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02.02.2016
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Regierungserklärung des Hessischen Ministers des Innern und für Sport betreffend „Sicher leben – Zusammenhalt gewährleisten“

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gleich am Anfang etwas zu dem sagen, was Frau Kollegin Faeser hier vorgetragen hat und auch etwas zu dem Artikel, den sie hochgehalten hat. Wir haben letzte Woche am Donnerstag im Innenausschuss das Thema diskutiert und dabei die Frage erörtert, wie das mit der Veröffentlichung ist und an welchen Maßstäben sich die hessische Polizei orientiert. Sie orientiert sich am Pressekodex. Der wird auch eingehalten.

Das ist übrigens ein Erlass, der seit dem Jahr 2011 gilt, also schon zu Zeiten der FDP-Mitregierung. Dass man jetzt hier, ohne zu prüfen und ohne Informationen einzuholen, versucht, die leichte Nummer der Skandalisierung zu machen, bringt uns in einer solchen schwierigen Situation mit aufgeheizter Stimmung wirklich nicht weiter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Sich auf der einen Seite darüber zu beklagen, dass die Situation angeheizt ist, auf der anderen Seite aber alles zu tun, damit es so weiter geht, ist keine Lösung für die Probleme in unserem Land. Das ist keine Lösung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will auch noch etwas zu den Zahlen sagen, die hier immer wieder hineingestreut werden. Ich werde das auch am Ende noch einmal tun.

Frau Kollegin, wenn man sich diese Statistik und diese Zahlen in Zusammenhang mit der Personalstärke der Polizei anschaut, dann muss man vielleicht auch erwähnen, dass Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hinter uns liegen. Nordrhein-Westfalen ist nur etwas vor uns.

Das sind sozialdemokratische Innenminister. Ich würde einmal raten, in der Sache anders zu argumentieren und hier nicht versuchen, den leichten Punkt machen zu wollen in einer solchen Debatte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Ich versuche, das nachher noch einmal einzuordnen.

Meine Damen und Herren, der Innenminister hat in dieser Woche die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Land Hessen vorgelegt. Die Zahlen sind nach meiner Auffassung gut. Das ist erfreulich. Wir können, glaube ich, feststellen, dass Hessen ein sicheres Bundesland ist.

Ich habe immer gesagt, dass man Statistiken nicht überbewerten soll. Aber man kann sich schon freuen. Wenn die hessische Polizei – das ist der Erfolg der hessischen Polizei – und der Innenminister gute Zahlen präsentieren können, dann ist das eine gute Nachricht für Hessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, unser besonderer Dank gilt natürlich den hessischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Ohne sie wäre diese Leistung nicht möglich. Eine Aufklärungsquote von 59,9 Prozent ist ein guter Wert.

Meine Damen und Herren, wir können heute nicht über die Regierungserklärung des Innenministers „Sicher leben – Zusammenhalt gewährleisten“ reden, ohne auf die schrecklichen Vorgänge in der Silvesternacht in Köln einzugehen. Der Innenminister hat es gerade auch schon getan und hat erwähnt, welche Verunsicherung das auch in unserem Bundesland hervorgerufen hat. Die Ereignisse haben uns alle tief erschüttert. Straftaten, massive Gewalt gegen Frauen, Anzeigen wegen sexueller Übergriffe und Vergewaltigungen von Frauen, das sind Bilder, die wollen wir in der Bundesrepublik Deutschland nicht sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Für eine Lagebeurteilung fehlen uns die Details. Mit der Aufarbeitung sind die Kollegen in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Aber dass die Ergebnisse der Silvesternacht nicht offen und transparent kommuniziert worden sind, hat großen Schaden angerichtet. Wir haben im Innenausschuss in der letzten Woche auch über dieses Thema diskutiert.

