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15.09.2011

Karin Müller: Hessen auf der IAA – Zukunftsstandort Elektromobilität ausbauen

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hessen auf der IAA – Zukunftsstandort für Elektromobilität ausbauen, das hört sich erst einmal vielversprechend an. Das ist es aber anscheinend nicht, denn sonst bräuchten Sie nicht diese Aktuelle Stunde als Werbeveranstaltung, damit außer mir noch jemand hingeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Seyffardt hat es eben ausgeführt, aber auch er redet, wenn er von Elektromobilität redet, eigentlich nur von Elektroverkehr.

(Zuruf des Abg. Peter Seyffardt (CDU))

– Sie haben die Bahn erwähnt und die Pedelecs auch. Aber als Sie von Mobilität redeten, haben Sie nur von der IAA und den Elektroautos geredet.

Auch wenn man das Vorwort des Staatsministers Wintermeyer zum Stand auf der IAA anschaut, wird man ein wenig enttäuscht; denn es geht nicht um Elektromobilität. Es geht um Verkehr. Da liest man, dass die Verkehrsinfrastruktur in Hessen die Voraussetzung für den Einsatz von Elektrofahrzeugen schafft und die Verkehrsmengenbewältigung als wesentlicher Faktor der Standortqualität gesehen wird.

(Beifall des Abg. Leif Blum (FDP))

Ja, Hessen als Modellland für eine nachhaltige Nutzung von Elektroautos.

Sie reden, wie gesagt, von Elektromobilität, meinen aber den Verkehr. Das ist immerhin ein Ansatz, aber Elektromobilität darf nicht einfach nur der Austausch eines Verbrennungsmotors durch einen Elektromotor bedeuten.

Frau Wissler hat es eben auch schon angedeutet: Wir brauchen ein umfassendes Verkehrskonzept, das die anderen Verkehrsträger einbezieht. Auch wir würden uns freuen, wenn Sie den Verkehr endlich einmal unter dem Aspekt des Klimaschutzes betrachten und die Energiewende einbeziehen würden. Denn Energie ist nicht gleich Strom. Zur Minderung des CO2-Ausstoßes kann der Elektroverkehr zwar einen Beitrag leisten, aber natürlich nur, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien kommt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Gleichwohl sind für uns Elektroautos ein Beitrag zur Verkehrswende, wenn sie in den öffentlichen Verkehr integriert werden. Damit muss man sofort beginnen und darf nicht darauf hoffen, dass diese Antriebstechnik irgendwann die Probleme löst. Dass die Effekte bis 2020 marginal sind, werden Sie nicht abstreiten. Dafür gibt es zahlreiche Prognosen. Bis dahin muss noch viel Geld in Forschung, Entwicklung, Batterietechnik usw. fließen.

Deswegen: Fangen Sie jetzt an, integrieren Sie z. B. Carsharing in den öffentlichen Personennahverkehr. Frau Wissler hat es schon erwähnt. Die Landesregierung könnte hier mit gutem Beispiel vorangehen, landeseigene Liegenschaften als Stellplätze zur Verfügung stellen oder sich bei der Bundesregierung dafür stark machen, dass endlich durchgesetzt wird, dass Carsharing-Autos steuerlich wie Taxis behandelt werden.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Der Prozess läuft schon lange und müsste endlich vorangebracht werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Eine weitere Forderung – bei der ich Herrn Seyffardt auf meiner Seite habe, wie ich erfreut lesen konnte – sind Radschnellwege, die im Rhein-Main-Gebiet, aber auch in Nordhessen installiert werden sollen. Das ist weitaus sinnvoller als der unsinnige Flughafen, den Sie neu bauen wollen.

Eine moderne Verkehrspolitik muss ein anderes Mobilitätsverhalten fördern und die gegenwärtigen Trends im Energienutzungsverhalten aufgreifen. Verkehrspolitik ist nicht nur auf der IAA und unter der Motorhaube in Thema, sondern vor allem auch in den Köpfen. Da gibt es noch einiges zu tun. Die Automobilkonzerne müssen sich auf ein verändertes Nutzungsverhalten einstellen. Bei jungen Leuten geht der Trend weg vom Besitzen und hin zum Benutzen. Aus der Generation Golf wird die Generation ohne Golf. Die Autonutzung wird zur Option, nicht mehr zum Zwang, weil kein anderes Verkehrsmittel verfügbar ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich würde mich freuen, wenn hierzu Impulse auch von der Landesregierung kämen und dieses Thema am Stand aufgegriffen würde.

Zu einem ganz anderen Beispiel. Sie haben viele Kooperationspartner an Ihrem Stand, unter anderem die Fräger-Gruppe. Ich weiß, dass das Umweltministerium ein Auto von German E-Cars least, die Staatskanzlei aber ein billigeres Auto von Mitsubishi gekauft hat. Da könnte doch eine Wirtschaftsförderung in der Region ansetzen. Sie sollten nicht auf den Euro schauen, sondern die regionalen Anbieter nutzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Dann könnte man z. B. im Fuhrpark sukzessive mehr Elektroautos einsetzen und diese den Mitarbeitern, wenn man das Auto nicht mehr selbst nutzt, zum Carsharing zur Verfügung stellen, wenn man ihnen schon keine vollwertigen Job-Tickets anbietet.

Vergessen Sie also bei Ihrem Jubelantrag nicht das Handeln. Ich bin gespannt, was mich auf dem Hessen-Stand erwartet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Müller.

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