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31.03.2009
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich zum Mitbestimmungswiederherstellungsgesetz (MWG)

Herr Präsident, vielen Dank. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf, den die Fraktion DIE LINKE vorgelegt hat, hätte uns die Möglichkeit gegeben, intensiv über die Mitbestimmung und das Personalvertretungsrecht in der hessischen Landesverwaltung zu diskutieren. Ich meine, Gründe, darüber zu diskutieren, gibt es genug. Uns interessiert insbesondere die Frage, wie sich die Änderungen des Hessischen Personalvertretungsgesetzes aus den Jahren 1999 und 2003 ausgewirkt haben, welche Erfahrungen gemacht wurden und wie insbesondere die Verbände, die Gewerkschaften, die Personalräte vor Ort, aber auch die Beschäftigten, diese veränderte Rechtsgrundlage sieht.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Die neue Mehrheit dieses Landtags war aber nicht bereit, eine Anhörung zu diesem Thema durchzuführen. Im Innenausschuss wurde mit den Stimmen der Mehrheit der CDU und der FDP dieses Ansinnen abgelehnt, ohne dass sich dabei mit dem Themenkomplex intensiv beschäftigt wurde.

Herr Kollege Bellino, ich muss dazu schon Folgendes sagen: Sie müssen sich schon einmal Gedanken darüber machen, wie sie mit Fraktionen dieses Hauses umgeht, und zwar unabhängig davon, welche Auffassung und welche Meinung sie in der Sache vertreten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich halte das für einen schlechten politischen Stil. Man muss den Vorschlägen der Kolleginnen und Kollegen der LINKEN nicht zustimmen. Ihnen aber die Debatte dazu zu verweigern und ihnen zu verweigern, Sachverständige zu diesem Gesetzentwurf anzuhören, finde ich schon schlechten Stil. Sie sollten wirklich einmal darüber nachdenken, ob das in der 18. Wahlperiode der Umgang Ihrer Fraktion mit den Minderheiten in diesem Haus sein wird.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Bellino, Sie müssen sich auch fragen lassen, welche demokratischen Umgangsformen Sie gegenüber denjenigen pflegen, denen Sie immer vorwerfen, keine Demokraten zu sein. Gerade an Sie müsste man die Forderung stellen, dass Sie sich an der eigenen Messlatte messen lassen und dass Sie in der Auseinandersetzung mit der Fraktion DIE LINKE die Ansprüche gelten lassen, die Sie immer gegenüber anderen formulieren.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Wir kennen diese Umgangsformen der CDU. Das haben wir in der 16. Wahlperiode oft genug erlebt.

24 Dass sich ausgerechnet die FDP in der neuen Regierung nun auch anschließt, halte ich insbesondere für eine Partei bedenklich, die immer die Monstranz vor sich herträgt, als Partei der Liberalen für die liberalen Umgangsformen zu sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade Sie hatten im Wahlkampf angekündigt, dass es mit Ihrer Regierungsbeteiligung in diesem Hause andere Umgangsformen geben wird. Von daher kann ich Sie auffordern, diese Umgangsformen zu ändern und auch den Minderheiten in diesem Hause Beteiligungsrechte einzuräumen.

Die neue Mehrheit aus FDP und CDU ist somit im Umgang mit dem Personal auf dem gleichen Kurs wie die CDU-Alleinregierung. Mitbestimmungsrechte, Personalvertretungsrechte sind Ihnen im Grunde genommen wurst. Dass Sie darüber noch nicht einmal diskutieren wollen, zeigt, dass es offensichtlich auch so ist. Für Sie sind die Rechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eher hinderlich, eher entbehrlich, ja eigentlich vollkommen überflüssig.

Herr Kollege Greilich, der Vorschlag, den Sie im Innenausschuss gemacht haben und der hier angesprochen worden ist, die Fragen des Hessischen Personalvertretungsgesetzes zusammen mit der Dienstrechtsnovelle zu diskutieren, ist wirklich sachfremd.

(Widerspruch des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

– Herr Kollege, es ist wirklich sachfremd und eigentlich vollkommener Quatsch, weil Sie wissen, dass die Dienstrechtsnovelle, die gerade in Expertenkreisen diskutiert wird, ein sehr umfangreicher Diskussionsprozess werden wird. Mit diesem umfangreichen Diskussionsprozess ein weiteres umfangreiches Gesetzgebungsvorhaben, nämlich das der Mitbestimmung, aufzurufen, halte ich für wirklich sachfremd. Sie sollten nicht ein Argument vorschieben, was letztendlich nicht zu halten ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie war die Ausgangslage? Die LINKE bringt einen Gesetzentwurf ein, der zu 100 % vom DGB abgeschrieben wurde. Das sagt viel über die intellektuelle Leistungsfähigkeit der Fraktion der LINKEN aus.