Meine Damen und Herren, ein schrecklicher Tag, besser: eine schreckliche Nacht, für die betroffenen Menschen, insbesondere für die betroffenen Frauen, aber auch ein schlechter Tag, wie ich meine, für die innere Sicherheit und die Diskussion darüber. Es ist jetzt Aufgabe aller politisch Verantwortlichen im Bund und in den Ländern, dafür Sorge zu tragen, dass derartige Exzesse in Deutschland nicht wieder vorkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es darf kein Zweifel daran bestehen, dass diese Straftaten mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden müssen. Jedem muss klar sein: Wer sich in Deutschland aufhält, muss sich an die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland halten. Das gilt ausnahmslos.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das gilt für Flüchtlinge, die bei uns Schutz suchen, das gilt aber auch für diejenigen, die in unerträglicher Art und Weise rassistische Hetze betreiben, Flüchtlinge angreifen, Flüchtlingsunterkünfte beschmieren, beschießen oder anzünden. Auch für diese Menschen muss klar sein: Hier gilt deutsches Recht. – Das müssen wir hier deutlich sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind stolz auf die Werte unseres Grundgesetzes. Das sind die Leitbilder unseres Zusammenlebens. Wer hier leben will, muss diese Grundwerte anerkennen, respektieren und befolgen. Diese Rechte sind nicht verhandelbar. Die Menschenrechte, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Demonstrationsfreiheit, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, die Freiheit der Religionsausübung – diese Rechte gelten für alle, gleich welcher Hautfarbe, gleich welcher Religion, gleich welcher Nationalität. Das sind universelle Rechte, die für alle gelten. Das sollten sich auch diejenigen hinter die Ohren schreiben, die in unerträglicher Art und Weise in den letzten Wochen und Monaten hetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Noch einmal: Wir sollten natürlich über Probleme und über Straftaten reden. Wir sollten aber genauso gut und klar und entschieden Übertreibungen und falschen Anschuldigungen entgegentreten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Der Innenminister hat es gesagt: Natürlich kommen derzeit auch Menschen in unser Land, die Straftaten begehen. Flüchtlinge sind aber nicht krimineller als Deutsche. Das Lagebild des Bundeskriminalamts und der Landespolizeien kommt zu dem Ergebnis – ich zitiere –, „dass Flüchtlinge im Durchschnitt genauso wenig oder oft straffällig werden wie Vergleichsgruppen der hiesigen Bevölkerung“. Unsere PKS sagt auch, dass zum Anstieg der Flüchtlingszahlen die Straftaten nicht in gleicher Weise ansteigen. Das Gegenteil ist sogar der Fall.

Aber die Realitäten wollen die Hetzer vom rechten Rand nicht zur Kenntnis nehmen. Keine einzige Antwort auf auch nur eine einzige aktuelle Fragestellung in diesem Land, aber die Menschen in einer unerträglichen Art und Weise aufzuhetzen – dagegen müssen wir alle aufstehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ich glaube, wir brauchen einen Aufstand der Anständigen in unserem Land. Wir müssen die Menschen aktivieren, die für Humanität, für Menschenrechte, für Mitmenschlichkeit antreten; denn es ist die überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land, die zu diesen Werten steht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dann liest man – die Kollegin Faeser hat es angesprochen – am Wochenende diesen Vorschlag, dass man auf Flüchtlinge an der Grenze schießen soll. Ich habe mich gefragt, mit welcher Geschwindigkeit man eigentlich vor den Schrank gerannt sein muss, um in der Bundesrepublik Deutschland eine solche Forderung zu erheben. Das ist unerträglich von einer Partei, die nichts anderes kann, als Hetze in diesem Land zu betreiben, aber keinen einzigen Beitrag zur Lösung von Problemen vorträgt.

(Allgemeiner lebhafter Beifall)

Die Vorgänge in der Silvesternacht haben den Blick der Öffentlichkeit auf die Fragen der inneren Sicherheit gelenkt: Wie arbeitet Polizei? Wie ist Polizei ausgestattet? Wie ist die Polizei insgesamt aufgestellt? Für Hessen kann man, glaube ich, feststellen, dass wir gut aufgestellt sind. Wir haben schon vor Köln Maßnahmen beschlossen, die zur Stärkung der Sicherheitskräfte in Hessen führen. Schon mit dem Aktionsprogramm der Landesregierung wurden neben vielfältigen Integrationsmaßnahmen auch Maßnahmen im Bereich Justiz und innere Sicherheit beschlossen. Es wurde bei den Haushaltsberatungen noch einmal aufgestockt und, ich finde, zu einem beachtlichen Paket gemacht.

