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08.03.2016

Kai Klose: Regierungserklärung

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Kollege Roboter schafft mit“, „Apple bringt Gesundheitsmanager fürs Handgelenk heraus“, „Klinik setzt auf virtuellen Assistenzarzt“, „Darmstadt bekommt ein Zentrum für Industrie 4.0“ – das sind nur einige wenige Schlagzeilen aus den letzten Wochen. Solche Nachrichten sind inzwischen für uns so alltäglich, dass wir sie gar nicht mehr in einen größeren Zusammenhang stellen.

Dabei sind diese Schlagzeilen Zeichen eines historischen Umbruchs. Sie dokumentieren die zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Sie dokumentieren die Dynamik eines Wandels, der uns längst erfasst hat. Es ist gut und wichtig, dass sich Staatsminister Al-Wazir dieses Themas angenommen und die Leitlinien der Landesregierung für den Umgang mit der Digitalisierung heute in Form einer wirklich zukunftsweisenden Regierungserklärung dargestellt hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das Thema ist es wirklich wert, zunächst etwas grundsätzlicher betrachtet zu werden. Es waren im Laufe der menschlichen Geschichte immer wieder Schlüsselinnovationen, die das Bestehende umgewälzt und Fortschritte gebracht haben. Manchmal haben sich diese Innovationen allmählich Raum geschaffen, manchmal kamen sie mit großer Wucht. Denken Sie beispielsweise an den Buchdruck, der das Wissen allen zugänglich machte, oder an die Erfindung der bereits erwähnten Dampfmaschine. Diese Innovationsschritte werden nicht umsonst als revolutionär bezeichnet.

Ich teile die Einschätzung einiger meiner Vorrednerinnen und Vorredner: Auch jetzt befinden wir uns in einem revolutionären Prozess. Die digitale Revolution verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, wie wir produzieren, wie wir konsumieren und sogar, wie wir leben, von Grund auf. Sie begegnet uns aber auch in einer Zeit, in der gleichzeitig die Angst vor Veränderungen leider wieder um sich greift. Das wurde uns am vergangenen Sonntag bitter bewusst: „Change“ ist aktuell leider kein Ausdruck von Hoffnung.

Deshalb wird es nach meiner festen Überzeugung sehr darauf ankommen, unsere Gesellschaft auf diesem Weg mitzunehmen, sich also nicht nur am technischen Fortschritt zu begeistern, sondern auch darauf zu achten, dass niemand abgehängt wird. Deshalb trifft der Untertitel Ihrer „Strategie Digitales Hessen“, nämlich „Intelligent. Vernetzt. Für Alle“, den Kern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Minister, gerade weil dieser Wandel so grundsätzlich ist und in alle Lebensbereiche hineinwirkt, ist Ihr Ansatz gut gewählt, daraus einen Bottom-up-Prozess mit mehr als 500 beteiligten Expertinnen und Experten zu machen, statt Top-down zu erklären, wie die digitale Welt zu werden habe. Dazu will ich Sie ausdrücklich beglückwünschen.

Meine Damen und Herren, Daten sind neben Arbeit, Kapital und Rohstoffen längst zu einem zentralen Produktionsfaktor geworden. Nicht umsonst hat unser Konzeptpapier zur grünen Wirtschaftspolitik aus dem Jahr 2012 diesen Fakt bereits in seinem Titel aufgenommen.

Wir buchen unsere Reisen längst vom Sofa aus, statt ins Reisebüro zu gehen; wir tätigen unsere Geldgeschäft online, statt zur Bank zu gehen; wir besorgen uns beinahe jede Information der Welt an beinahe jedem Ort in der Welt, und wir schicken in kürzester Zeit riesige Datenmengen um den Globus. Wir arbeiten über Ländergrenzen und Kontinente hinweg gemeinsam an Projekten. Das Tempo dieser Digitalisierung und Vernetzung nimmt dabei stetig zu.

Wenn wir vom Internet der Dinge oder von Industrie 4.0 sprechen, geht es im Grunde um das Einswerden von und Soft- und Hardware. Die Prozesse in und zwischen Unternehmen werden zunehmend durchdigitalisiert und vernetzt. Die Unternehmenssoftware beispielsweise weiß selbst, wann sie einen zur Neige gehenden Rohstoff nachbestellen muss, und macht das vollautomatisch.

