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11.10.2016
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Sechstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Hessischen Rundfunk

Vielen Dank. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will den Ball des Kollegen Rentsch aufnehmen, was die Geschmeidigkeit angeht. Ich glaube, Herr Kollege Rentsch, da sind Sie kein guter Ratgeber, was die Geschmeidigkeit angeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wie Sie gerade erzählt haben, gehen Sie zurzeit ganz fleißig in die Gymnastik. Da ist es mit der Geschmeidigkeit bei Ihnen wahrscheinlich besser.

Zweiter Punkt. Sie haben einen Punkt aufgegriffen, den man mit Sicherheit unterschiedlich diskutieren kann, nämlich das Thema Repräsentanz von Frauen in den Gremien. Wenn der Vorschlag, den wir hier machen, so ein wichtiger Punkt ist, den Sie hier an den Anfang Ihrer Rede gestellt haben, dann wundere ich mich, dass Sie einen Änderungsantrag gestellt haben, wo dieser Themenkomplex überhaupt nicht vorkommt. Das Einzige, was Sie in diesem Änderungsantrag formuliert haben, ist Ihre eigene Repräsentanz in dem Gremium und nicht die Repräsentanz von Frauen. Das wundert einen dann schon wirklich, dass Sie das hier kritisieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Nach der Anhörung im Hauptausschuss kommt jetzt die zweite Lesung zum Gesetzentwurf. Warum beschäftigen wir uns eigentlich damit? – Zum einen weil das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2014 vorliegt und andererseits weil wir uns als Koalition im Koalitionsvertrag darauf geeinigt haben, das Thema Repräsentanz, was die Muslime und was den Jugendring angeht, neu zu gestalten und der Pluralität im Rundfunkrat und im Verwaltungsrat mehr Raum einzuräumen.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die Vorschriften über die Aufsichtsgremien des ZDF einen übermäßig großen staatlichen Einfluss auf das ZDF als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ermöglichten. Das Verfassungsgericht hat mit Urteil vom 25. März dem Gesetzgeber aufgegeben, verfassungsgemäße Regelungen zu treffen. Das Gericht hat insbesondere die Auswahl und die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien beanstandet und fordert, dass die Zusammensetzung der Gremien am Gebot der Vielfaltsicherung auszurichten ist.

Das Verfassungsgericht gab dem Gesetzgeber auf, den Einfluss der staatlichen und staatsnahen Mitglieder, Herr Kollege Rentsch, in den Aufsichtsgremien zu begrenzen. Ferner musste sichergestellt werden, dass Vertreter der Exekutive keinen bestimmenden Einfluss auf die Auswahl der staatsfernen Mitglieder haben. Weiterhin hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass der Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder insgesamt ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder der jeweiligen Gremien nicht übersteigen darf.

Diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurden inzwischen für das ZDF umgesetzt. Unsere Aufgabe war es also, diese Vorgaben jetzt auch im Gesetz für den Hessischen Rundfunk umzusetzen. Ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen.

Ich will ein paar Schwerpunkte dieses Gesetzes ansprechen, bevor ich auch auf die Änderungen, die wir vorgeschlagen haben, eingehe. Als Erstes ist das die Begrenzung staatlicher und staatsnaher Mitglieder. Außer den entsandten Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung und der gewählten Landtagsabgeordneten dürfen künftig keine Abgeordneten, Regierungsmitglieder, Kommissionsmitglieder, Wahlbeamte, Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände oder Parteivorstände dem Rundfunkrat angehören. Dem Verwaltungsrat dürfen maximal drei Personen aus dem genannten Personenkreis angehören. Es darf keine wirtschaftlichen oder sonstigen Interessenskollisionen von Gremienmitgliedern geben. Das ist der Punkt der Transparenz, der wichtig war.

Einer sogenannten Versteinerung sollte vorgebeugt werden. Es sollen also diejenigen, die in den Gremien sind, nicht für Ewigkeiten drin bleiben, sondern maximal drei Amtszeit, maximal zwei Amtszeiten im Verwaltungsrat – zusammen, wenn man in beiden Gremien war, jeweils angerechnet nur drei Amtszeiten.

Es werden Karenzzeiten für staatsnahe Personen von 18 Monaten eingerichtet, wenn sie in den Rundfunkrat oder in den Verwaltungsrat entsandt werden. Es werden Regelungen für mehr Transparenz geschaffen, was die Öffentlichkeit, die Veröffentlichung der Sitzungsergebnisse, aber auch der Bezüge und der Nebeneinkünfte von Direktoren und Intendanten angeht.

