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15.12.2011

Kai Klose: Verkauf landeseigener Wohnungen

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Caspar, ich finde Ihre Ausführungen bemerkenswert: Der Finanzminister gibt der „FAZ“ ein Interview, verunsichert die Beschäftigten, die Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner, die Mieterinnen und Mieter, und Sie beschuldigen die Opposition, die Menschen zu verunsichern. Es waren Ihr Minister und Herr Rentsch, die sich dazu geäußert haben, sonst niemand.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Deshalb erhebe ich jetzt die Forderung, die Landesregierung möge uns sagen, was damit gemeint ist. Der Herr Finanzminister hätte sich ja vorher überlegen können, ob er das Thema im Interview anspricht und wie er das tut. Er sollte eigentlich dankbar sein, dass er jetzt und hier von der SPD-Fraktion die Gelegenheit eingeräumt bekommt, das näher zu erläutern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Zur Begründung: Die Landesregierung und ihre Vorgängerin stellen die Heimstätte seit 1999 immer wieder in Abrede. Zur Begründung für diesen neuerlichen Aufguss können wir in der „FAZ“ – und zwar bemerkenswerterweise nicht vom Finanzminister, sondern aus dem Munde von Herrn Rentsch – lesen: „Wir trennen uns von Sachen, die wir nicht mehr benötigen. Wir setzen um, was wir im Koalitionsvertrag beschlossen haben.“ – Das ist beinahe peinlich, denn auch wenn man das vielleicht auf die aktuell sehr bewegte Lage Ihrer Partei zurückführen will, muss man sagen: Das steht nicht in Ihrem Koalitionsvertrag – jedenfalls nicht in dem Teil, der öffentlich bekannt ist.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da steht nämlich, dass Sie die Landesbeteiligungen auf ihre strategische Sinnhaftigkeit untersuchen wollen; wenn Sie dabei zu dem Schluss kommen, eine Beteiligung sei nicht sinnvoll, dann wollen Sie die Finanzkrise vorbeigehen lassen, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Das steht in Ihrem Koalitionsvertrag. Falls Sie heute von hier aus die Finanzkrise für erledigt erklären wollen, bitte sehr. Für die „heute-show“ morgen Abend dürfte es noch reichen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Auf der nächsten Seite wird Finanzminister Dr. Schäfer in der Überschrift mit den Worten zitiert: Privatisierung ist kein Selbstzweck. – Herr Minister, das ist richtig. Diese Erkenntnis scheint bei Ihnen zumindest vorhanden zu sein. Es fehlt Ihnen aber offensichtlich entweder an der richtigen didaktischen Vermittlung oder an der Durchsetzungskraft gegenüber Ihrem Koalitionspartner. Das ist bedauerlich. Für Ihren Koalitionspartner steht der Verkauf nämlich offenbar fest, während Sie noch nicht ganz so sicher zu sein scheinen; jedenfalls wollen Sie den Eindruck erwecken. Das muss uns große Sorgen machen, denn bei allen Themen der sozialen Infrastruktur des Landes hat sich in dieser Regierung bisher der Schwanz durchgesetzt und mit dem Hund gewackelt. Sie haben die Fehlbelegungsabgabe abgeschafft – übrigens nach wie vor ohne jeden Ersatz. Sie sind hier und im Bund munter dabei, wenn die „Soziale Stadt“ kaputtgespart wird. Jetzt legen Sie die Axt an ein öffentliches Wohnungsunternehmen. Sie schlagen sich Ast für Ast Ihre sozialpolitischen Identität ab – auch die war einmal ein zentraler Teil des Programms der Volkspartei CDU – und werfen die Äste Ihrem ertrinkenden Koalitionspartner zu. So, meine Damen und Herren von der CDU, werden Sie am Ende mit untergehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten de SPD und der LINKEN)

Herr Minister Schäfer, Sie halten laut dem Interview die Beteiligung an der Fraport für eine strategische Beteiligung, die an der Nassauische Heimstätte aber nicht. Ich sage Ihnen: Das Engagement des Landes bei der Heimstätte ist ein strategisches Investment, auf das gerade jetzt nicht verzichtet werden darf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Gerade in den Ballungsräumen – Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt gehören nach wie vor zu den teuersten Pflastern in der Republik – ist es notwendig, dass es jemanden gibt, der preisgünstigen Wohnraum anbietet. Gerade bei den verbliebenen „Soziale-Stadt“-Projekten, die Herr Posch gern in Broschüren preist, ist die Zusammenarbeit der Kommunen mit den öffentlichen Wohnungsgesellschaften ein ganz unverzichtbarer Bestandteil für den Erfolg er Projekte. Herr Minister, Sie haben auf dem Energiegipfel die Arbeitsgruppe zu Energieeffizienz und Energieeinsparung geleitet. Sie wissen wohl, welche Herkulesaufgabe gerade im Bereich der Mietwohnungen vor uns liegt. Auch dafür brauchen wir öffentliche Unternehmen am Markt, die dafür sorgen, dass die nötige Modernisierung und Sanierung für die Mieterinnen und Mieter bezahlbar bleibt.

Die Nassauische Heimstätte ist ein strategisches Investment. Ihre Vorstellung von Weihnachten, die darin besteht, den einen die stille Nacht zu nehmen und den anderen Angst davor einzujagen, dass sie die eigene Wohnung nicht mehr finanzieren können, hat mit dem Fest der Liebe nichts mehr gemeinsam. Nutzen Sie die Feiertage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erinnern Sie sich an den Aufruf Ihres Justizministers zur stillen Demut. Gehen Sie in sich, und überlegen Sie sich, ob das noch die Politik ist, für die Sie alle einmal angetreten sind. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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