Diese Entwicklung ist längst auch in den Leitbranchen der hessischen Wirtschaft angekommen: in der Logistik, beim Automobil- und Maschinenbau, in der pharmazeutischen und chemischen Industrie, aber natürlich auch bei den Finanzdienstleistern. Gleichzeitig wollen wir keine Entmenschlichung der Arbeit. Deshalb sind wir über dieses Thema auch mit den hessischen Gewerkschaften schon länger im Gespräch.

Die Digitalisierung wirkt aber genauso in die Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens hinein. Es ist großartig, dass wir unsere Fotobücher mit wenigen Klicks selbst zusammenstellen oder – um ein lebenspraktisches Beispiel zu nennen, mit dem wir alle Erfahrung haben – unsere Wahlplakate mit wenigen Klicks selbst zusammensetzen können.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Da kann man noch viel lernen!)

Es ist ein echter Komfortgewinn, wenn ich meine Heizung unterwegs steuern und daher auf dem Nachhauseweg meine Wohnung heizen kann. Es ist ein Plus an Lebensqualität, wenn ältere Menschen künftig mithilfe selbst fahrender Autos länger als bisher selbstständig bleiben können.
Wer kauft noch CDs oder DVDs, wenn er seine Musik und seine Filme jederzeit aus dem Internet streamen kann?

(Michael Boddenberg (CDU): Schallplatten!)

Neben diesen Gewinnen stellt sich aber für den Einzelnen immer auch die Frage: Wie weit bin ich bereit, mich durch die Bereitstellung meiner Daten zum gläsernen Kunden zu machen, der ständig durch Algorithmen optimierte Einkaufsempfehlungen zugesandt bekommt?

Gleichzeitig verändert die Digitalisierung unsere Arbeitswelt. Ich kann immer mehr arbeiten, wo ich will, wie ich will und wann ich will. Es sind nicht mehr Ort und Zeit entscheidend, sondern Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Darin liegt auf der einen Seite ein Mehr an Freiheit und Zeitsouveränität. Gerade für Menschen mit kleinen Kindern ist das eine große Chance.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Freiheit von sozialer Sicherheit!)

Es gehen aber auch Risiken damit einher. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen abhängiger und selbstständiger Tätigkeit, manchmal sogar zwischen Selbstbestimmung und Selbstausbeutung verwischen immer mehr. Smartphones rund um die Uhr verführen zu permanenter Erreichbarkeit. Es entstehen neue Anforderungen an Kommunikation, an Qualifizierung, an die Organisation von Arbeit. Deshalb gehört es auch dazu, dass wir unsere Arbeits- und Sozialstandards weiterentwickeln. Wir wollen nicht, dass die Digitalisierung ein neues Prekariat hervorbringt. Unser Ziel ist es, auch in Zeiten der Digitalisierung gute Arbeit und soziale Sicherheit zu gewährleisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Denn Teil der Digitalisierung ist es auch, dass die Zeit, aufzutanken und abzuschalten, verloren geht, dass sich Arbeit immer mehr verdichtet. Wenn ich technische Geräte nutze, die meine Biodaten messen und mir sagen, wie viele Schritte ich mich heute noch bewegen soll – wo endet denn diese digitale Selbstoptimierung eigentlich, um unserer Leistungskultur gerecht zu werden? Und wie viel Entfremdung von uns selbst bringt das mit sich? Auch diese Fragen sind Teil einer verantwortungsvollen Auseinandersetzung mit dem Megatrend Digitalisierung.

Meine Damen und Herren, unser Bundesland Hessen ist bestens aufgestellt, um die Chancen der digitalen Revolution zu ergreifen. Hessen ist mit seiner Lage, seiner Internationalität und seinen Voraussetzungen eine der führenden europäischen Regionen. Mehr als 70 % der hessischen Haushalte verfügen dank der Anstrengungen der Landesregierung, aber auch der Kommunen, denen wir erst die entsprechende wirtschaftliche Betätigung ermöglicht haben, über eine schnelle Breitbandversorgung. Unser Ehrgeiz ist es, die flächendeckende Versorgung mit mehr als 50 MBit/s bis 2018 abgeschlossen zu haben. Erst vor wenigen Tagen hat die Landesregierung dazu beispielsweise ein Darlehen von mehr als 43 Millionen € bereitgestellt, um die Region Wetterau/Vogelsberg fit für die Gegenwart zu machen.

