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13.04.2011

Karin Müller: Elektromobilität alleine bringt noch keine Verkehrswende

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestern haben wir hier lange über die Energiewende diskutiert und dabei den Sektor Verkehr außer Acht gelassen. Für uns gehört der Verkehr zu einer Energiewende dazu, denn es geht nicht nur darum, den Strom zu erneuern, sondern auch darum, das Zwei-Grad-Ziel und eine Unabhängigkeit vom Öl zu erreichen. Herr Schäfer-Gümbel hat es gestern auch angesprochen. Umso mehr habe ich mich gewundert, dass die SPD unter Elektromobilität eigentlich auch nur Elektroverkehr versteht. Sie reduziert es auf ein Speichermedium für die erneuerbaren Energien und den Austausch der Antriebsmotoren. Aber von einer Verkehrswende habe ich von Ihnen, Herr Gremmels, leider auch nichts gehört.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Dr. Thomas Spies (SPD) und  Timon Gremmels (SPD))

– „Selbstverständlichkeiten sagen Sie gar nicht.“ Na ja, es wäre schön gewesen, wenn Sie es in dem Antrag dann doch noch einmal erwähnt hätten.

Herr Gremmels, ich bin da nicht ganz so kritisch mit der Antwort der Landesregierung wie Sie, weil auch die Landesregierung zum einen versucht hat, differenziert darzustellen, wie schwierig es ist, serienreife Elektroautos zu entwickeln, die auch bezahlbar sind.

Zum anderen wollen wir versuchen, die Debatte über eine Verlagerung und Einsparung von Verkehr nicht dahin gehend zu verschieben, dass man sagt, man führe Elektroautos ein, und damit sei alles gut, sodass man es auf das Jahr 2050 verschiebt, denn eher wird es sowieso keine relevanten Zahlen geben, und man dann den anderen Teil vergisst, der für uns mindestens genauso, wenn nicht wichtiger ist, damit sofort anzufangen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen werden wir uns bei Ihrem Antrag auch enthalten, weil er uns nicht weit genug geht.

Den Antrag der CDU will ich auch schnell mit abhandeln; ich habe nur fünf Minuten. Da wären vielleicht eineinhalb Spiegelstriche drin, denen man zustimmen könnte, aber größtenteils sind es alles nur Sprechblasen. Herr Gremmels hat die Internetseite schon angeführt. Da wird noch der Leiter der Stadtwerke Offenbach als Ansprechpartner genannt, der da seit über einem Jahr nicht mehr ist. Auf der Internetseite steht unter dem ZEBRA-Projekt wirklich gar nichts. Da würden wir uns ein bisschen mehr erwarten, und deswegen werden wir uns auch da enthalten.

Jetzt aber dazu, was eigentlich nötig wäre. Es wäre jetzt nötig, und da könnte man sofort anfangen, Elektroverkehr nicht nur als Autos zu fördern, sondern auch die elektrifizierten Busse und Bahnen und die Fahrräder, die Pedelecs. Da könnte man z. B. die Ideen von Herrn Speer in Frankfurt – Frankfurt 2030 – aufgreifen. Fahrradtrassen zu entwickeln, könnte man sofort machen. Man könnte das Planungsziel der kurzen Wege mal wieder aufgreifen. Auch dazu haben wir schon Anträge vorgelegt, um einfach Verkehr zu vermeiden und zu verlagern und damit auch CO2 einzusparen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt im Moment einen Trend, den wir nicht verschlafen sollten. Die jungen Leute von 18 bis 25 Jahren haben das Auto als Statussymbol nicht mehr so im Blick. Die wollen eher ihr Handy und ihren Laptop haben; die wollen nicht mehr unbedingt ein Auto besitzen.

(Widerspruch des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP) – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), zur FDP gewandt)

– Wenn Sie fertig sind, dann mache ich gern weiter.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

– Eben, ich denke, es wird mir abgezogen. – Junge Leute wollen das Auto also nicht mehr besitzen, sondern benutzen. Deswegen gilt es, das zu unterstützen, mit kombinierten Verkehren, dem elektrischen Fahrrad, wie ich es schon erwähnt habe, oder mit Carsharingsystemen. Da könnte die Landesregierung mit gutem Beispiel vorangehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie könnte auf landeseigenen Liegenschaften z. B. Carsharingplätze zur Verfügung stellen, dies mehr bewerben und, und, und.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Aber auch den ÖPNV zu unterstützen und die Verkehrsverbünde als Mobilitätszentralen zu nutzen, wäre eine Aufgabe, wo Frau Puttrich und Herr Posch sehr gut zusammenarbeiten könnten. Das wird in der Modellregion Rhein-Main schon gemacht; die Stadt Offenbach macht es. Es werden neue Bürgerbefragungen gemacht. Ein Ansatz wäre, dass Hessen jedem Neubürger als Aktion aus der Nachhaltigkeitsstrategie ein RMV- oder NVV-Ticket oder eine Ausleihe für ein Pedelec zur Verfügung stellt. Es gibt also viele Möglichkeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Grüttner, der so gern Treppen läuft, könnte einen Dienstwagen ab- und dafür ein Pedelec anschaffen. Das alles wäre mit wenig Geld zu machen und hätte eine große Effizienz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)

Sie hätten dann eine höhere Aufenthaltsqualität in den Städten, mehr Gesundheit für den Einzelnen, mehr Teilnahme am Bike & Business, mehr Nachhaltigkeit und verringerte Krankentage. Das ist alles nachgewiesen, und es wäre eine Kostenersparnis für die Allgemeinheit. Wir bitten daher um die Unterstützung unseres Antrags, und lassen Sie uns jetzt die Verkehrswende im Rahmen einer Energiewende beginnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Müller.

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