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23.06.2010
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Rechtsvorschriften

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kollegen Vorredner haben im Großen und Ganzen das gesagt, was zu diesem Gesetzentwurf zu sagen ist. Auch ich glaube, wir sollten uns sehr viel Zeit nehmen, um den Evaluierungsprozess nachzuvollziehen und mit den Anzuhörenden die Debatte zu führen.

Herr Staatssekretär, ich finde schon, man kann das nicht mit einem einfachen Wisch abtun und sagen, das ist alles problemlos, und wir machen das, weil es alternativlos ist. Ich glaube, man sollte an dem einen oder anderen Punkt schon die Debatte führen.

Ich muss lobend erwähnen, dass ich selten einen Gesetzentwurf gesehen habe, dessen Begründung wirklich auf den Evaluierungsprozess eingeht und aufzeigt, was die Einzelnen getan haben. Das ist ein Indiz dafür, dass das nicht aus dem Innenministerium kommt, sondern eher im Justizministerium vorbereitet worden ist.

(Beifall der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Nancy Faeser (SPD))

Das will ich durchaus lobend erwähnen. Vielleicht sollten Sie im Innenministerium sich das einmal zum Vorbild nehmen. – Zu drei Punkten will ich etwas sagen, weil man über die nachdenken sollte.

Die Abschaffung der Widerspruchsverfahren. Ich glaube, es war seinerzeit das zweite Verwaltungsstrukturreformgesetz, bei dessen Beratung wir das ausgiebig diskutiert haben. Sie führen an, das habe sich bewährt. Da sollte man aber genauer hinschauen. Es gab doch sehr unterschiedliche Stellungnahmen, etwa zu der Frage, ob die Befürchtung eingetreten ist, dass durch die Abschaffung der Widerspruchs- und der Vorverfahren die Klageflut vor den Gerichten zugenommen hat.

Von Ihrer Seite wird das verneint. Man muss dazu aber auch die umgekehrte Frage stellen: Hat derjenige, der keinen Widerspruch einlegen konnte, deswegen nicht geklagt, weil er mit dem Verfahren zufrieden war oder weil er resigniert und gesagt hat, den Prozess vor dem Gericht nehme ich nicht in Kauf? Diese Frage muss man schon stellen.

Im Übrigen würde mir der Satz zu denken geben, den Sie zitieren, wonach „die Widerspruchsbescheide der Regierungspräsidien eine deutlich höhere Qualität aufgewiesen hätten als die von den unteren Bauaufsichtsbehörden erlassenen Widerspruchsbescheide“. Ich finde, dies sollte für Sie Anlass sein, darüber nachzudenken, ob wir nicht auch in diesem Bereich auf Qualität setzen sollten.

(Beifall der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Nancy Faeser (SPD))

Meine Damen und Herren, mein zweiter Punkt ist die Frage, die schon die Kollegin Faeser angesprochen hat. Ich bin sehr dafür, das offen zu diskutieren. Es geht um die Frage Besetzung der Senate durch künftig nur noch drei statt bislang fünf Richter. In der Anhörung sollte man noch einmal genau prüfen, was dafür und was dagegen spricht. Hier bin ich sehr gespannt auf die Meinung der Experten.

Ein weiterer Punkt ist die Abschaffung der ehrenamtlichen Richter. Herr Rhein, hier würde ich doch schon einmal ein Hoch auf das Ehrenamt aussprechen. Auf der einen Seite loben Sie sich immer dafür und stellen das Ehrenamt heraus. Sie verleihen Ehrenamtspreise.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Auf der anderen Seite schaffen Sie ehrenamtliche Richter mit dem Argument ab, das sei unnötig und nicht zielführend. Hier sollten Sie vielleicht einmal Ihre Argumentation ein bisschen überdenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Herr Staatssekretär, selbst wenn man argumentiert und sagt, man sollte überlegen, ob der Einsatz ehrenamtlicher Richter in Normenkontrollverfahren und in großen Verfahren zielführend ist, so schreibt man dennoch eine solche Begründung nicht. Ich lese Ihnen das einmal vor:

Die Beteiligung ehrenamtlicher Richter in Verfahren beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof ist entbehrlich, weil die Verfahren nach § 48 VwGO in der Regel schwierige rechtliche Problemstellungen von hoher Komplexität aufweisen und eine Laienbeteiligung nicht zielführend ist.

Ich finde, damit stellen Sie denen, die in der Vergangenheit diese Verfahren als ehrenamtliche Richter durchgeführt haben, kein gutes Zeugnis aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Staatssekretär, ich finde, so kann man mit dem Ehrenamt nicht umgehen.

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und auf die Anhörung. Wir als Fraktion werden diesen Prozess konstruktiv begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nancy Faeser und Manfred Görig (SPD))

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