Endlich wird anerkannt, dass die Breitbandversorgung längst zu einem entscheidenden Standortfaktor für die Ansiedlung von Unternehmen, aber auch von Menschen geworden ist. Der weltgrößte Internetknoten hat sich auch nicht zufällig in Frankfurt angesiedelt, und ultraschnelles Breitband mit 400-MBit/s-Anschlüssen kommt, der Minister hat es ausgeführt, bis 2020.

Hessen fördert außerdem öffentliches WLAN. Die Landesregierung hat sich im Bundesrat für die Überwindung der Störerhaftung stark gemacht. Zusätzlich, der Minister hat es gesagt, wird es neben Darlehen und Beratung erstmals auch direkte Zuschüsse für den Breitbandausbau geben. Das ist eine klare Prioritätensetzung, und sie ist richtig, weil Infrastruktur heute nicht mehr zuvorderst mit Betonmischer oder Dampfwalze geschaffen wird.

Ja, auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen Hessens für die Digitalisierung sind hervorragend. Unser Mittelstand ist weltspitze. Er ist nicht nur Teil des Wandels, er treibt ihn auch im internationalen Maßstab voran und gestaltet ihn mit. Es ist kein Zufall, dass in Darmstadt am Freitag das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum eröffnet wird. Diese Region ist als eine von fünf bundesweit ausgewählt worden, und sie wird Leitfunktion für dieses Thema übernehmen. In und um Darmstadt arbeiten etwa 70.000 Menschen in der IT-Branche. Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten hier, gerade auch durch die vorbildliche Netzwerkfunktion von Technischer Universität, Industrie- und Handelskammer und dem House of IT, beispielhaft zusammen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Genau diesen Transfer brauchen wir, wenn wir weiter an der Spitze sein wollen. Ohne Neugier, ohne den Mut zum Schritt ins Ungewisse, ja, auch ohne das Risiko des Scheiterns in Kauf zu nehmen, gibt es keine Innovation. Unternehmergeist, Forscherantrieb und Erfindungsreichtum sind die Triebfedern des Fortschritts. Das gilt ganz besonders auch für den der digitalen Revolution. Deshalb ist es richtig, dass zur Mittelstandsoffensive auch eine Gründeroffensive gehört. Es ist gut, dass die Landesregierung die Gründung zu einem ihrer wirtschaftpolitischen Schwerpunkte gemacht hat. Eine der Herausforderungen an dieser Stelle ist es, Kapital zu akquirieren, um innovative Gründerinnen und Gründer nicht nur in der Anfangs-, sondern auch in der oft schwierigeren Phase der Etablierung am Markt zu unterstützen.

An dieser Stelle sind wir auch bei digitalen Start-ups mit der Frage konfrontiert, wie wir eigentlich Menschen begegnen, die sich auf ein unternehmerisches Wagnis einlassen. Ich glaube, wir sind gut beraten, den Menschen mit Unternehmergeist Respekt gegenüberzubringen, ausdrücklich auch denen, die mit der einen oder anderen Gründung vielleicht schon einmal Schiffbruch erlitten haben. Eine solche Kultur der zweiten oder dritten Chance ist bei leider nach wie vor unterentwickelt. Wenn wir aber gerade in das heute schon viel zitierte Silicon Valley schauen, dann stellen wir fest, diese in den USA viel lebendigere Kultur ist einer der Schlüssel dafür, dass die Region zu einem der Innovationskerne der digitalen Revolution geworden ist. Es ist deshalb gut und richtig, dass sich der Ministerpräsident an der Spitze einer Delegation aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Mai an diesen Hotspot der Digitalisierung begibt.

Meine Damen und Herren, es reicht nicht mehr aus, Technik und Geschäftsmodelle in kleinen Schritten weiterzuentwickeln und einander anzupassen. Es geht inzwischen oft mehr um die Suche nach neuen Geschäftsmodellen, gerade im Hinblick auf die produktbegleitenden Dienstleistungen. Apple beispielsweise macht damit bei vielen Kunden heute bereits mehr Umsatz als mit dem Verkauf seines iPhones.

