Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Innenminister hat seinerzeit dieses Werk, das hier vorgelegt worden ist und das sich mit dem Dienstrecht beschäftigt, als große Dienstrechtsnovelle angekündigt. Leider, muss man sagen, ist aus dieser groß angekündigten Dienstrechtsnovelle Stückwerk geworden. Leider haben Sie, Herr Innenminister, eine Chance vertan, und das ist an dieser ganzen Angelegenheit eigentlich das Ärgerliche.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben nämlich die Chance vertan, wirklich einen Reformprozess anzustoßen. Sie haben die Chance vertan, wir hatten einen relativ langen Vorlauf, den Versuch zu unternehmen, nachdem der Ministerpräsident 2008 die Mediatorengruppe eingesetzt hat, und die Mediatoren dann 2009 ihre Vorschläge vorgelegt haben, einen breiten Diskurs über das zu führen, was die Mediatoren als Vorschläge auf den Tisch gelegt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das wäre ein Weg gewesen, wie man in der Öffentlichkeit eine breite Diskussion und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern organisiert. Diese Chance haben Sie leider vertan. Sie haben auch, nachdem die Mediatoren 2009 diesen Bericht vorgelegt haben, überhaupt nicht mehr mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen. Das ist schon einigermaßen erstaunlich: Im Dezember 2009 legten die Mediatoren einen Bericht vor. Vorher hat meines Wissens einmal ein Gespräch zwischen Mediatoren und den Vertreterinnen und Vertretern von Beamtenbund, Gewerkschaften und Interessensvertretern stattgefunden, aber nachdem dieses Werk vorgelegt worden ist, hat die Landesregierung den Dialog sozusagen eingestellt. Herr Innenminister, so macht man keine wichtigen Reformprozesse.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich will auch noch einmal darauf eingehen, weil man sich ja in Erinnerung führen muss, dass es der Ministerpräsident war, der diese Mediatorengruppe 2008 eingerichtet hat, und er hat das getan, damit über die Dienstrechtsnovelle ein möglichst breiter Konsens hergestellt wird. Wenn man sich einmal anschaut, was Mediation eigentlich bedeutet, wird man daran auch sehen, dass das, was Sie hier gemacht haben, eigentlich kein Mediationsverfahren ist. Mediation bedeutet:
Mediation ist ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beteiligung oder Vermeidung eines Konflikts.
Was Sie gemacht haben: Sie haben eine Mediatorengruppe eingesetzt. Sie haben einen Bericht entgegengenommen und haben eben nicht das getan, was man eben hätte tun müssen. Sie haben nämlich nicht mit den Betroffenen, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes den Dialog und den Austausch gesucht, um wenigstens den Versuch zu unternehmen, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, die dann auch breit trägt.
Mit den Betroffenen, nämlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes, den Dialog und Meinungsaustausch zu suchen und wenigstens den Versuch zu unternehmen, gemeinsam zu einer Lösung zu kommen, die breit trägt. Das haben Sie leider versäumt. Das ist schade, das muss ich an der Stelle wirklich sagen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Schauen wir einmal, wie es in den Pressemitteilungen des Ministerpräsidenten heißt, als er den Bericht entgegengenommen hat. Ich zitiere:
Die Mediatoren haben eine Basis zur Reform des Dienstrechts geschaffen. Nun gilt es, den hessischen Beamtinnen und Beamten ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen und sicherzustellen, dass die Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig hoch qualifizierte Dienstleistungen des Staates erhalten, sagte Koch und dankte den Mediatoren für die in den vergangenen 15 Monaten geleistete Arbeit. Es gehe nun darum, mit breiter Mehrheit im Landtag ein neues Dienstrecht zu verabschieden, das für die hessischen Beamtinnen und Beamten für einen langen Zeitraum verlässliche Rahmenbedingungen schafft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man eine breite Mehrheit im Landtag bekommen will, wenn man für einen Reformprozess eine breite Mehrheit, auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, organisieren will, dann macht man Reformprozesse nicht so, wie Sie es gerade machen, in dem Sie ein paar Stücke herauslösen und den Rest vernachlässigen. So macht man keine Reformprozesse.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)
Auch der Innenminister wird aus dem Jahr 2009 zitiert. Ich will hier daran erinnern, was er seinerzeit gesagt hat.
Innenminister Bouffier, in dessen Ressort die Zuständigkeit für das Beamtenrecht liegt, betont, dass sich die Landesregierung nun umgehend mit den Vorschlägen aus dem Bericht auseinandersetzen und in der Folge einen Gesetzentwurf erstellen werde.
