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26.06.2013

Kai Klose: Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat: Die Europäische Zentralbank setzt bei der Bekämpfung der Krise auf eine Politik des billigen Geldes. Deshalb können sich die Banken bei der EZB derzeit das Geld so günstig leihen wie noch nie. Der Leitzins in der Eurozone beträgt seit Anfang Mai gerade noch einmal 0,5 Prozent. Das ist ein historisches Tief. Für ein halbes Prozent also leihen sich die Banken Geld von der EZB – und gleichzeitig beträgt der Durchschnittsdispozins, den die Banken von Kunden in der Eurozone verlangen, 10,5 Prozent. Das ist also ein eklatantes Ungleichgewicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Bei Guthabenzinsen – also Zinsen für das, was auf Sparbüchern, Fest- oder Tagesgeldkonten der Bürgerinnen und Bürger liegt – passen die Geldinstitute die Zinssätze regelmäßig sehr schnell an, jedenfalls, wenn es nach unten geht. Meine Damen und Herren, das kann einfach nicht richtig sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Reinhard Kahl und Janine Wissler (DIE LINKE))

In Deutschland hat die Stiftung Wahrentest vor Kurzem sogar ein Durchschnittsdispozinssatz von 12,4 % ermittelt. Die Zinsen für Dispokredite gehören damit in Deutschland zu den Höchsten in Europa. Eine Studie des CSU-geführten Bundesverbraucherschutzministeriums hat belegt, dass derartige Zinsen weder durch die Ausfallquote noch durch die Bearbeitungskosten dieser Kredite gerechtfertigt werden.

Auch deshalb schließen wir uns der Forderung der Verbraucherschutzverbände nach gesetzlichen Obergrenzen für Dispokreditzinsen für alle Banken ausdrücklich an.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Reinhard Kahl und Janine Wissler (DIE LINKE))

Dennoch – und da sind wir diametral anderer Auffassung als Sie, Frau Wissler – hat gerade die schriftliche Anhörung zum Gesetzentwurf gezeigt: Eine solche gesetzliche Obergrenze allein für die hessischen Sparkassen festzusetzen wäre falsch. Selbstverständlich befinden sich auch die Sparkassen im Wettbewerb mit anderen Kreditinstituten. Ausnahmslos alle Anzuhörenden waren der Auffassung, dass eine Deckelung des Dispozinssatzes sinnvoll nur bundesweit zu regeln wäre.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf heute nicht zustimmen.

Gleichzeitig will ich aber heute nochmals die Gelegenheit nutzen, an die Verantwortung der Verwaltungsräte der Sparkassen zu appellieren.

Mit der Novelle des Sparkassengesetzes im Jahr 2008, an der wir GRÜNE maßgeblich mitgewirkt haben, wurden nämlich nicht nur die Sparkassen vor der Privatisierung geschützt, sondern auch ihr gemeinnütziger Auftrag erweitert und die Rolle der Verwaltungsräte gestärkt. Damals wurden in den Pflichtenkatalog der Sparkassen unter anderem das Girokonto auf Guthabenbasis für Jedermann, die Existenzgründungsberatung und die Zusammenarbeit mit den Förderbanken von Bund und Land festgeschrieben.

Das ist auch genau richtig so, denn der Hauptzweck der Sparkassen ist eben nicht die Erzielung von Gewinn, sondern die Erfüllung ihres gemeinnützigen Auftrags.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur so ist im Übrigen ihre Sonderstellung gegenüber den Geschäftsbanken zu rechtfertigen. Das betrifft in der Tat auch die Spanne zwischen Kredit- und Sparzins.

Deshalb dürfen wir die Verwaltungsräte der Sparkassen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Sie bestimmen die Geschäftspolitik der Sparkassen, und sie beaufsichtigen die Geschäftsführung der Vorstände. Ihre Rechte wurden mit der Novelle des Sparkassengesetzes erweitert. Sie repräsentieren die Kommunalparlamente seither umfassender als zuvor. Damit sind der Kommunalpolitik neue Chancen erwachsen, die sie jetzt nutzen muss. Sie kann die Geschäftspolitik ihrer Sparkassen noch stärker am Gemeinwohlgedanken ausrichten. Verwaltungsräte, die ihre Aufgaben ernst nehmen, können so einen erheblichen Beitrag dazu leisten, dass die reale Geschäftspolitik der Sparkassen ihrem großen Anspruch gerecht wird und zuvorderst der regionalen Wirtschaft und dem Gemeinwohl dient.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider sind die Sparkassen hinsichtlich der Dispo-Zinssätze manchmal aber mit in der Spitzengruppe. Das ist unserer Überzeugung nach mit dem Gemeinwohlauftrag nicht vereinbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie uns deshalb – damit möchte ich zum Schluss kommen – nach einer angemessenen Frist gemeinsam genau hinschauen, ob die kürzlich erstmals nach dem neuen Modus gewählten Verwaltungsräte ihrer Verantwortung bei den besagten Zinssätzen nachkommen oder ob es an dieser Stelle eben doch einen Nachsteuerungsbedarf seitens des Gesetzgebers gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Herr Klose.