Wir haben zusätzlich 300 Stellen für die Vollzugspolizei geschaffen, 100 zusätzliche Stellen für die Wachpolizei. Wir haben den Stellenabbau im Bereich des Innenministeriums ausgesetzt. Wir haben 15 Millionen Euro für den Überstundenausgleich bei der Polizei zur Verfügung gestellt. Wir haben die Dienst-zu-ungünstigen-Zeiten-Zulage für die Polizei angehoben. Wir haben ein Stellenhebungsprogramm mit umfangreichen Beförderungsmöglichkeiten beschlossen. Wir haben die Zulage für operative Einheiten eingeführt. Wir investieren in die Modernisierung, in die technische Ausstattung, in die Verbesserung der Schutzausrüstung. Wir modernisieren die Fahrzeugflotte.

Da kann man sich allen Ernstes nicht hier vorne hinstellen und so tun, als würden wir uns um innere Sicherheit in Hessen nicht kümmern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Auch der Präventionsbereich ist angesprochen worden. Ich finde, da kann Opposition einfach einmal sagen, dass man da auf einem guten Weg in Hessen ist.

(Nancy Faeser (SPD): Das habe ich doch gemacht!)

Es hat noch nie so viele Mittel für Präventionsprojekte in Hessen gegeben wie mit dem Haushalt 2016. Das kann man doch einfach einmal anerkennen, auch als Opposition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Der Innenminister hat neulich eine Reise gemacht, bei der er die ganzen Präventionsprojekte besucht hat. Es gab eine Vielzahl von Veröffentlichungen, die diese positive Arbeit bewertet haben. Wir haben mit VPN, also mit denen, die sich mit Extremismusprävention im Bereich des Salafismus beschäftigen, ein Superprogramm aufgelegt. Von überall kommen Leute hierher, schauen sich die Projekte an und gucken, wie wir das organisieren. Da kann man einfach einmal würdigen, dass das ein sehr gutes laufendes Programm ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Meine Damen und Herren, die Beratung vor Ort in den Flüchtlingsunterkünften für den Bereich Salafismus haben wir gemacht. Wir haben die Beratung für die aufnehmenden Kommunen im Bereich Rechtsextremismus gemacht: Was müssen wir tun, wenn solche Extremisten bei uns auftreten? – Auch dafür haben wir Beratungsangebote implementiert.

Meine Damen und Herren, das sind nur ein paar Stichworte für die hervorragende Arbeit, die die Menschen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich leisten. Wir danken ihnen ausdrücklich für diese engagierte und gute Arbeit in der Prävention.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wenn ich sehe, wie in anderen Bundesländern und auch im Bund gerade wieder gerudert wird, einige Maßnahmen nach den Debatten an den Start zu bringen, die wir nach Köln geführt haben, dann muss ich feststellen – ich habe gerade versucht, die Dinge aufzuzählen, die wir in Hessen in die Hand genommen haben –, dass wir wirklich gute und richtige Maßnahmen ergriffen haben und dass wir als Bundesland Hessen einen guten Schritt nach vorne gemacht haben in dieser Frage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das zeigen im Übrigen auch die Zahlen der polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Die Aufklärungsquote liegt bei 59 Prozent – bei einem leichten Anstieg der Fallzahlen. Die Straßenkriminalität liegt bei einem sehr niedrigen Wert. Uns können allerdings nicht die Zahlen beim Wohnungseinbruchsdiebstahl befriedigen. Diese Deliktform – die Kollegin hat es angesprochen – belastet die Menschen besonders stark. Deshalb ist es so wichtig, noch mehr zu tun, um auch hier mit den Fallzahlen noch nach unten zu kommen. Die Aufklärungsquote in diesem Bereich ist leicht gestiegen. Das ist gut. Auch die Zahl der im Versuchsstadium abgebrochenen Einbrüche steigt, d. h., dass Präventionsarbeit auch Wirkung zeigt. Die Leute schützen ihr Eigentum und ihre Wohnungen – auch das ist gut.