Herr Innenminister, was ist denn aus Ihrer Ankündigung geworden, in der Folge einen Gesetzentwurf zu erstellen? Sie kündigen nach der Vorlage des Mediationsberichts großspurig an, dass Sie einen Gesetzentwurf einbringen werden. Aber was machen Sie? Sie schicken CDU und FDP vor, um Teile dieses Mediationsberichts zu nehmen und ihn als Gesetzentwurf in den Hessischen Landtag einzubringen. Das ist kein vernünftiger Stil, Herr Innenminister. So geht man auch mit Mediatorinnen und Mediatoren nicht um – in diesem Fall waren es nur Mediatoren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Die Mediatoren haben sich seinerzeit zusammengefunden, um in diesem Prozess einen Diskurs zu organisieren. In der Kommission waren allesamt ehemalige Landes- oder Bundespolitiker sowie ein aktiver Politiker vertreten, nämlich Oberbürgermeister Dette von der FDP. Für die SPD war der ehemalige Kollege Staatsminister Lothar Klemm in der Mediatorengruppe, für die GRÜNEN war der ehemalige Staatsminister Rupert von Plottnitz dabei, und für die CDU-Fraktion war der ehemalige Minister im Kanzleramt Friedrich Bohl Mitglied der Kommission. Die Kommission hat sich wirklich viele Gedanken gemacht. Wir hatten als Innenpolitiker zweimal Gelegenheit, mit den Mediatoren zu sprechen und uns Zwischenergebnisse vorstellen zu lassen. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, diesen Bericht dann zu nehmen, sich kleine Teile herauszugreifen und diese als Gesetzentwurf einzubringen, ohne die Modernisierungseffekte aufzunehmen, die in diesem Bericht enthalten waren, ohne das aufzunehmen, was in diesem Bericht wirklich zukunftsweisend war, kann man nicht als Reform bezeichnen. Was Sie hier machen, ist Stückwerk – und das ohne Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Wir hätten Ihnen in diesem Prozess gerne die Hand gereicht. Wir hätten an diesem Reformprozess mitgearbeitet. Wir haben das in vielen Debatten immer wieder gesagt. Auch in Fachdiskussionen haben wir immer wieder gesagt, dass es nicht sein kann, dass man auf der einen Seite die Rente mit 67 – wenn auch schrittweise – und für die Beamtinnen und Beamten Sonderregelungen einführt. So haben wir immer argumentiert. Ich glaube, dass man den gesellschaftspolitischen Diskurs nicht aushalten würde, wenn man eine gewisse Gruppe anders behandelte, nämlich die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger anders behandelte als die gesetzlich Rentenversicherten.
Wenn man diese Reformprozesse aber ernst meint, dann wird man auch die Vorschläge, die wirklich modern sind, in diesen Prozess einbinden können. Ich nenne nur das Stichwort „Übergang von der Privatwirtschaft in das Beamtentum und zurück“. Ich nenne nur das Stichwort „leistungsbezogene Bezahlungselemente“. Ich sage nur „Vereinfachung und Flexibilisierung des Laufbahnsystems“. Ich habe gerade ein paar Stichworte genannt. Dann hätte man wirklich sagen können, das Dienstrecht in Hessen wird modernisiert. Das, was Sie jetzt machen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, ist Stückwerk. Sie nehmen sich einen Teil heraus. Sie instrumentalisieren die Mediatorengruppe, die einen schlüssigen Bericht vorgelegt hat. Ich finde, das ist in der Tat ein schäbiger Umgang mit den Mediatoren. Von daher gesehen glaube ich, dass es jetzt an der Zeit ist – –
Vizepräsidentin Sarah Sorge:
Herr Kollege Frömmrich, es ist vor allem an der Zeit, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.
(Heiterkeit)
Jürgen Frömmrich:
Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich komme sofort zum Schluss. – Es ist jetzt wirklich an der Zeit, wenigstens an diesem Punkt etwas zu tun. Deshalb beantragen wir eine breite öffentliche Anhörung zu diesem Gesetzentwurf. Das, was Sie von der CDU und der FDP hier machen, geht wirklich nicht, nämlich einen Reformprozess zu organisieren, ohne die von diesem Prozess eigentlich Betroffenen in die Debatte einzubinden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsidentin Sarah Sorge:
Vielen Dank.