Auch unser deutsches, europäisches Denken vom Produkt und von seiner traditionellen industriellen Herstellung her muss sich deshalb verändern. Es geht um Wissen, es geht um Ideen, die sich in Sekundenschnelle über das Netz verbreiten können. Deshalb ist das Ziel der Landesregierung genau richtig, jetzt den Fokus auf die kleinen und mittleren Unternehmen zu legen; denn dort liegt beim Thema Digitalisierung die eigentliche wirtschaftspolitische Herausforderung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Gerade Hessen als starker Standort der Anbieter von Finanzdienstleistungen kann gut an bestehende Erfahrungen andocken. Staatsminister Al-Wazir hat auf die wichtige Fintech-Initiative hingewiesen. Ein Fintech-Hub in Frankfurt, der die Anbieter von Finanzdienstleistungen mit denen moderner Technologien verknüpft, wäre eine wichtige Stärkung für den Finanzplatz.

Gleichzeitig liegen aber auch Risiken für unsere Betriebe in der digitalen Revolution. Denn Industrie 4.0 heißt nicht nur, alles, was in der Fabrik ist, wird vernetzt. Industrie 4.0 heißt auch, raus aus der Fabrik. Die Vernetzung seiner Firma wird aber nur der Unternehmer vorantreiben, der weiß, dass er seine Betriebsgeheimnisse nicht leichtfertig dem Diebstahl aussetzt. Wie können wir als Staat dazu beitragen, trotz der stetig anschwellenden Datenmengen Sicherheit und Vertrauen zu gewährleisten? Das ist nämlich Teil unseres Jobs.

Mit dem CRISP, dem Center for Research in Security and Privacy in Darmstadt, ist eine der international wichtigsten Forschungseinrichtungen für IT-Sicherheit und Datenschutz entstanden. Hessen nimmt also auch in diesem Bereich eine Führungsrolle wahr.

Auch wenn man angesichts dessen, was Menschen freiwillig in sozialen Netzwerken von sich preisgeben, manchmal ins Zweifeln geraten kann, glaube ich doch, dass es für die Bürgerinnen und Bürger wichtig ist, dass ihre Privatsphäre gesichert ist und dass ihre persönlichen Daten vor Missbrauch und Diebstahl geschützt sind. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass sie den digitalen Wandel dauerhaft konstruktiv begleiten. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung auch die Informationsangebote zum digitalen Verbraucherschutz ausbaut. Denn ohne Sicherheit wächst kein Vertrauen, und ohne Vertrauen gibt es keinen digitalen Wandel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dabei ist völlig klar, dass es im Netz keine absolute Sicherheit gibt und wahrscheinlich auch niemals geben wird. Es muss dennoch unser Anspruch sein, die digitalen Werkzeuge und Anwendungen, die wir nutzen, immer sicherer zu machen, je digitaler die Welt wird. Dabei geht es nicht nur um die Datensicherheit; es geht auch um den Schutz der Daten, und es geht um die Bekämpfung der Cyberkriminalität.

Meine Damen und Herren, wie vermitteln wir uns selbst, aber gerade auch den nachkommenden Generationen einen reflektierten Umgang mit der neuen digitalen Welt?
Wer will denn bitte schön in einer Gesellschaft leben, in der man zwar Tausende digitaler Freunde aber keinen einzigen echten Freund hat? Wer will in einer Gesellschaft leben, in der Kinder am Tag zehn Stunden lang online sind, ständig über WhatsApp chatten, aber eine Eiche nicht von einer Buche unterscheiden können?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Solche unmittelbaren Erfahrungen zu machen, diese ganz grundlegenden Dinge, werden in Zeiten der Digitalisierung eher wichtiger als je zuvor; denn keine Technik der Welt kann am Ende gesellschaftlichen Zusammenhalt ersetzen. Deshalb ist es wichtig und richtig die digitale Kompetenz von Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern gezielt zu stärken und die Ausstattung der Schulen zu verbessern.

Die Digitalisierung kann uns außerdem wertvolle Dienste leisten, um uns an den demografischen Wandel anzupassen und die Qualität unseres Gesundheitssystems zu sichern. Telemedizin und altersgerechte Assistenzsysteme haben gerade für exzellente Versorgungsbedingungen im ländlichen Raum große Bedeutung.

Im Odenwaldkreis geschieht das beispielsweise bei der ärztlichen Versorgung in Pflegeheimen bereits beispielhaft: Dort regeln Ärzte über eine webbasierte Software Terminplanung und Informationsaustausch aber auch die Versorgung mit Medikamenten bzw. Heil- und Pflegemittel. Es ist gut, dass Hessen sich diesen Möglichkeiten mit einem eigenen Kompetenzzentrum für Telemedizin und E-Health widmen will.

