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13.12.2012
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Rechtsextremismus auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen bekämpfen

Ich glaube, wer jetzt und an welcher Stelle spricht, das ist relativ egal, weil wir uns sehr einig sind, dass es sich bei der NPD um eine widerwärtige, menschenverachtende Partei handelt. Da sind wir uns in diesem Hause, glaube ich, alle einig. Sie ist ausländerfeindlich, sie ist rassistisch und sie ist undemokratisch. Ich glaube, alle Mitglieder dieses Hauses müssen aufgerufen sein, diese Partei mit allen demokratischen Mitteln zu bekämpfen und, wo es geht, gegen sie zu arbeiten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Es ist eine große zivilgesellschaftliche Aufgabe, sich im Kampf gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Wir haben das in vielen, auch innenpolitischen Debatten in diesem Hause schon gesagt. Wir haben auch immer gesagt, dass die Präventivmaßnahmen, die vom Land im Bereich Rechtsextremismus gemacht werden, von uns unterstützt werden und dass wir der Auffassung sind, dass wir nach diesen rechtsterroristischen Morden in Deutschland mehr Prävention brauchen und diese Projekte stärken müssen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch da sollten wir uns einig sein.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))
Ich habe für die Menschen Verständnis, auch in meiner Partei, die sagen: „Diese Partei muss verboten werden, weil es eine Partei ist, die in dieser Weise menschenverachtende Ideologien verbreitet, die in solcher Weise mit Andersdenkenden umgeht, sich in solcher Weise undemokratisch verhält und sogar mit einzelnen Personen des nationalsozialistischen Terrorismus, der NSU, zusammengearbeitet hat.“ Ich kann verstehen, dass man auf dieser Grundlage sagt: „Dann muss man unter Umständen auch das Parteienverbot in Erwägung ziehen und vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.“
Aber Verbote von Parteien sind in unserer Demokratie das letzte Mittel, um gegen Parteien vorzugehen. Es gibt hohe Hürden, denen man sich bewusst sein muss. Wir wissen, dass das letzte NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert ist, weil es Verfahrenshemmnisse gab. Es gibt eine Zweidrittelmehrheit der Bundesverfassungsrichter, die zustimmen müssen, und es gibt noch die Hürde, dass nachher gegen ein solches Urteil vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte natürlich geklagt werden kann, wir aus Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber wissen, dass er bei Parteienverboten noch einmal höhere Hürden anlegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann sehr gut verstehen, dass es Menschen gibt, die sagen: Wir wollen diese Partei aber trotzdem verbieten, weil wir Ihnen keine öffentlichen Mittel in den Rachen schmeißen wollen. – Das kann ich durchaus verstehen, denn Parteienfinanzierung funktioniert ja so. Von daher kann ich es emotional nachvollziehen, dass man so argumentiert. Ich glaube aber, dass es dann die verantwortlichen Regierungen sein müssen, die erklären, ob das, was wir jetzt an Material vorliegen haben, auch trägt. Es ist dann Aufgabe einer Landesregierung, entweder zu sagen: Dieses Material, das wir haben, trägt, und es wird auch vor dem Bundesverfassungsgericht durchkommen. – Oder diese Landesregierung sagt: Wir sind in dieser Frage skeptisch, und das Material könnte unter Umständen nicht ausreichen. – Wenn man diesen Weg geht, tut man der Demokratie einen Bärendienst, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Verantwortliche Regierungen müssen auch verantwortlich handeln, Herr Innenminister. Man kann sich dann nicht mit Protokollnotizen aus der Verantwortung stehlen, wenn man sagt – ich zitiere aus der Erklärung des Innenministers –:
Ich erkenne an, dass wir jetzt viel besser aufgestellt sind als 2002/2003. Aber gleichwohl bleiben große Zweifel an der Richtigkeit des Weges.
Herr Minister Rhein, das ist kein verantwortliches Regierungshandeln.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Wenn Sie daran Zweifel haben, müssen Sie diesen Weg gehen und wirklich sagen, dass man nicht vor das Bundesverfassungsgericht gehen kann. Es gibt hier keinen Mittelweg, sondern es geht nur: „Ja, das Material trägt“, oder „nein, das Material trägt nicht“.
(Zuruf der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
Wir können das im Übrigen nicht entscheiden, weil wir dieses Material nicht kennen. Wir können es nicht werten; wir haben es nicht gesehen. Ich gehe davon aus, dass sich die Mitglieder des Deutschen Bundestages, die auch darüber entscheiden werden, dieses Material sehr genau anschauen und überlegen werden, ob sie sich dem Verbotsverfahren anschließen.
Meine Damen und Herren, wir sind im Grundsatz alle einig: Wir sind dafür, dass man diese Partei mit ihrer menschenverachtenden Ideologie an allen Stellen, an denen sie uns begegnet, mit allen demokratischen Mitteln bekämpft.
Vizepräsident Lothar Quanz:
Herr Frömmrich, Sie kommen bitte zum Schluss.
Jürgen Frömmrich:
Wir haben sehr viel Verständnis für Menschen, die ein Verbotsverfahren fordern, aber, Herr Innenminister, Sie sind derjenige, der das Material kennt. Sie müssen sagen, ob dieser Weg trägt und ob das Material ausreichend ist. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

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