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12.03.2014

Kai Klose: Meisterbrief als Qualitätssiegel erhalten

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Handwerk ist auch in Hessen tatsächlich die Wirtschaftsmacht von nebenan, als die es sich schon seit einigen Jahren so erfolgreich präsentiert. Im hessischen Handwerk arbeiten rund 330.000 Menschen. Wenn man das mit dem ebenfalls sehr bedeutenden Finanzplatz Frankfurt vergleicht, wo etwa 70.000 Menschen Lohn und Brot gegeben wird, zeigt dies die besondere Bedeutung des Handwerks.

Gleichzeitig, auch das wurde bereits erwähnt, ist der Beitrag des Handwerks zur beruflichen Bildung weit überdurchschnittlich. Gerade die von Handwerksmeisterinnen und -meistern geführten Betriebe zeichnen sich durch besonders großes Ausbildungsengagement aus. Als großer Kunde der Industrie ist unser Handwerk außerdem wichtig für die Binnenkonjunktur. Damit bildet es eine unverzichtbare Ergänzung zum Export.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Bereits diese drei Beispiele zeigen die besondere Bedeutung des Handwerks für unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Deshalb ist es ein gutes Zeichen, wenn der Hessische Handwerkstag Anfang dieses Jahres über die gute Stimmung in seinen Betrieben und über deren positive Erwartungen für 2014 berichtet. Ich möchte deshalb heute dem hessischen Handwerk auch von hier aus für diese Entwicklung wie auch für seine besondere Ausbildungsleistung danken. – Wir haben hohen Respekt vor der Leistung, die Sie erbringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Handwerkspräsident Ehinger hat diese positive Entwicklung vor Kurzem in einer Pressemitteilung maßgeblich auf zwei Faktoren zurückgeführt: Zum einen darauf, dass insbesondere das Ausbaugewerbe von der Energiewende profitiere und zum anderen, dass regional und handwerklich hergestellte Produkte immer beliebter würden. Dazu kann ich nur sagen, dass das Handwerk längst mir Erfolg das verwirklicht, was eines der Leitmotive unserer neuen Landesregierung ist, nämlich auch mit grünen Ideen schwarze Zahlen zu schreiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Gleichzeitig steht das Handwerk vor immer wieder neuen Herausforderungen. Gerade weil es auch in besonderem Maße von der Energiewende profitiert, müssen wir jetzt gemeinsam alles daran setzen, dass die Energiewende nicht durch undurchdachte bundespolitische Maßnahmen kaputt gemacht wird – auch das gehört dazu, wenn wir heute über das Handwerk sprechen –: Wer die Axt an das Erneuerbare-Energien-Gesetz legt, der legt damit auch die Axt an die ungeheure konjunkturelle Dynamik, die dieses Gesetz insbesondere dem Handwerk beschert hat. Das ist nicht nur falsch, sondern für das Gelingen der Energiewende auch gefährlich. Wir sind der Landesregierung und insbesondere Minister Al-Wazir dankbar für seine energische Intervention gegenüber dem Bundeswirtschaftsminister.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist eine der Daueraufgaben des Staates, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Handwerk so weiterzuentwickeln, dass die Betriebe reaktions- und anpassungsfähig bleiben. Aktuell sind das besonders zwei wichtige Veränderungsprozesse, die der Antrag von CDU und GRÜNEN entsprechend thematisiert. Erstens die Verwirklichung und Weiterentwicklung des europäischen Binnenmarktes mit seinen vier Grundfreiheiten: Dem freien Warenverkehr, der Personenfreizügigkeit, der Dienstleistungsfreiheit und dem freien Kapital- und Zahlungsverkehr. Wie jede andere Branche agiert auch das Handwerk auf diesem Markt und nutzt übrigens auch die Chancen, die der Binnenmarkt bietet.

Natürlich funktioniert der europäische Binnenmarkt nicht als Einbahnstraße – wer von offenen Grenzen profitieren will, muss sich auch selbst öffnen. Deshalb unterstützten wir ausdrücklich das von der EU-Kommission verfolgte Ziel, ungerechtfertigte Berufsschranken zu beseitigen und so für mehr Beschäftigung, mehr Wertschöpfung und auch mehr Wachstum zu sorgen.

