr, damit man da verlässlich Gelder zur Verfügung hätte.

Wir haben weiterhin auf die Erweiterung des Förderkatalogs um Carsharing und Fahrradstationen sowie eigenständige Fahrradwege zur Vermeidung und Reduktion des Pkw-Verkehrs gesetzt. Das müsste auch im Interesse der Landesregierung sein. Neulich gab es eine Pressekonferenz, als der Antrag zur Schaufensterregion Elektromobilität eingereicht wurde. Bei den Elektro-Fahrrädern, den Pedelec, boomt es zurzeit. Wir haben das neulich in der Presse gelesen. Dafür muss aber auch die Infrastruktur geschaffen werden. Wir wollen, dass dafür Mittel bereitgestellt werden, damit – –

(Zuruf des Ministers Dieter Posch)

– Ja, die Radinfrastruktur braucht Verbesserungen. Radschnellwege sind ein Thema.

(Zuruf des Ministers Dieter Posch)

– Ja, es sollen 10 Prozent für den Radverkehr sein, genau.

Verbundene Rad- und Fußwege sind die schlechteste Lösung. Es gibt dazu ein Urteil. Die Nutzungspflicht der Radwege wurde aufgehoben.

Auch bei der Instandsetzung der hessischen Gemeindestraßen besteht ein erheblicher Nachholbedarf. Deswegen schlagen wir vor: Erhalt vor Neubau.

Ich sehe, meine Redezeit ist gleich zu Ende. Deswegen werde ich ein wenig kürzen. Den Lärmaspekt habe ich schon erwähnt.

Ich weiß, dass Sie den erweiterten Förderungskatalog und auch die Quotierung kritisiert haben. Wenn Sie ein Zeichen setzen wollen, sollten Sie unserem Gesetzentwurf trotzdem zustimmen. Wie gesagt, Sie würden sich damit viel Arbeit und eine zweite Anhörung ersparen, falls Sie noch einen eigenen Gesetzentwurf machen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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