Um zu unterstreichen, dass die vom Innenminister vorgelegten Zahlen wirklich gut sind, will ich einmal ein paar Vergleichszahlen heranziehen. Eine gute Zahl, die man heranziehen kann, ist die Frage der Kriminalitätsbelastung pro 100.000 Einwohner. Nach den Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2014 haben wir im Bundesdurchschnitt 7.530 Straftaten pro 100.000 Einwohner. In Hessen haben wir im Durchschnitt 6.556 Straftaten, in Nordrhein-Westfalen – NRW nehme ich wegen Köln – haben wir z. B. 8.543 Straftaten pro 100.000 Einwohner. Nach unserer jetzigen Kriminalstatistik kommen wir auf 6.616 Straftaten.

Meine Damen und Herren, das ist Platz drei im Bundesranking. Da kann man doch einmal sagen, dass das gute Zahlen sind, die der Innenminister hier vorgelegt hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch bei der Aufklärungsquote: Der Bundesdurchschnitt liegt bei 54,9 Prozent, Hessen dagegen bei 59,3 Prozent im letzten Jahr – Bezugsgröße 2014. Nordrhein-Westfalen: Aufklärungsquote 49,8 Prozent; Hessen in diesem Jahr: 59,9 Prozent. Man sollte solche Statistiken nicht überbewerten, aber die Zahlen sprechen für sich. Das sind gute Zahlen. Meine Damen und Herren, das kann man doch auch einmal sagen, wenn man in der Opposition ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe der Abg. Nancy Faeser und Timon Gremmels (SPD))

Noch einmal: Die Zahlen sind gut. Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der hessischen Polizei für die gute und engagierte Arbeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wenn man die Zahlen, die ich gerade vorgetragen habe – die Zeit rennt leider davon, deswegen kann ich dazu nicht viel sagen –, in Relation zu dem jeweiligen Bevölkerungsanteil setzt, hat man bei uns 1 Prozent weniger Kriminalität, in Nordrhein-Westfalen sind es dagegen 3 % mehr. Meine Damen und Herren, ich finde man sollte sich die Zahlen einmal anschauen, bevor man hier eine solche Rede hält.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wir wissen natürlich auch – und da stimme ich ausdrücklich zu –, dass die Beamtinnen und Beamten der Polizei einer besonderen Belastung ausgesetzt sind. Der Innenminister hat ein paar Einsätze aufgeführt, die unsere Polizei besonders gefordert haben.

Ich habe schon erläutert, dass wir einige Maßnahmen ergriffen haben, um besonderen Belastungssituationen Rechnung zu tragen. Noch einmal die Stichworte: mehr Stellen bei Polizeivollzug, Wach- und Kriminalpolizei, Abgeltung von Überstunden, Beförderungsmöglichkeiten.

Aber die Frage, die sich für mich stellt – und Frau Kollegin Faeser hat das vorhin angesprochen – lautet: Ist es wirklich so, dass der Ruf nach mehr Stellen auch automatisch unsere Probleme löst? Frau Kollegin Faeser, ich glaube, über diesen Punkt sollte man einmal kurz nachdenken. Es geht zwar auch um Stellen – das will ich durchaus zugestehen –, aber es geht nicht nur um Stellen. Es geht auch um moderne Ausstattung, um geeignete Befugnisse und um eine gute Organisation. Wenn man die PKS-Zahlen und den Bundesvergleich zugrundelegt – und Sie kritisieren, dass wir mit der Personalstärke im unteren Drittel sind –, dann frage ich mich: Irgendetwas müssen wir doch in diesem Land richtig machen, wenn wir dort im unteren Drittel sind, aber bei der Aufklärungsquote und im Bereich der Kriminalitätsbelastung oben liegen. Meine Damen und Herren, das kann man doch nicht einfach leugnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich glaube, man sollte über die Gleichung, mehr Personal gleich mehr Sicherheit, noch eine Weile nachdenken.

