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22.11.2012

Karin Müller: Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie werden sich nicht wundern, dass wir dem Gesetzentwurf auch in der zweiten Lesung nicht zustimmen. Dabei hatten wir, wie ich zugeben muss, eine sehr muntere und angeregte Debatte im Ausschuss.
(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))
– Herr Müller, ganz ruhig, ich komme noch zu den anderen Argumenten.
(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)
Jetzt wurde kurzfristig ein Änderungsantrag von CDU und FDP vorgelegt, in dem etwas von der Kritik der Anzuhörenden aufgenommen und eine Klarstellung vorgenommen wurde. Dem können wir zustimmen. Aber die grundsätzliche Ausrichtung des Gesetzentwurfs können wir nicht unterstützen; denn er gibt gerade keine Antworten auf die drängenden Fragen, was den Klimaschutz und die Finanzierung angeht: Was für Ziele haben Sie im ÖPNV? Wie viele Umstiege wollen Sie erreichen?
Die Zahl der Nutzer nimmt zu; das haben Sie selbst gesagt. Das muss weiter ausgebaut werden, und eigentlich muss man mehr bestellen. Aber indem Sie mehr Ebenen einziehen und neue Verwaltungsstrukturen schaffen, werden Sie keine neuen Einnahmequellen erschließen; denn so schlecht ist der ÖPNV nicht aufgestellt, als dass man das alles mit einer Umorganisation retten könnte.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn Sie den ÖPNV weiter stärken und ein bisschen auf den Klimaschutz achten würden, hätten wir auch das Thema Stau erledigt, über das wir vorhin diskutiert haben. Herr Caspar hat es vorgeschlagen, und ich finde, das ist eine super Idee: Jeweils 50 Menschen fahren nicht mehr mit dem Auto, sondern mit dem Bus, der eine besondere Spur bekommt und ganz schnell ist. Auf diese Weise hätte man das Stauproblem und das Klimaschutzproblem ganz schnell gelöst.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber wir vermissen in dem Gesetzentwurf einen weiteren Aspekt. Wir haben vor drei Jahren die Geltungsdauer des alten ÖPNV-Gesetzes um zwei Jahre verlängert. Es wurde argumentiert, dass auf der Bundesebene die Geltungsdauer des Personenbeförderungsgesetzes verlängert würde und man deswegen noch so lange warten und einige Anpassungen an die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vornehmen sollte.
Vor einem Jahr war immer noch nichts passiert. Also hat man gesagt, man verlängert die Geltungsdauer und macht dann eine große Novellierung des Gesetzes. Jetzt, am 2. November, ist das PBefG auf der Bundesebene in einem großen Konsens verabschiedet worden. Was steht im Gesetz? Nichts davon steht in dem Gesetz. Dann hätten sie auch nicht drei Jahre zu warten brauchen.
In diesem Gesetz wird auch das Thema Fernbuslinien behandelt. Herr Caspar, zu dem, was Sie vorhin gesagt haben: Wir waren nicht gegen die Fernbuslinien, sondern wir haben ihre Einrichtung an Bedingungen geknüpft. Wir haben uns nicht in allen Punkten durchsetzen können – so ist das in der Politik –, sondern mussten Kompromisse eingehen. Aber jetzt gibt es zumindest eine Regelung, wonach ein Fernbus eingesetzt werden kann, wenn die Entfernung mehr als 50 km beträgt, und die Barrierefreiheit in den Bussen bis 2019 hergestellt werden muss.
In dem Gesetz steht aber nichts davon, wie Sie das regeln und die Unternehmen darin unterstützen wollen. Gerade die FDP, die doch so unternehmerfreundlich ist, hätte darauf drängen müssen, dass man den Unternehmen vonseiten des Landes Angebote macht, wie die Barrierefreiheit bis 2020 komplett umzusetzen ist. Aber dazu finden wir in dem PBefG nichts weiter.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zurück zu der Anhörung. Ein ganz wesentlicher Punkt war die Finanzierung des ÖPNV. Das ist durchweg von allen angesprochen worden. Auch uns ist klar, dass das Land nicht jede Finanzierungslücke im ÖPNV schließen kann. So viel Geld – Sie haben die Schuldenbremse erwähnt – haben wir nicht. Aber dass die Landesregierung nichts in den Haushalt einstellt, sondern nur die Bundesmittel und die KFA-Mittel durchreicht, ist zu wenig.
Außerdem schaffen Sie noch nicht einmal Möglichkeiten für die Kommunen, neue Einnahmen zu generieren. Ein Beispiel, das ich immer gern nenne, ist die Stellplatzergänzungsabgabe in Frankfurt. Das hat für Frankfurt 10 Millionen Euro aus gemacht. Herr Caspar hat gesagt, das sei Peanuts, das bringe nichts. Sie werden wahrscheinlich gleich wieder sagen, dass es die Stellplatzsatzung noch gibt. Ja, die gibt es; aber die Stellplatzeinschränkungssatzung existiert nicht mehr. Das war die Grundlage für die Stadt Frankfurt, Gebühren zu erheben, obwohl keine Stellplätze errechnet werden konnten. Die haben Sie abgeschafft.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es sind auch keine Ideen enthalten, wir man Anreize schafft, um den Verkehr zu verlagern, oder wie man eine Nahverkehrsabgabe gestaltet. Es steht dort nichts darüber, wie man die Einnahmen kann. Die Stelle des Mobilitätsbeauftragten ist das Einzige, was man dort findet. Sie haben sich gewundert, dass sich Herr Dieter darüber aufgeregt hat.
(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP)
– Ja, aber er hat sich auch darüber aufgeregt. Sie können es noch einmal nachlesen. Dort sind explizit 50.000 € aufgeführt. Das gibt es bei keinem anderen Beauftragten, dass das explizit im Gesetz steht. Dass sich dann all diejenigen, die selbst sparen sollen, darüber aufregen, sollte Sie nicht allzu sehr verwundern.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))
– Genau. – Aber selbst bei den Regionalisierungsmitteln vermisse ich das Engagement der Landesregierung. Herr Saebisch hat gesagt, Sie würden sich engagieren. Ich habe hier noch nichts davon gesehen. In anderen Bundesländern werden Anträge gestellt, z. B. im Zusammenhang mit dem GVFG. Das sind investive Mittel.
(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))
– Sie brauchen mich nicht zu korrigieren. Aber Sie, Herr Müller, haben in einer Ausschusssitzung angekündigt, die Landesregierung werde einen Gesetzentwurf vorlegen.
Präsident Norbert Kartmann:
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Karin Müller:
Ich habe noch zwei Sekunden.
(Zurufe: Jetzt nicht mehr! – Heiterkeit)
Es ist nichts passiert.
Präsident Norbert Kartmann:
Frau Kollegin, Ihre Uhr geht falsch. Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.
Karin Müller:
Ich komme zum Schluss. – Nichts passiert, und wenn uns nichts vorliegt, sehen wir auch nicht, dass Sie sich engagieren. Ich fasse zusammen: Dieser Gesetzentwurf liefert keine Antworten auf die Fragen der Zukunft in Bezug auf die Finanzierung und den Klimaschutz. Deswegen werden wir ihn ablehnen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Norbert Kartmann:
Vielen Dank.

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