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14.04.2011

Karin Müller: Feldversuch GigaLiner in Hessen

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es wird Sie nicht verwundern, dass auch die GRÜNEN den Feldversuch mit den Gigalinern ablehnen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich werde jetzt einiges wiederholen. Aber ich glaube, das macht nichts, da eh nicht alle zuhören. Es ist für die, die eben nicht zugehört haben. Herr Saebisch war auch kurze Zeit weg. Deswegen wiederhole ich das noch einmal.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Wir GRÜNE sind aus verschiedenen Gründen gegen den Feldversuch mit Gigalinern, Monstertrucks, Lang- oder Riesen-Lkw, wie sie auch immer genannt werden, mit der Länge von 25,5 m. Das muss man sich einmal vorstellen. Im Moment sind die Lkw maximal 18,75 m lang. Das ist das, was rechtlich zulässig ist.

Das ist das, was rechtlich zugelassen ist. Deswegen ist auch nicht klar, ob der Feldversuch überhaupt rechtlich möglich ist. Die Ausnahmegenehmigung – Herr Frankenberger hat es gesagt – wird nicht reichen. Das Difu-Institut hat ein Gutachten erstellt und kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass dieser Feldversuch rechtlich nicht möglich ist. Ob der Begriff rechtlich jetzt von den Gerichten geklärt werden muss, darüber sind wir unsicher. Aber wir würden es als politische Aussage verstehen und deswegen durchaus zustimmen.

Zur Rolle von Hessen. Hessen hat erst auf unentschlossen getan, dann signalisiert, dass Hessen mitmacht. Dann fiel Herrn Posch ein: „Wenn wir mitmachen, dann knüpfen wir das aber an Kriterien und eine wissenschaftliche Begleitung.“ Ich sage nur, das ist ein typischer Posch: erst handeln und dann nachdenken.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Erst hieß es, dass der Versuch nur auf Autobahnen stattfindet. Jetzt wird scheibchenweise bekannt, dass der Versuch auch auf Kreis- und Landesstraßen stattfindet. Es war von Anfang an auch nicht vorstellbar, dass die Lkw an der Autobahnausfahrt stehen bleiben und die Güter per Lufttransport oder Ähnlichem an ihre Zielorte kommen.

Auch der ACE lehnt den Versuch ab, und zwar aus Verkehrssicherheitsgründen. Der ACE steht damit nicht allein. Herr Frankenberger hat es erwähnt: Ende März gab es eine repräsentative Umfrage von forsa, die die Allianz pro Schiene in Auftrag gegeben hat. 77 % sind gegen die Zulassung von Gigalinern auf öffentlichen Straßen. Die Gründe dafür sind ein erhöhtes Unfallrisiko durch die Größe und die Schwere der Gigaliner, der notwendige Umbau des Straßennetzes auf Kosten der Steuerzahler und, und, und.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

– Was ist nicht mehr auszuhalten?

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

– Schade, dass ich nicht nach Ihnen dran bin. Ich war zu schnell.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Die Achslast ist auf 40 t reduziert worden, um die Argumente zu entkräften, dass sie für unsere Straßen zu schwer seien. Aber wenn sich eine Spedition erst einmal einen Riesen-Lkw, einen Gigaliner angeschafft und fünf Jahre lang an dem Versuch teilgenommen hat, wird sie wahrscheinlich argumentieren, dass es nicht wirtschaftlich ist, dass man deswegen die Tonnenzahl wieder erhöhen soll und dass es sich nicht lohnt, den Lkw nach fünfeinhalb Jahren wieder abzuschaffen.

Ohnehin lohnt es sich nur für die großen Spediteure, die international tätig sind. Vor Kurzem haben sich die nordhessischen Spediteure geäußert, dass sie gar nicht an dem Versuch teilnehmen werden, weil es sich für sie nicht lohnt.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Das ist gelebte Mittelstandspolitik der FDP: nur die großen Speditionen unterstützen und die kleinen nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das entscheidende Argument von uns – das ist das Argument, das immer kommt –, dass CO2 eingespart würde, wenn mit einem Lkw mehr transportiert würde, ist wissenschaftlich vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung untersucht worden. Sie haben eine europaweite Auswertung dieser Feldversuche, wo sie schon gemacht werden – in Skandinavien fahren sie schon regelmäßig auf der Straße –, durchgeführt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine positiven Effekte auf die Klimabilanz hat, weil nämlich erhebliche Risiken bestehen, dass vergleichsweise hohe Mengen von Gütern vom Schienenverkehr auf die Straße verlagert werden.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

– Hören Sie doch erst einmal zu Ende zu. – Durch die vermeintliche Kostenreduzierung durch den Einsatz von Lang-Lkw werden sich viele überlegen, Güter mit dem Lkw zu transportieren statt mit der Bahn.

(Zuruf des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Der Projektleiter – ich zitiere ihn – sagt:

Die Zulassung von Megatrucks ist klima- und verkehrspolitisch kein Allheilmittel. Ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele ist nach wie vor eine weitere Stärkung der Bahn und intermodaler Prozesse. Ohne diese ist ein echter Beitrag des Güterverkehrsmarktes zur Einhaltung der Kyoto-Ziele kaum vorstellbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Sie sind im Moment dabei, Ihre Positionen zu überdenken. Ich fände es schön, wenn Sie auch diese Position überdenken und hinsichtlich der Gigaliner Vernunft annehmen würden und aus dem Versuch aussteigen.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Ich bin davon überzeugt, Baden-Württemberg wird dies auch tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Müller.

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