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27.05.2015

Karin Müller: Gesetz zur Regelung des Jugendarrestvollzuges in Hessen

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hätte ja gerne Herrn Rentsch den Vortritt gelassen, damit es ein bisschen gemischter ist, aber ich denke, in der Frage des Jugendarrestvollzugs sind wir uns mit der FDP – so jedenfalls mein Eindruck von der ersten Diskussion – weitgehend einig.
Wir beraten heute in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Hessisches Jugendarrestvollzugsgesetz sowie den Gesetzentwurf der SPD. Wenn wir heute das Gesetz verabschieden, haben wir eine gesetzliche Grundlage für einen modernen Vollzug geschaffen, der in der Arbeit in Gelnhausen schon praktiziert wird. Seit 2013 wird das, was wir jetzt festschreiben, in der praktischen Arbeit schon umgesetzt, und die gesetzliche Grundlage dafür wird jetzt geschaffen.
Frau Kollegin Hofmann, Sie haben gesagt, Sie waren die Erste. Wir haben es schon einmal diskutiert, Sie waren die Erste, weil Sie sozusagen Anregungen aus Nordrhein-Westfalen aufgenommen haben. Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist aber in einer Arbeitsgruppe aus Praktikern – auch mit anderen Ländern – entstanden und somit ist ein Musterentwurf entstanden, der wesentlich praxistauglicher ist als das, was Sie vorgelegt haben. Das hat ja auch die Anhörung ergeben.
(Zuruf der Abg. Heike Hofmann (SPD))
– Wer jetzt nicht richtig zugehört hat, lassen wir einmal dahingestellt sein. Man kann es ja auch noch einmal nachlesen, es ist aber nicht relevant. – In der Anhörung wurde ausdrücklich gelobt – das hat Herr Honka auch schon gesagt –, dass es Regeln für den Warnschussarrest gibt. Man mag ihn jetzt mögen oder nicht mögen, das ist völlig egal, die Gerichte ordnen den Warnschussarrest an. Deshalb ist es vernünftig, Regeln dafür zu schaffen, wie er in der Praxis ausgeführt wird. Es wird ganz klar geregelt – auch beim Warnschussarrest –, dass die Jugendbewährungshilfe frühzeitig verpflichtend einzubinden ist, was von den Praktikern als unverzichtbar angesehen worden ist. Darüber ist in Ihrem Gesetzentwurf z. B. nichts zu lesen. Auch der verpflichtende Charakter an Lern- und Bildungsangeboten wurde in der Anhörung gelobt, ein reines Angebot wird gerade aufgrund der kurzen Dauer des Aufenthalts im Jugendarrest von vielen Fachleuten als nicht sinnvoll erachtet.
Ein weiterer positiver Aspekt des Regierungsentwurfs gegenüber dem SPD-Entwurf wurde deutlich, was die Selbstständigkeit der Jugendarresteinrichtung betrifft, um die Trennung vom Strafvollzug klar zu verdeutlichen. Auch das wurde im Symposium erörtert, auch in den Stellungnahmen. Arrest ist keine Strafe, sondern der Erziehungsgedanke steht im Vordergrund. Das zieht sich auch durch das gesamte Gesetz, und das ist im Gesetz der Landesregierung klar geregelt, das Bekenntnis fehlt aber im SPD-Entwurf.
Auch mit der Bestellung einer stellvertretenden Fachleitung für die Einrichtung wird die erzieherische Ausgestaltung des Vollzugs noch einmal deutlich gestärkt, auch das eine Anregung aus dem Symposium. Auch das Angebot der Supervision an die Bediensteten fehlt in Ihrem Entwurf. Sie sehen also, eine ganze Reihe von Dingen, die die Ausgestaltung des Arrestes praxistauglicher macht, fehlt bei Ihnen. Deswegen, denke ich, ist es nachvollziehbarer, warum wir gegen Ihren Entwurf stimmen und dem der Landesregierung zustimmen.
Im Entwurf der Landesregierung ist das Ziel des Jugendarrestvollzugs klar definiert. Der Erziehungsgedanke steht im Vordergrund. Den Jugendlichen soll das begangene Unrecht bewusst gemacht werden, auch dessen Folgen und ihre Verantwortung, um die Jugendlichen zu einem eigenverantwortlichen Leben ohne weitere Straftaten zu befähigen.
Zu Beginn des Arrestes wird der Hilfebedarf ermittelt, und in einem Erziehungsplan werden dann die Maßnahmen festgestellt. Aufgrund der kurzen Dauer des Arrestes liegt der Schwerpunkt natürlich auf der Bearbeitung der aktuellen Probleme und Defizite, und es muss gelingen, die Jugendlichen zu motivieren, eine Einstellung ihres Verhaltens herbeizuführen. Ganz wichtig ist natürlich die Vermittlung in weitergehende Hilfen – das haben Sie gesagt, aber das steht auch im Gesetzentwurf drin –, aber auch die Heranführung an einen geregelten Tagesablauf und die Ausgestaltung der Freizeit, der Umgang mit Regeln und Misserfolgen haben eine hohe Bedeutung im Arrest.
Die Rückfallquoten sind hoch, klar. Deswegen wird aufgrund der Kürze des Arrestes vor einer Einigung grundsätzlich infrage gestellt – Herr Dr. Wilken hat es hier auch noch einmal deutlich gemacht –, ob Jugendarrest eine sinnvolle Maßnahme sein kann oder nicht. Wir sagen aber: Ja, in dem Bewusstsein, dass man die Erwartungen nicht so hochschrauben darf. Das wurde auch in der Anhörung deutlich gemacht von den Experten, aber jeder Jugendliche, der auf dem Weg begleitet wird und nicht mehr straffällig wird und dann auch nicht in den Jugendvollzug kommt, sondern nach dem Arrest nicht noch eine höhere Straftat begeht, ist ein Gewinn und ein Erfolg für die Arrestarbeit.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Das Gesetz bildet den Rahmen. Für die gute Ausgestaltung sorgt die Einrichtung, und wir können heute für eine breite Mehrheit des Gesetzes sorgen und damit der Arbeit einen gesetzlichen guten Rahmen geben. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)
Vizepräsidentin Ursula Hammann:
Vielen Dank, Frau Kollegin Müller.