Schließlich zur Mobilität. Diese Landesregierung investiert erhebliche Summen in den Erhalt der Straßen. Glücklicherweise hat das Prinzip, Staus dadurch zu beseitigen, dass wir ihnen eine Straße nach der anderen hinterher bauen, endlich ein Ende gefunden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Digitalisierung hilft nämlich auch bei der Mobilität dabei, Hardware mithilfe von Software intelligenter zu machen. Kein modernes Verkehrsmanagement kommt ohne intelligente Verkehrssysteme aus. Die Echtzeit-Informationen zur Stauvermeidung sind eine Grundlage, die Vernetzung der verschiedenen Verkehrsangebote und das Carsharing sind weitere.

Meine Damen und Herren, unser heutiger Wohlstand ist in weiten Teilen Resultat unseres Raubbaus an der Natur. Wir leben über unsere ökologischen Verhältnisse. Das ist weder nachhaltig noch zukunftsfähig. Deshalb müssen wir dringend intelligent wachsen. Da uns GRÜNEN Umweltschutz und damit auch die Energiewende naturgemäß besonders am Herzen liegen, sehen wir in der Digitalisierung auch erhebliche Chancen, das Wirtschaftswachstum vom Naturverbrauch zu entkoppeln; denn die Effizienz bei der Nutzung von Ressourcen und Energie ist schon heute von überragender Bedeutung im Produktionsprozess und wird sicher noch wichtiger.

Ähnliches gilt für die Stromnetze der Zukunft und die nötige Integration regenerativer Quellen. Virtuelle Kraftwerke, ein modernes Lastmanagement, intelligente Steuerungstechnik – all das sind Instrumente, die ohne die Digitalisierung so nicht zur Verfügung stünden. Die Digitalisierung trägt auch dazu bei, ökologische Modernisierung voranzutreiben. Sie erleichtert das Teilen statt des Besitzes von Produkten. Es braucht eben nicht mehr jeder ein Auto zur ständigen Verfügung, wenn er sich durch intelligente Vernetzung eines teilen kann. So verbrauchen wir weniger Ressourcen bei gleichem Wohlstandslevel.

Wir wollen die Digitalisierung nutzen, um die Bürgergesellschaft zu stärken. Es gibt bereits einfache Webplattformen, die den direkten Dialog ermöglichen auch zwischen uns Politikerinnen und Politikern und den Bürgern. Weiter geht beispielsweise die Stadt Darmstadt, die in Kooperation mit dem House of IT am Konzept Green Smart City Darmstadt arbeitet. Hier werden neben Maßnahmen zur ressourcenschonenden Stadtentwicklung auch Projekte zur Bürgerbeteiligung und Dienstleistungen der Stadtverwaltung entwickelt, um Verwaltungsprozesse transparenter zu machen.

Wir GRÜNE werden aber auch die Risiken im Blick behalten. Wir wollen weder gläserne Bürger noch gläserne Unternehmen. Es ist richtig, dass das Bundeskartellamt überprüft, ob Facebook seine marktbeherrschende Stellung ausnutzt und Kunden widerrechtlich zwingt, AGB-Änderungen zuzustimmen, damit das Unternehmen immer mehr ihrer Daten sammeln kann. Da werden wir weiter genau hinschauen, weil Datenschutz und Datensicherheit für uns sehr hohen Stellenwert haben.

Die Digitalisierung bietet erhebliche Chancen dafür, dass unsere starke Wirtschaft auch künftig global bestehen kann. Sie bietet erhebliche Chancen, unsere Lebensqualität zu steigern. Sie bietet die Chance, Wirtschaftswachstum vom Naturverbrauch zu entkoppeln. Sie birgt aber auch Risiken, die wir sehen und minimieren müssen. Es besteht kein Anlass zu Fortschrittsskeptizismus, und Hessen – das hat die Regierungserklärung von Herrn Staatsminister Al-Wazir gezeigt –, ist für die Herausforderung der Digitalisierung gut gewappnet.

Die Strategie Digitales Hessen zeigt den Weg auf. Sie setzt die richtigen Akzente, und ihre regelmäßige Fortschreibung garantiert, dass Hessen weiter Teil der digitalen Spitze ist. Sie finden uns bei der Umsetzung dieser Strategie jederzeit an Ihrer Seite. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Präsident Norbert Kartmann:
Vielen Dank.

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