Gerade die südeuropäischen Länder mit ihren hohen Arbeitslosenquoten warten auf solche Impulse.

Wir GRÜNE halten die Reform der Handwerksordnung, die der damalige SPD-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement 2004 als Baustein der Agenda durchgesetzt hat, für richtig. Er hat damals das Ziel verwirklicht, Schwarzarbeit in diesem Bereich einzudämmen und Unternehmensgründungen zu erleichtern. Aber wir halten eine weitere Novellierung der Handwerksordnung derzeit für nicht erforderlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Denn genauso richtig, wie die Novelle der Handwerksordnung damals war, ist es auch, den von einer Meisterin oder einem Meister geführten Betrieb in Handwerken zu erhalten, die als gefahrgeneigt angesehen werden oder die eine besonders hohe Ausbildungsleistung erbringen. Eine noch weiter gehende Öffnung der Handwerksordnung birgt aus unserer Sicht das Risiko, dass Verbraucherinnen und Verbraucher schlechter vor Pfusch geschützt werden als bisher. Überall dort, wo Pfusch lebensgefährlich werden kann, muss der Staat Grenzen setzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Auch deshalb wollen wir den Meisterbrief als Qualitätssiegel erhalten. Es wäre falsch, die bestehenden besonderen Qualitätsstandards bei der Berufsausbildung und -ausübung, die mit dem Meisterbrief einhergehen, zulasten des Schutzes der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch der Wettbewerbsfähigkeit unserer Handwerksbetriebe zu verringern.

Gerade in Zeiten des sich erschwerenden Generationswechsels in den Betrieben, in denen unser duales Ausbildungssystem europa-, wenn nicht weltweit neidvoll betrachtet wird, ist der Meisterbrief unentbehrlich. Nur der Meisterbrief in seiner jetzigen Form garantiert dieses hohe Ausbildungsniveau. Da schließen wir uns voll und ganz dem Bundesrat an, der darauf hinweist, dass der Meisterbrief – hier darf ich zitieren –:

… nicht nur die erforderlichen Fachkompetenzen vermittelt …, sondern auch arbeitspädagogische und betriebswirtschaftliche Grundlagen, welche für eine erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit und die Befähigung zur Ausbildung von Nachwuchskräften unabdingbar sind.

Meine Damen und Herren, sichere und hochwertige handwerkliche Waren und Dienstleistungen können nur von Betrieben erstellt und erbracht werden, in denen fachkundige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind. Die von Meisterinnen und Meistern geführten Betriebe zeichnen deshalb sowohl ihre besondere Wettbewerbsfähigkeit als auch ihre charakteristische Ausbildungsleistung aus. Wir wollen nicht, dass diese Ausbildungsleistung abnimmt und dadurch mehr Jugendliche durch staatlich finanzierte Angebote außerhalb des dualen Systems für den Arbeitsmarkt qualifiziert werden müssten.

Gleichzeitig bleibt es unsere wirtschaftspolitische Aufgabe, die Bedingungen des Binnenmarkts mit den Anforderungen des Verbraucherschutzes, der Wettbewerbsfähigkeit und der Ausbildungsleistung abzustimmen. Da finde ich, Herr Kollege Frankenberger, dass es dem Hessischen Landtag guttut, wenn er einmal über ein Thema spricht, in dem im Großen und Ganzen eine hohe Einigkeit besteht. Denn Ziel dieser Debatte ist es, auch ein Signal nach Berlin und nach Brüssel zu senden. Wenn wir uns da einig sind, wird es ein umso stärkeres Signal.

Meine Damen und Herren, deutsches Handwerk und europäische Integration stehen nicht im Gegensatz zueinander. Wir wollen ihre jeweils besten Eigenschaften zusammenbringen und harmonisieren, damit das Handwerk auch weiterhin einen wertvollen Beitrag zum europäischen Wohlstand leisten kann. In diesem Sinne freue ich mich, dass es hier in der Sache im Kern einen großen Konsens zu geben scheint. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Herr Kollege Klose.

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