Die Frage der geschlechterparitätischen Besetzung von Rundfunkrat und Verwaltungsrat wird angegangen. Über die Lösung, die wir gefunden haben, kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein. Aber ich habe hier bisher noch keine Lösung gehört, die tragfähiger und besser ist als das, was wir vorgelegt haben. Kollegin Wolff hat es gerade angesprochen: Im Saarland wird dieses Verfahren auch angewendet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen mit der deutlichen Unterrepräsentanz von Frauen in diesen Gremien aufräumen. Das ist ein wichtiger Auftrag, dem wir hier nachkommen. Aktuell 23 Männer und nur sieben Frauen im Rundfunkrat, acht Männer und eine Frau im Verwaltungsrat – das ist deutlich zu wenig. Da brauchen wir eine Änderung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Zustand muss beendet werden. Wir sind zuversichtlich, dass die Änderungen am hr-Gesetz dazu führen werden, dass der Rundfunkrat und der Verwaltungsrat künftig wesentlich weiblicher werden.

Eines ist aber auch klar: Da setzen wir nicht nur auf gesetzliche Regelungen, sondern auch auf die Verbände, die in die Gremien entsenden. Hier müssen die Verbände bei der Entsendung der Mitglieder deutlich „weiblicher“ werden. Derzeit entsenden nur drei der 24 im Rundfunkrat vertretenen Verbände, Kirchen und Gewerkschaften eine Frau in den Rundfunkrat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da ist deutlich Luft nach oben, und die Luft wollen wir mit dem Gesetzentwurf auch schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Der Landesfrauenrat, der in der Anhörung auch eine Stellungnahme abgegeben hat, hat diese Regelung ausdrücklich begrüßt. Ich zitiere:

Die nun im Gesetzentwurf genannte angemessene Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Gremien ist eine langjährige Forderung des Landesfrauenrates Hessen, der nun der Gesetzentwurf Rechnung trägt. Dies wird ausdrücklich begrüßt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist gut, wenn der Landesfrauenrat uns dafür lobt, dass wir diese Regelung aufgenommen haben.

(Zuruf der Abgeordneten Lisa Gnadl (SPD))

Die im Gesetzentwurf genannte „angemessene“ Berücksichtigung ist also erreicht.

Weiterhin haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass künftig auch der Hessische Jugendring und die muslimischen Gemeinden im Rundfunkrat vertreten sein sollen.

Ich möchte jetzt noch kurz auf die vorgeschlagenen Änderungen eingehen, weil sie sich auch aus der Anhörung ergeben. Frau Kollegin Wolff hat es schon gesagt: Wir haben dem Ganzen eigentlich eine Selbstverständlichkeit vorangestellt, nämlich dass die, die entsandt werden, auf dem Boden des Grundgesetzes stehen müssen und dass sie Presse- und Meinungsfreiheit in unserem Land akzeptieren und repräsentieren müssen. Wir sagen, dass diejenigen, die in den Rundfunkrat entsandt werden, ihren Wohnsitz in Hessen haben sollen. Es ist klar, für den Hessischen Rundfunk wollen wir Menschen in die Gremien entsenden, die auch hier leben.

Wir gehen auf die Kritik in der Anhörung bezüglich der Verordnung ein, die die Besetzung durch die muslimischen Glaubensgemeinschaften regeln sollte. Der Kritikpunkt war insbesondere, dass das mit der Staatsferne ein Problem gibt, weil wir der Landesregierung die Möglichkeit geben, über eine Verordnung die Zusammensetzung des Rundfunkrates zu beeinflussen. Das war uns einsichtig, und deswegen haben wir an dieser Regelung eine Änderung vorgenommen. Wir schlagen jetzt vor, dass DITIB, Ahmadiyya und die Alevitische Gemeinde künftig einen Sitz haben können. Sie müssen sich einigen; und wenn sie sich nicht einigen, schlagen wir ein Losverfahren vor. Das ist im Übrigen das Verfahren, das für die Entsendung in den Fernsehrat des ZDF in Niedersachsen Gesetz ist. Von daher finde ich auch diese Regelung praktikabel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir gehen die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Änderungen in Bezug auf die Staatsferne an. Wir treffen Regelungen im Bereich der Transparenz. Wir beteiligen Muslime und junge Menschen an den Gremien des Hessischen Rundfunks und treffen wichtige Regelungen, die die Repräsentanz von Frauen in den Gremien erhöhen. Unter dem Strich glaube ich, mit den Änderungen legen wir Ihnen einen guten Gesetzentwurf vor, um dessen Annahme wir Sie bitten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

 

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