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05.10.2011
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Gesetz über die Bannmeile des Hessischen Landtags

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht wundern, wir haben das schon in der ersten Lesung gesagt, wir werden dem Gesetzentwurf, der von den Kolleginnen und Kollegen der LINKEN vorgelegt worden ist, ablehnen. Wir glauben, dass es sich hierbei um reinen Populismus handelt und Populismus muss man im Hessischen Landtag nicht zustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Herr Kollege Dr. Wilken, er wäre auch schön, wenn Sie den ehemaligen Justizminister der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Schmidt-Jortzig zitieren, dass Sie dann auch den letzten Absatz seiner Stellungnahme zu Ihrem Gesetzentwurf zitieren. Dort sagt er:

Weshalb nun die anderthalb Jahre bis dahin nicht mehr abgewartet werden können

– er meint das Auslaufen des Gesetzes –

bleibt angesichts des – wie dargelegt – sehr begrenzten sachlichen Effekts unersichtlich.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Jetzt unbedingt noch gesondert ein Aufhebungsgesetz zu starten, erschiene daher als reiner Aktionismus. Die Aktion müsste den Vorwurf der Symbolpolitik auf sich ziehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Genau das hätten Sie zitieren müssen, wenn Sie ausgerechnet Herrn Schmidt-Jortzig als Zeugen zitieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bannmeile versucht, zwei Dingen gerecht zu werden. Auf der einen Seite dem verfassungsrechtlich garantierten Schutz des Parlaments und dem Schutz der Parlamentarier, damit sie ohne den Einfluss von Außen und ohne Zwang ihre Entscheidungen treffen können. Auf der anderen Seite haben wir das grundgesetzlich garantierte Recht auf Demonstrationsfreiheit und auf freie Meinungsäußerung. Das sind zwei Grundrechte, die wir gegeneinander abwägen müssen. Auch der Schutz des Parlamentes und das Zusammentreten des Parlaments und die Meinungsfindung der Abgeordneten ohne Zwang ist ein hohes Gut. Das sollten Sie von der Linkspartei endlich zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Wir haben ein existierendes Bannmeilengesetz. Darauf sollten Sie vielleicht eingehen. Wir haben nach dem Umzug aus dem Rathaus in das neue Gebäude im Hessischen Landtag die Bannmeile relativ eng begrenzt. Es sind im Prinzip nur die Straßen, die um den Hessischen Landtag herum sind, und natürlich der Schlossplatz. Wer in Wiesbaden gegen Entscheidungen dieses Parlamentes demonstrieren will, wer seine Meinungen äußern will, der kann in Wiesbaden demonstrieren, und zwar in unmittelbarem Zusammenhang zum Hessischen Landtag auf dem Dern’schen Gelände. Sie haben es doch schon sehr oft erlebt. Wenn man im Hessischen Landtag in seinem Büro sitzt, hört man natürlich, wenn auf dem Dern’schen Gelände demonstriert wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Bannmeilengesetz hat sich im Grunde bewährt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Kollege Wilken, Sie verschweigen dabei immer, dass Sie natürlich nicht ohne gesetzliche Regelungen auskommen. Wenn Sie das Bannmeilengesetz abschaffen, müssen Sie andere einfachgesetzliche Regelungen schaffen, die dieses Parlament schützen. Sie hätten hier alle Möglichkeiten gehabt, darzustellen, wie Sie z. B. Demonstrationsrechte, Versammlungsrechte und anderes einschränken, damit der Hessische Landtag tagen kann und damit die Abgeordneten ungehindert den Hessischen Landtag betreten können.

Sie machen also eine reine Symbolpolitik, auf der einen Seite zu sagen, wir müssten das Bannmeilengesetz abschaffen, und auf der anderen Seite einfachgesetzliche Regelungen zu machen, die dem Grunde nach das Gleiche bezwecken: den Schutz des Hessischen Landtags und der hier tagenden Abgeordneten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen ist das, was Sie hier machen, reine Symbolpolitik. Sie zitieren immer wieder andere Bundesländer oder auch den Bund, die die Bannmeile geändert oder abgeschafft haben. Sie sind nicht in der Lage, deutlich zu machen, dass die anderen Länder einfachgesetzliche Regelungen getroffen haben, um den Schutz des Parlaments zu gewährleisten.

Ich erinnere daran: Mit großem Brimborium ist seinerzeit die Bannmeile um den Deutschen Bundestag abgeschafft worden. Als dann zum ersten Mal schäbigerweise – das muss man sagen – Nazis durch das Brandenburger Tor marschieren wollten, waren Sie die Ersten, die gesagt haben, dass das nicht geht. Das wäre mit einer Bannmeile um den Deutschen Bundestag nicht möglich gewesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Ich glaube, dass es ganz gut ist, dass wir vor dem Hessischen Landtag einen Raum haben, der für das Parlament geschützt ist. Ich möchte nicht, dass wie in Frankfurt Salafisten vor dem Hessischen Landtag oder auf der Treppe des Hessischen Landtags demonstrieren können oder ihre kruden Ideen verbreiten können. Ich möchte nicht, dass, wenn wir hier noch einmal Demonstrationen von Nazis haben, diese vor dem Hessischen Landtag auftreten können.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Ich glaube, dass das, was Sie hier machen, purer Populismus ist. Ich verstehe nicht, wie Sie dazu kommen, hier zu sagen, das gehe auch ohne einfachgesetzliche Regelungen.

Meine Damen und Herren, Sie sagen es sogar im Vorblatt Ihres eigenen Gesetzentwurfs in der Problembeschreibung:

Eine konsequente Anwendung der einschlägigen Vorschriften im Strafrecht, im Versammlungsrecht und im Polizeirecht reicht zur Gewährleistung der Integrität und zum Schutz dieser Organe völlig aus.

Das sagen Sie sogar in Ihrem Vorblatt. Ich frage mich wirklich, warum Sie auf der einen Seite auf Strafrecht, Versammlungsrecht und Polizeirecht verweisen und auf der anderen Seite das Bannmeilengesetz abschaffen wollen und hier so tun, als ob Sie durch die Abschaffung des Bannmeilengesetzes den Bürgerinnen und Bürgern erst die Möglichkeit eröffneten, hier zu demonstrieren. Das ist Unsinn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich sage das auch in Anbetracht dessen, was wir hier erlebt haben. Es geht nicht nur um den Schutz des Landtags außen, sondern es geht auch darum, was hier auf der Besuchertribüne passiert. Wir haben das eine oder andere schon erlebt.

Ich glaube, dass wir gut daran tun – das tun die Kolleginnen und Kollegen alle –, sich in kontroversen Debatten auch über Entscheidungen, die sehr strittig sind in diesem Parlament, mit den Bürgerinnen und Bürgern zu unterhalten und sich den Diskussionen zu stellen. Wir haben alle kein Problem, mit Demonstrantinnen und Demonstranten zu reden, die sich gegen Regelungen, die wir hier treffen, aussprechen.

Wir haben einen Dialog, und wir haben eine vernünftige Auseinandersetzung mit denen, die sich mit uns auseinandersetzen wollen. Aber auf der anderen Seite glaube ich – das ist die Erfahrung aus unserer Geschichte; ich will nur am Rande darauf hinweisen –, dass es ein hohes Gut ist, dass Parlamente ohne Störungen, ohne Zwang beraten und entscheiden können. Deswegen werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Frömmrich.

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