Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits im letzten Plenum über die Fehlbelegungsabgabe debattiert. Heute wird darüber entschieden, ob Sie den hessischen Kommunen dadurch, dass Sie das Gesetz auslaufen lassen, die einzigen Mittel entziehen, die diese derzeit noch in den sozialen Wohnungsbau investieren können, oder ob Sie dem, was in unserem Gesetzentwurf steht, folgen und den Städten und Gemeinden dieses bewährte Instrument über den 30. Juni hinaus erhalten.
Gerade in den Ballungsräumen und in den Städten, in denen es zu wenig Wohnraum für die Bezieher kleinerer Einkommen gibt, ist die Fehlbelegungsabgabe unverzichtbar. Wir reden bei einem Erhebungszeitraum von drei Jahren immerhin über einen Betrag von mehr als 50 Millionen Euro, den Sie den Kommunen entziehen würden.
Tun Sie nicht immer so, als ob die Fehlbelegungsabgabe verpflichtend wäre. Die Kommunen selbst entscheiden, ob sie sie erheben. Keine Gemeinde muss das machen. Wir geben ihnen lediglich die Möglichkeit dazu.
Wahrscheinlich werden Sie auch heute wieder ein hessisches Wohnraumfördergesetz ankündigen, in dem all diese Fragen mit geregelt werden sollen. Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 könnte das Land Hessen so etwas machen. Andere Länder haben es auch längst getan. Bisher liegt aber nicht einmal ein Entwurf für ein solches Gesetz vor.
Deshalb brauchen wir gar nicht drum herumzureden: Sie wollen das Gesetz auslaufen lassen, ohne den Kommunen gleichzeitig ein neues Werkzeug zur Verfügung zu stellen. Dagegen wenden wir uns strikt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Minister, Sie haben am 30. Dezember 2010 in dem wunderschönen Brief an den Städtetag und auch an die Kommunen wörtlich geschrieben: „Die Hessische Landesregierung befürwortet die Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes.“ In demselben Schreiben haben Sie angekündigt, es werde einen Gesetzentwurf aus der Mitte des Landtags geben. Meine Damen und Herren, offensichtlich haben Sie sich darauf verlassen, dass die Mitte des Landtags, nämlich die Fraktion der GRÜNEN, ihre Arbeit macht.
Weiter bitten Sie in diesem Schreiben um Verständnis dafür, dass – ich darf wiederum zitieren – „die Entscheidung für die weitere Erhebung der Abgabe erst nach einem langwierigen Diskussionsprozess gefallen ist.“ „Gefallen ist“ – Sie wissen sehr gut, dass die Kommunen aufgrund dieses Schreibens in die Planung für die weitere Erhebung der Abgabe eingestiegen sind.
Herr Minister, diese Kommunen haben sich auf Ihr Wort verlassen. Ihr Staatssekretär verhöhnt sie zusätzlich, wenn er im Ausschuss erklärt, davon gebe es überhaupt nichts zurückzunehmen. Sie haben die Kommunen schmerzlich getäuscht, und das ist ein Teil des Trauerspiels um die Fehlbelegungsabgabe.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb sind Sie hier und heute in der Pflicht, zu erklären, welche neuen Erkenntnisse Sie zwischen Januar und April dazu bewogen haben, von dieser verbindlichen Erklärung abzuweichen, oder ob Sie lediglich von Ihrer eigenen Fraktion – der FDP-Fraktion – in den Regen gestellt wurden. Herr Minister, wenn es so kommt, wie es sich abzeichnet, bleibt an Ihnen einmal mehr der FDP-Slogan hängen: Unser Wort gilt nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)
Die Fehlbelegungsabgabe ist, wie es der Bad Homburger Oberbürgermeister in der vergangenen Woche im Landtag ausgeführt hat, ein wichtiges Element des sozialen Ausgleichs, weil sie die Kommunen durch ihre Zweckbindung zu Investitionen in den Wohnungsbau anregt. Wir reden hier über Menschen, die auf geförderten Wohnraum angewiesen sind. Deshalb kam es nicht von ungefähr, dass in der Anhörung beide Kommunalen Spitzenverbände und die Vertreter von acht von neun Kommunen, darunter Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt, den Erhalt der Fehlbelegungsabgabe gefordert haben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der CDU-Fraktion, heute Morgen hat Ihr Generalsekretär noch einmal geschworen, dass die soziale Marktwirtschaft weiterhin ein wichtiger Bestandteil christdemokratischer Politik sei.
(Zurufe der Abg. Peter Beuth (CDU) und Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))
Ich bin mir sehr sicher, dass es in Ihren Reihen manchen gibt, für den die soziale Verantwortung ein essenzieller Bestandteil der Politik der Volkspartei CDU ist.
(zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))
– Herr Dr. Arnold, wenn es so ist, dass ich mich darauf verlassen kann, sage ich: Niemand zwingt Sie, das nachzuvollziehen, was sich die FDP-Fraktion an lebensfernen Maßnahmen ausdenkt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb haben wir es Ihnen heute ganz leicht gemacht. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, verlängern Sie die Geltungsdauer Ihres eigenen Gesetzes, und sorgen Sie so dafür, dass dieses etablierte Instrument zumindest bis zum Beschluss eines Folgegesetzes erhalten bleibt und nicht ohne Not aufgegeben wird. Im Rahmen einer namentlichen Abstimmung, die ich für meine Fraktion beantrage, haben Sie hier und heute die Gelegenheit dazu. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Heinrich Heidel:
Schönen Dank, Herr Klose.