(Demonstrativer Beifall der Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) und Wolfgang Greilich (FDP) – Zurufe von der LINKEN)

– Das sage ich einmal in Ihre Richtung. Ich habe das in der ersten Lesung schon gesagt und sage es noch einmal: Ein Gesetzgebungsverfahren ist ein Abwägungsprozess zwischen verschiedenen Interessen. Wer Vorschläge von Verbänden oder Gewerkschaften nur abschreibt, der hat nicht verstanden, dass Abgeordnete des Landtages nicht Interessenvertreter Einzelner, auch nicht einzelner Interessengruppen sind, sondern dass Abgeordnete vielfältige Interessen zu berücksichtigen haben, diese verschiedenen Interessen gegeneinander abwägen und dann eine Entscheidung treffen. Das ist der Prozess, wie Gesetze entstehen. Gesetze entstehen nicht so, wie Sie es gemacht haben, dass man zu 100 % einen Entwurf des DGB abschreibt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sollten sich auch vorher mit dem, was Sie in den Landtag einbringen, auseinandersetzen.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Fakt ist aber auch, dass das Hessische Personalvertretungsgesetz vom 24.03.88 in der 1999 und 2003 geänderten Fassung am 31.12.09 ausläuft.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Eine Evaluierung des Gesetzes muss sowieso erfolgen. Eine Anhörung wird es dann wahrscheinlich sowieso geben.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Das HPVG wurde 1999 und 2003 fast bis zur Unkenntlichkeit reformiert. Sie haben mit der „Operation düstere Zukunft“, mit der Schließung von Behördenstandorten, mit dem Austritt aus der TdL – darüber diskutieren wir morgen –, mit dem Streichen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, mit der Einführung der brutalstmöglichen 42-Stunden-Woche einen Umgang mit dem Personal an den Tag gelegt, der jeder Beschreibung spottet.

Da verwundert es fast nicht, dass Sie sogar schon die Diskussion über die Anhörung zum HPVG ablehnen. Ich frage mich an dieser Stelle: Vor was haben Sie eigentlich Angst? Sind Ihre Argumente, die Sie zu haben meinen, denn so schlecht, dass Sie diese noch nicht einmal für die Diskussion im zuständigen Innenausschuss bereitstellen möchten?

(Beifall des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Ihr Umgang mit dem Gesetzentwurf der LINKEN zeugt nicht gerade von Souveränität. Der Umgang mit dem Gesetzentwurf zeugt vielmehr von einem schlechten politischen Stil, von einem schlechten Umgang mit den Interessen und den Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Wenn Sie sich das Schreiben des DGB – das ist seinerzeit allen Fraktionen zugegangen –, was die Änderung des HPVG angeht, anschauen, dann müssen Sie sich vor Augen führen, dass dort in der Tat Dinge zum HPVG benannt worden sind, die zumindest Anlass geben sollten, darüber nachzudenken, ob man nicht etwas ändern sollte.

Einen Punkt will ich anführen. Das sind die Fragen, die aus der Reform bei der hessischen Polizei resultieren, dass z. B. die Bezirksvertretungen und die Vertretungen bei den Landräten fast vollständig weggefallen sind, dass mittlerweile nur noch 32 freigestellte Personalräte für diesen gesamten Bereich der Polizei zuständig sind, dass diese Personalräte unter Umständen über 200 km Fahrweg haben, um mit den Beschäftigten zu reden und für ihre Bedürfnisse zur Verfügung zu stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie diesen Brief gelesen hätten, würden Sie sehen, dass es durchaus Diskussionsbedarf gibt. Den einfach abzulehnen, halte ich schlichtweg für stillos.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind weiterhin für Verbesserungen im Bereich des Personalvertretungsgesetzes. Wir wollen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Prozesse eingebunden werden. Im Gegensatz zu Ihnen sind wir der Auffassung, dass das Einbinden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Chance und kein Risiko ist.

Wir wollen eine moderne und zukunftsweisende Personalpolitik machen. Das, was Sie hier organisieren, ist eher rückwärts gewandt, ist eher auf Konfrontation angelegt und ist genau das Gegenteil von dem, was wir unter moderner Personalpolitik verstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir denken, dass ein modernes Personalvertretungsrecht Motivation für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein kann. Wir glauben, dass Mitbestimmung auch die Leistungsbereitschaft von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steigern kann. Ich glaube, dass man alles unternehmen sollte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in wichtige Entscheidungsprozesse einzubinden.

Wenn Sie sich die Diskussion, die zurzeit bei den Privaten geführt wird, anschauen, dann sehen Sie, dass moderne Unternehmen genau das machen, nämlich den Versuch unternehmen, in schwierigen Umstrukturierungsprozessen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessen zu beteiligen.

Vizepräsident Lothar Quanz:

Herr Frömmrich, bitte zum Schluss.

Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Deswegen kann ich nicht verstehen, dass Sie nicht nur diesen Gesetzentwurf ablehnen, sondern sogar die Expertenanhörung im Innenausschuss verweigern. Wir werden der dritten Lesung auf jeden Fall zustimmen, weil wir über dieses Thema reden wollen und glauben, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes auch das Recht haben, dass wir über diesen Themenkomplex diskutieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

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