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26.06.2014

Kai Klose: Aktuelle Stunde – Mindestlohn

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Endlich kommt der Mindestlohn auch in Deutschland. Angesichts der beschämenden Situation, dass in unserem Land viele Menschen trotz Erwerbstätigkeit auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind, und aufgrund des dramatischen Anwachsens des Niedriglohnsektors ist es längst an der Zeit, dass der Mindestlohn auch in Deutschland gesetzlich verankert wird. Das ist gut so, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Uns GRÜNE freut das besonders; denn wir haben seit zehn Jahren für dieses Ziel gekämpft. Es ist wirklich bedauerlich, dass die Einführung des Mindestlohns in Deutschland so lange politisch blockiert wurde, insbesondere von der FDP. Umso mehr begrüßen wir die für 2015 geplante Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro. Wir werden ihn z. B. in unserem Hessischen Tariftreue- und Vergabegesetz verankern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen den Mindestlohn als Haltlinie gegen Lohndumping und für einen fairen Wettbewerb. Von ihm können fünf Millionen Beschäftigte profitieren, darunter überproportional viele Frauen. Deshalb geht der Gesetzentwurf der Bundesregierung nach unserer Auffassung grundsätzlich in die richtige Richtung.

Meine Damen und Herren, es ist schon ein Fortschritt, dass wir inzwischen, jedenfalls überwiegend, nicht mehr über das ob, sondern über das wie der Einführung des Mindestlohns diskutieren. Wir GRÜNE haben gleichwohl einige Kritikpunkte an dem Gesetzentwurf, beispielsweise was die Zusammensetzung der Mindestlohnkommission oder die Evaluationsfristen betreffen. Wir haben auch durchaus die Hoffnung, dass sich an diesen Punkten noch etwas tut.

Aktuell wird aber, das ist auch heute der Fall, insbesondere über die Ausnahmen vom Mindestlohn diskutiert, die verschiedenerseits gefordert werden. In die Debatte geworfen, sind derzeit z. B. Ausnahmen für Studierende, für Rentnerinnen und Rentner, für Minijobberinnen und Minijobber, für Zeitungsausträgerinnen und Zeitungsausträger, für Saisonarbeitskräfte, für Taxifahrerinnen und Taxifahrer oder Langzeitarbeitslose. Jenseits der rechtlichen Zweifel, die wir, wie wir wissen, an der pauschalen Ausnahme großer Gruppen haben müssen, müssen wir doch vor allem eines sehen: Entscheidend für die Wirkungskraft des Mindestlohns ist seine Reichweite. Je mehr Ausnahmen zugelassen werden, desto weniger kann er als Schutz vor Lohndumping dienen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Gegenteil. Die Ausnahme großer Gruppen vom Geltungsbereich des Mindestlohns birgt gerade die Gefahr, dass er systematisch unterlaufen werden kann und ein neuer Niedriglohnsektor unterhalb des Mindestlohns entsteht. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir GRÜNE finden es richtig, keinen Anspruch auf den Mindestlohn für Lehrlinge, Ehrenamtliche und Praktika im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium zu verankern. Für Praktika nach dem Ausbildungs- und Studienabschluss muss der Mindestlohn aus unserer Sicht aber auch gezahlt werden. Deshalb muss sehr behutsam abgewogen werden, welche Ausnahmen man vom Mindestlohn definiert.

Gestatten Sie mir, abschließend noch ein Wort zur Rolle der FDP in dieser Frage zu sagen: Frau Beer, ich finde es abenteuerlich, dass hier ausgerechnet die FDP Krokodilstränen über die vermeintlichen Nachteile des Mindestlohns für Jugendliche vergießt. Sie wollen den Mindestlohn, wie es ihn in den allermeisten europäischen Staaten gibt, und damit ein Stück mehr Gerechtigkeit in diesem Land doch überhaupt nicht. Das haben Sie beiläufig gesagt.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Frau Beer, es mag sein, dass Sie das heute nicht diskutieren wollen, aber es drang doch aus jedem Ihrer Sätze durch. Sie wollen den Mindestlohn überhaupt nicht; insofern sind Sie an dieser Stelle einfach ein schlechter Zeuge. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Klose.

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