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10.03.2016
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Nach der Kommunalwahl: Rechte und rassistische Parolen und Politik stoppen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte Frau Kollegin Faeser ausdrücklich zustimmen. Ich glaube, dass wir es hier mit einem Phänomen zu tun haben, bei dem wir alle als Demokraten gefordert sind – und zwar ganz eindeutig. Ich glaube auch, dass es dem Themenkomplex zum Teil nicht angemessen ist, die Debatte hier so zu führen, wie es geschehen ist.

Es gibt für das Auftreten der AfD und für das, womit wir es am vergangenen Sonntag zu tun hatten, verschiedene Erklärungsversuche. Das Thema ist für eine Aktuelle Stunde vielleicht nicht wirklich geeignet. Man kann hier eben keine einfachen Antworten geben.
Eine Antwort will ich aber ausdrücklich geben: Ich glaube, dass jetzt alle Demokraten in den Kommunalparlamenten anfangen müssen, diese Partei in allen Punkten zu stellen und sie sich inhaltlich vorzunehmen; denn da haben sie nichts, aber auch gar nichts anzubieten.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Die Ergebnisse der Kommunalwahlen waren doch für uns alle erschreckend. Ergebnisse für die AfD im zweistelligen Bereich – in einzelnen Orten sogar für die NPD – sind doch etwas, was jeden Demokraten umtreiben muss. Als ich das erste dieser Ergebnisse gehört habe, nämlich dass die AfD in Bad Karlshafen 22 % der Stimmen bekommen hat, sind mir als Demokraten Schauer über den Rücken gelaufen. Wir alle müssen uns überlegen, was wir unternehmen, damit wir die wieder kleinkriegen. Die müssen wir nämlich wieder in die Büchse kriegen; das kann ich nur sagen.
Programmatisch hat diese Partei nichts zu bieten. Schauen Sie sich einmal die Kommunalwahlprogramme an: null Inhalt. Die Kommunalpolitik ist nicht das, womit sie Stimmen fangen. Wenn es darum geht, die Probleme der Menschen vor Ort anzupacken, sich also darum zu kümmern, dass Kindergartenplätze vorhanden sind, dass die Versorgung alter Menschen funktioniert und es eine gute Gesundheitsversorgung gibt, hat diese Partei nichts beizutragen; dafür hat sie kein Programm.
Stattdessen versucht sie, mit Ausländerfeindlichkeit und mit Hetze gegen Minderheiten Stimmen zu fangen: gegen Muslime, gegen Frauen und gegen Homosexuelle. Das ist etwas, was wir Demokraten bekämpfen müssen, und zwar alle gemeinsam.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der LINKEN)
Dieses Ergebnis wird Auswirkungen auf die Mehrheitsbildung in vielen Kommunalparlamenten haben. Wir werden in den Kommunalparlamenten große Schwierigkeiten haben, stabile Mehrheiten hinzubekommen. Für viele Menschen, die sich seit Jahrzehnten ehrenamtlich engagieren, ist das ein schwerer Schlag. Das gilt für alle Parteien.
Wenn ich mir vorstelle, dass sich viele ehrenamtliche Kommunalpolitiker seit 20 oder 30 Jahren engagieren, wobei sie sich nicht nur in den Kommunalparlamenten, sondern auch in Vereinen und Verbänden für ihr soziales Umfeld einsetzen, und nun erleben müssen, dass eine Partei mit ausländerfeindlichen, hetzenden Parolen um die Ecke kommt und aus dem Stand 10 % der Stimmen erhält, ohne sich auch nur ein einziges Mal für das Gemeinwesen engagiert zu haben, muss ich sagen: Das ist für die Kommunalpolitikerinnen und -politiker, die sich engagiert haben, wirklich ein Schlag ins Gesicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Das haben sie ohne Programm geschafft – nur mit hohlen Sprüchen. Aber mit hohlen Sprüchen kann man eben keine Kommunalpolitik machen.
Wir müssen uns fragen – da will ich durchaus auf das eingehen, was die Kollegen Faeser gesagt hat –, warum es so gekommen ist. Wir hatten eine schwierige Debatte über die Unterbringung der Flüchtlinge. Ich glaube, dass wir im Land Hessen gemeinsam einiges auf den Weg gebracht haben. Aber in einer Situation, in der sich viele Menschen fragen, welche Auswirkungen das für sie ganz persönlich hat, braucht man Regierungen, die Orientierung und Halt geben und sagen, wo es langgeht – Regierungen, hinter denen sich die Menschen versammeln können.
Das, was wir auf der Bundesebene erlebt haben, war doch das Gegenteil: Es gab keine Orientierung und keinen Halt, sondern man hat sich zerstritten und gegeneinander gearbeitet, statt gemeinsam etwas hinzubekommen. Frau Kollegin Faeser, ich glaube wirklich, es ist ein Hauptgrund für das Erstarken der AfD, dass es in der schwierigen Lage, in der sich das Land befindet, keinen Halt und keine Orientierung gab. Das war einer der großen Fehler der Politik auf Berliner Ebene.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das muss uns aber dazu bringen, jetzt die Probleme lösen. Wir werden es am kommenden Wochenende mit mehreren Landtagswahlen zu tun haben. Wenn man sich die Ergebnisse in Hessen anschaut, kann man sich ungefähr ausrechnen, wie die Ergebnisse der Landtagswahlen ausfallen werden.
Ich glaube, wir Demokraten müssen sehr deutlich sagen, dass das Wählen solcher Rechtsextremer und solcher Hetzer kein Problem in unserem Land lösen wird. Vielmehr muss es darum gehen, dass wir die Probleme anpacken, dass wir solidarisch sind, dass wir dem verpflichtet sind, was in unserem Grundgesetz steht, und in diesem Sinne arbeiten und dass wir all diejenigen mit demokratischen Mitteln bekämpfen, die zurzeit versuchen, die Parlamente zu erobern. Kollegin Faeser, da sind wir als Demokraten gemeinsam gefordert.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Vizepräsident Frank Lortz:
Vielen Dank, Kollege Frömmrich.

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