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16.11.2010
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Modernisierung des Dienstrechts in Hessen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was hier gestaltet wird, ist eben nicht das Beamtengesetz der Zukunft, wie Kollege Bauer deutlich zu machen versucht hat, sondern hier wird ein ganz kleines Karo gestrickt. Einer der zentralen Kritikpunkte an diesem Gesetzentwurf ist, dass er nicht das aufgreift, was die Mediatoren – es waren nur Herren – vorgeschlagen haben, die der ehemalige Ministerpräsident Koch eingesetzt hat, um die Reform des öffentlichen Dienstes und des Beamtenrechts vorzubereiten. Herr Kollege Bauer, gerade die innovativen Elemente dieser Vorschläge sind nicht aufgegriffen worden, sondern es ist nur ein ganz kleines Karo gestrickt worden. Im Prinzip ist nur das umgesetzt worden, was das Renteneintrittsalter mit 67 Jahren und ein paar kleinere Veränderungen betrifft.

Man hat aber nicht versucht, mit den Beschäftigten in einen Dialog einzutreten. Es ist nicht versucht worden, im Rahmen eines breiten Dialogs ein zukunftsfähiges öffentliches Dienstrecht zu gestalten. Das haben Sie leider nicht gemacht. Das ist sehr schade. Da haben Sie wirklich eine Chance vertan.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach der Anhörung sind einige Änderungsanträge vorgelegt worden. Herr Kollege Blechschmidt hat gerade gesagt, welche Punkte die FDP-Fraktion aufgegriffen hat. Die Kollegen von der SPD, der CDU und der FDP haben nach der Anhörung Änderungsanträge eingereicht. Es gehört zu Gesetzgebungsverfahren dazu, dass man Änderungsvorschläge aufnimmt und nachbessert.

Aber man muss sich zu Herzen nehmen, dass die Generalkritik und die Kritik derer, die für die Beschäftigten sprachen, sehr massiv waren. Herr Kollege Blechschmidt, man kann sich die Argumente nicht immer so zurechtlegen, wie man sie gerade braucht. Wenn man auf der einen Seite argumentiert, wie Sie das gerade gemacht haben, bei der gesetzlichen Rente habe man einen Renteneintrittsalter von 67 Jahren verabschiedet, und deshalb müssten die Beamten nachziehen – das ist auch meine Auffassung –, muss man auf der anderen Seite sagen, und diesem alten Prinzip folgt meine Fraktion, dass der Beamtenbereich dem Tarifbereich folgt. Das heißt dann auch, dass sie von der brutalstmöglichen Arbeitszeit von 42 Wochenstunden wegkommen müssen und dass stattdessen die 40-Stunden-Woche umgesetzt werden muss.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Blechschmidt, da sind Ihre Argumentation und die Argumentation Ihrer Kollegen nicht ganz nachzuvollziehen. Man kann nicht mit ein und demselben Argument zwei unterschiedliche Wege begründen. Das zieht nicht.

Wir haben in der ersten Lesung und auch in der Anhörung gesagt, wir glauben, dass man im Beamtenrecht das nachvollziehen muss, was für die gesetzliche Rentenversicherung beschlossen worden ist. Ich glaube auch, dass man den Beamten damit keinen Gefallen tut; denn die gesellschaftliche Diskussion, die dann folgen würde, würden sie nicht aushalten. Es wird dann wieder eine Neiddiskussion geben: Wir müssen bis 67 Jahren bleiben, und ihr dürft schon mit 65 Jahren gehen. – Das ist nicht zielführend. An dieser Stelle braucht man eine Gleichbehandlung.

Aber, Herr Kollege Blechschmidt, wenn man die Menschen gleich behandelt, muss man das auch in Bezug auf die Arbeitszeit machen. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der zum Ziel hat, die brutalstmögliche Wochenarbeitszeit von 42 Stunden, die unter Roland Koch eingeführt worden ist, auf 40 Stunden zu reduzieren. Im Übrigen ist das mittlerweile in fast allen Bundesländern wieder so. Das würde auch zu einem anderen Betriebsklima führen.

Deswegen haben wir an Sie appelliert, diesem Vorschlag zuzustimmen. Das haben Sie nicht gemacht. Deswegen werden Sie es uns nachsehen, dass wir Ihren Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Ich will noch ein paar Anmerkungen zu unseren Gründen machen. Wir wollen die Rente mit 67 Jahren oder die Pension mit 67 Jahren nicht einführen, um irgendwelche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verärgern. Wir machen das auch nicht, um die Leute in den Verwaltungen auf die Barrikaden zu bringen. Vielmehr glaube ich in Anbetracht der Zahlen, die uns vorliegen, dass dies notwendig ist.

Ich will ein paar Fakten nennen, die für die Debatte vielleicht wichtig sind. Wir hatten im Jahr 1999 Personalausgaben in Höhe von 7 Milliarden Euro. 2010 haben wir Personalausgaben in Höhe von 7,8 Milliarden Euro. Für die Pensionen haben wir 1999  1,3 Milliarden Euro ausgegeben; 2010 werden es 1,969 Milliarden Euro sein.

In der Beihilfe sieht es nicht anders aus. 1993 lagen die Beihilfekosten bei 369 Millionen Euro. 2009 waren es über 100 Millionen Euro mehr, nämlich 496 Millionen Euro. Bei den Versorgungsempfängern sieht es auch nicht anders aus – das sage ich insbesondere an Herrn Schaus gerichtet –: Wir haben zurzeit 63.000 Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger. Wir werden im Jahr 2020  85.000 Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger haben.

Wenn man sich diese Zahlen vor Augen führt, erkennt man, dass man so nicht weitermachen kann. Vielmehr muss man sich überlegen, wie man diese Systeme zukunftsfähig und generationengerecht macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen stehlen wir uns nicht still und heimlich aus der Debatte, sondern sagen: Das ist nachvollziehbar, und wir wollen diese Systeme zukunftsfähig machen.

Präsident Norbert Kartmann:

Herr Kollege Frömmrich, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Jürgen Frömmrich:

Nun kann man natürlich wie Sie sagen: Im Himmel ist Jahrmarkt, wir versprechen allen alles, und bei diesen Änderungen wollen wir nicht mitmachen.

Herr Kollege Schaus, Sie haben im Anschluss das Wort. Machen Sie einen Finanzierungsvorschlag – vielleicht machen Sie das ja –, und schlagen Sie vor, wie diese Systeme generationengerecht gemacht und finanziert werden können.

Einen solchen Vorschlag vermissen wir. Daher halten wir es für puren Populismus, so zu argumentieren. Meine Fraktion hat es sich nicht leicht gemacht, und wir haben daher gesagt: Wir gehen diesen Weg mit, aber unter der Voraussetzung, dass man die Menschen wirklich gleich behandelt. Das gilt auch für die Arbeitszeit.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, diesen Vorschlag haben Sie leider abgelehnt. Deshalb werden Sie es uns nachsehen, dass wir Ihrem Vorschlag nicht folgen, sondern den Gesetzentwurf ablehnen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Norbert Kartmann:

Danke schön.

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