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25.04.2013
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Tragische Anschläge beim Boston-Marathon nicht für Wahlkampf missbrauchen – extremistische Einzeltäter dürfen Freiheit der Hessinnen und Hessen nicht beschneiden

Vielen Dank, Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei einer solchen Rede, wenn man über ein solches Ereignis wie in Boston spricht, muss man an den Anfang stellen, dass man die Opfer und die Angehörigen im Blick hat. Ich glaube, das muss das sein, an das man sich erinnert.

(Allgemeiner Beifall)

Bei einer friedlichen Sportveranstaltung, also da, wo sich Menschen aus Spaß, aus Freude zusammengefunden haben, wo Jung und Alt gemeinsam ein Fest feiern wollten, ist ein solch schreckliches Ereignis mit einer solch schrecklichen Straftat begangen geworden, dass man wirklich ein Stück weit innehalten sollte. Man fragt sich in solchen Momenten immer: Was sind das für Menschen, die solche Taten begehen? Was geht in den Köpfen solcher Menschen vor? Welche Ideologien hängen die an? Wie verroht und wie abgestumpft muss man eigentlich sein, um ein solches Verbrechen bei einer solchen friedlichen Veranstaltung zu begehen?

Man muss daran denken, dass da drei Menschen zu Tode gekommen sind – darunter ein Kind, acht Jahre alt, am Anfang seines Lebens. Über 180 Menschen sind schwerst verletzt worden, viele von ihnen so schwer – Kollege Blechschmidt hat das gerade gesagt –, dass Gliedmaßen amputiert werden mussten. Das ist eine Horrorveranstaltung gewesen, wenn man die Bilder im Fernsehen gesehen hat.

Ich glaube schon, dass man angesichts einer solchen Tragödie innehalten sollte. Man sollte darüber nachdenken, was eigentlich die richtigen Mittel sind, um auf eine solche Tat zu reagieren. Ich glaube, man sollte sich tunlichst davor hüten, solche Veranstaltungen politisch zu instrumentalisieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Was ist die Schlussfolgerung aus einer solchen Tat, aus einem solchen Ereignis? Die Schlussfolgerung ist doch die, dass wir feststellen müssen, dass es bei solchen Großveranstaltungen – wir waren alle schon bei solchen Großveranstaltungen, in Stadien, auf Konzerten oder sonst was – eine hundertprozentige Sicherheit nicht geben wird. Eine hundertprozentige Sicherheit wird es nicht geben, und das wollen wir auch nicht. Weil: Wir leben in einer freien und offenen Gesellschaft. Wir wollen uns nicht von solchen Straftätern, von solchen Terroristen unsere offene und freie Gesellschaft kaputt machen lassen. Das muss das sein, was uns in einer solchen Frage eint.

(Allgemeiner Beifall)

Ich stimme der FDP ausdrücklich zu, wenn sie sagt, dass man ein solches Thema eben nicht parteipolitisch instrumentalisieren sollte. Ich glaube auch, dass sich ein solches Thema – Sie haben selber angesprochen, dass Sie am Wochenende sehr darüber nachgedacht haben, ob sich das für eine Aktuelle Stunde überhaupt eignet – eher nicht dafür eignet.

(Beifall des Abg. Nancy Faeser (SPD))

Man müsste eigentlich in die Tiefe gehen. Man müsste über die Grundstruktur von Sicherheit und man müsste auch die Grundstruktur von solchen Maßnahmen diskutieren, die hier gefordert werden.

Es sind aber wieder die üblichen Verdächtigen in diesen Sicherheitsdiskussionen, die sich zu Wort melden und gleich wieder mit Konzepten und Rezepten die Antworten haben. Das ist der Kollege Uhl. Das ist der Kollege Bosbach. Das ist der Kollege Innenminister Friedrich aus Berlin. Die sagen gleich wieder reflexartig: Eines der Erfordernisse, die wir unbedingt brauchen, ist eine flächendeckende Videoüberwachung und eine Verschärfung in diesem Bereich.

Ich glaube nicht, dass das das richtige und geeignete Mittel ist. Man sollte sich erst einmal anschauen, welche Fehler da von den Sicherheitsbehörden gemacht wurden. Man sollte das analysieren, bevor man leichtfertig Antworten gibt, mit denen man, so glaube ich, zu kurz springt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wenn man sich die Berichterstattung anschaut, dann sieht man, dass es in Amerika eine Diskussion darüber gibt, ob das FBI und andere Sicherheitsbehörden versagt haben und ob man den Hinweisen, die es z. B. aus Russland auf die beiden Täter gegeben hat, mit Nachdruck nachgegangen ist. Nachher, als die Ausreise des einen Täters erfolgte und er zurück nach Amerika kam, gab es wieder Hinweise. Da wird gefragt, ob das alles richtig gemacht wurde.

Aber unsere Politiker, die Herren Bosbach, Friedrich und Uhl, fordern gleich wieder die Videoüberwachung. Ich könnte hier aus Dutzenden Zeitungsartikeln zitieren, in denen diese gleiche Forderung immer wieder erhoben wurde. Nach dem Anschlag von Madrid wurde eine Verschärfung der Videoüberwachung gefordert. Nach dem Anschlag von London wurde mehr Videoüberwachung gefordert. Nach dem Anschlag in Stockholm wurde zusätzliche Videoüberwachung gefordert. Das forderten immer wieder die gleichen Verdächtigen. Sie haben immer die gleiche Antwort.

Herr Kollege Blechschmidt hat es gesagt: Die Videoüberwachung hätte diese Tat wahrscheinlich nicht verhindern können. Sie hilft bei der Aufklärung der Tat. Das ist richtig.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Aber sie hätte diese Tat nicht verhindert.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Von daher ist das ein bisschen zu kurz gesprungen hinsichtlich dessen, was die Kollegen aus Berlin da sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Frömmrich, Sie müssen langsam zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Jürgen Frömmrich:

Herr Präsident, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Ich glaube, dass wir nach solchen Ereignissen genauer analysieren sollten, welche Fehler gemacht wurden. Ich glaube, dass wir die richtigen Schlüsse ziehen müssen. Man kann durchaus darüber nachdenken, ob es nicht Plätze gibt, die mit Video überwacht werden müssen. Das sind alles Fragen, die man diskutieren muss.

Aber ich finde, man sollte diese schrecklichen Ereignisse, die da passiert sind, nicht parteipolitisch instrumentalisieren und so tun, als habe man gleich die richtigen Antworten auf so schwierige Fragen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Frömmrich, vielen Dank.

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