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23.05.2013

Karin Müller: Aktuelle Stunde – SPD nach Gabriel-Vorstoß für generelles Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen uneins

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da hat die SPD Schwarz-Gelb wieder einmal einen Gefallen getan. Man braucht nur das Wort Tempolimit in den Mund zu nehmen, schon gehen die Reflexe los. Das hat man gerade eben gemerkt. Das ist rational nicht erklärbar. Anscheinend wird beim Thema freie Fahrt jegliches Denken ausgeschaltet, und zwar über alle Parteigrenzen hinweg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Anscheinend macht Schwarz-Gelb jetzt eine Kampagne daraus. In allen Bundesländern, in denen sie nicht mitregieren, also in der Opposition sind, kommt dieser Antrag auf den Tisch. In Nordrhein-Westfalen hat die FDP so einen Antrag gestellt. Hier hat man es der CDU überlassen, die Reflexe zu bedienen.

In Ihrem Dringlichen Entschließungsantrag steht nicht wirklich etwas Neues. Außerdem wissen Sie genauso gut wie ich, dass Sie hier Ihre Position zwar deutlich machen können, dass aber über ein Tempolimit im Bundestag und nicht hier entschieden wird. Ich stelle also fest: Ihre Aktuelle Stunde dient alleine dazu, Wahlkampf zu machen. Warum sonst sollten wir uns im Hessischen Landtag mit parteistrategischen Diskussionen in der SPD auseinandersetzen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Marius Weiß (SPD))

Wir GRÜNE fordern seit unserer Gründung ein Tempolimit. Daran hat auch der Porsche von Rezzo Schlauch nichts ändern können, und das aus gutem Grund.

Wir erklären es Ihnen aber gerne immer wieder. Ich weiß, Sie hören eh nicht zu, weil sie die Argumente gar nicht wissen wollen.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Denn Sie sind Sachargumenten gegenüber wenig aufgeschlossen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Nachdem ich Ihren Dringlichen Entschließungsantrag durchgelesen habe, habe ich gedacht, das ist ein Versuch, in die „heute-show“ zu kommen. Ich zitiere:

Die deutschen Autobahnen gehören zu den sichersten der Welt.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Dazu kann man nur sagen: Tusch, das klingt wie eine Karnevalsrede. Das erinnert an Aussagen wie die, die Renten seien sicher und die deutschen Kernkraftwerke seien die sichersten der Welt.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Das glauben Sie doch selbst nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ziel von uns allen muss doch sein: Keiner kommt um, und alle kommen an. – Jeder Verkehrstote und Verletzte ist einer zu viel. Immer noch kommen jährlich 400 Menschen auf den Autobahnen in Deutschland ums Leben. 28.000 Menschen werden schwer verletzt.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Auch in Hessen sind im Jahr 2012  27 Menschen auf den Autobahnen gestorben. Für uns ist das Grund genug, weiterhin über ein Tempolimit nachzudenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE halten Sie fest, dass es auf einem Autobahnabschnitt vor Aufhebung der Geschwindigkeitsbegrenzung keine Toten und danach zwei Unfälle mit tödlichem Ausgang gegeben hat. Ich kann Ihnen noch mehr Beispiele liefern, die ich Ihnen aber vor ungefähr zwei Monaten schon erzählt habe. Aber vielleicht führen Wiederholungen bei Ihnen manchmal zum Umdenken. Ich glaube zwar nicht wirklich daran, ich versuche es aber trotzdem.

Dass die Schwere der Unfälle bei schneebedeckter Fahrbahn abnimmt, können auch Sie nicht leugnen. Das ist bewiesen. Mittels Statistik wurde festgestellt, dass im ersten Quartal 2012 die Zahl der Unfälle und Toten auf den hessischen Autobahnen und Landstraßen abgenommen hat. Vielleicht erinnern Sie sich: Es war ein harter Winter. Es lag viel Schnee. Es wurde mit geringerer Geschwindigkeit gefahren.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

– Nein, wir brauchen geringere Geschwindigkeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Zwischen November 1973 und März 1974 galt wegen der Ölkrise ein Tempolimit auf den Bundesautobahnen. Die Zahl der Getöteten und Schwerverletzten ging um 50 Prozent zurück. Das ist für Sie kein Argument. Von 1984 bis 1987 galt auf einigen Bundesautobahnen in Hessen ein Tempolimit von 100 km/h. Hierdurch sank auf den betroffenen Abschnitten die Zahl der Toten und Schwerverletzten um 25 Prozent bis 50 Prozent. Das ist für Sie kein Argument. Das können Sie doch nicht alles ignorieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Was mich aber besonders wundert, ist, dass sich die CDU hier zum Erfüllungsgehilfen der FDP macht. Ich hatte Ihnen das letzte Mal schon positiv berichtet, dass die CDU im Internet eine Kampagne macht, bei der sie schreibt:

DIE GRÜNEN haben 30 Jahre lang von Umweltpolitik geredet. Wer hat es gemacht? Die CDU.

Stolz haben Sie darauf verwiesen, dass es ein Bürgermeister der CDU war, der als Erster eine Tempo-30-Zone eingerichtet hat. Danach ist die Zahl der Unfälle um die Hälfte zurückgegangen. Wollen Sie von alldem nichts mehr wissen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Abschließend kann ich nur feststellen: CDU und FDP betreiben Wahlkampf auf Kosten der Verkehrssicherheit, des Klimaschutzes und des Verkehrsflusses. Packen Sie Ihren Dringlichen Entschließungsantrag in die Mottenkiste und holen Sie ihn niemals wieder heraus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Marius Weiß (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Frau Müller, vielen Dank.

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