Ich will jetzt auch einmal etwas darüber sagen, wie diese Zahlen zustande kommen. Da werden die Zahlen genommen, dann werden bei dem einen Bundesland die Angestellten mit eingerechnet – das steht dann auch unten in der Fußnote – und bei den anderen Bundesländern werden sie nicht eingerechnet. Dadurch kommt es, dass wir relativ weit unten sind.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

– Bei 13.764 Planstellen des Polizeivollzugsdienstes im Jahr 2015 sind wir bei 226 Stellen pro 100.000 Einwohner. Aber, wenn man die 500 Wachpolizisten einrechnet, sind wir bei 235 Stellen. Wenn man die Anwärter hinzunimmt, sind wir bei 262 Stellen. Da haben wir gar nicht die 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingerechnet, die bei uns im Angestelltenbereich arbeiten und zum Teil zumindest auch für die Kriminalitätsbekämpfung zuständig sind.

(Zurufe der Abg. Nancy Faeser, Norbert Schmitt (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE) – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Also: Man sollte sich ein allgemeines Bild über diese Lage machen und nicht nur Zahlen hier hineinwerfen und das Bild erzeugen, mehr Personal gleich mehr Sicherheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Damit Sie nicht sagen

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

– hören Sie doch zu –, das dient nur der Hessenverteidigung. Es gibt eine Statistik aus Nordrhein-Westfalen „Bürgernahe Polizei – Den demografischen Wandel gestalten“ aus dem Monat Juni 2015, also aktuell. Da taucht Hessen auf dem vorletzten Platz auf. Hinter uns taucht aber Baden-Württemberg auf. Jetzt nehmen wir einmal Hessen beiseite.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Ja, Baden-Württemberg hat einen SPD-Innenminister, glaube ich. Warum taucht Baden-Württemberg da hinten auf, aber bei der Aufklärungsquote mit fast 60 Prozent, nämlich 58, 9 Prozent, weit vorne? Also müssen auch die Baden-Württemberger irgendetwas richtig machen, um im Bereich der Kriminalitätsbelastung und im Bereich der Häufigkeit bei den Straftaten weit vorne zu erscheinen. Meine Damen und Herren, die Gleichung, die Sie hier immer aufmachen, stimmt nicht wirklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Zu dieser Studie will ich auch noch etwas sagen. Sie kommt aus Nordrhein-Westfalen. Da gibt es eine Fußnote: „In einigen Werten der Personalstärke ist das Verwaltungspersonal berücksichtigt, das sich nicht separieren ließ.“ Das sind in Nordrhein-Westfalen rund 1.000 Stellen. Wenn man die jetzt dazurechnen würde, wenn man weiß, dass es 1.000 Stellen sind, kann man sie auch einfach abziehen – – Aber wenn man sie dazu zählt, ist Nordrhein-Westfalen auf dem letzten Platz.

Meine Damen und Herren, bei Statistiken muss man hinschauen, wie sie erstellt worden sind und welche Bezugsgrößen zugrundegelegt werden. Einfach nur Zahlen miteinander zu vergleichen ohne auf die Bezugsgrößen zu schauen, ist einfach nicht redlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube auch, wir würden gut daran tun, einmal darüber nachzudenken, welche Bilder hier bei der inneren Sicherheit erzeugt werden. Auf der einen Seite beschweren wir uns darüber, dass wir uns in einer sehr aufgeregten und aufgeheizten emotionalen Situation befinden. Auf der anderen Seite sind wir damit konfrontiert, welche Bilder erzeugt werden.

Ich habe vorhin schon etwas zum Thema AFD gesagt. Deshalb sollten wir als demokratische Parteien in diesem Hessischen Landtag alles unterlassen, was diese Stimmung auch noch befeuert. Das tut uns allen nicht gut und es ist vor allen Dingen für die Sicherheit der Menschen, zumindest für ihr subjektives Sicherheitsempfinden, nicht gut. Meine Damen und Herren, wir als Demokraten sollten uns darauf einigen, das nicht zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Kollege Frömmrich, Sie müssen bitte zum Schluss kommen

Jürgen Frömmrich:

– Ich komme sofort zum Schluss. Wir sollten nicht übertreiben und Bilder erzeugen, die mit den Realitäten unseres Landes wenig zu tun haben. Denn das kann zu Hysterie und Aktionismus führen. Was wir jetzt brauchen, ist eine ruhiges, besonnenes, aber auch zugleich entschlossenes Handeln. Ich wäre froh, wenn wir uns als Demokraten darauf einigen könnten. Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank. 

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