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24.04.2013
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein hessisches Transparenzgesetz

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es erinnert hier ein bisschen an den Geisterfahrer an der Autobahn, der im Radio hört, dass ein Geisterfahrer unterwegs ist, und sagt: Nicht einer, viele.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Herr Kollege Heinz, genau das ist die Argumentation, die Sie bringen. Wir haben elf Bundesländer plus die Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Informationsfreiheitsgesetze haben.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Alle sind diejenigen, die für ausufernde Bürokratie, für Monsterbürokratie sind, nur das Bundesland Hessen ist das glückselige Land, das sich davor schützt, den Bürgerinnen und Bürgern Informationen bereitzustellen. Das ist geradezu absurd, Herr Kollege Heinz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Aus Ihnen spricht der Ministerialbeamte, der am liebsten arbeitet, ohne dass sich der Bürger einmischt. Das merkt man bei Ihnen, Herr Kollege Heinz, aber das ist nicht unser Anspruch. Das sagen wir schon seit der 15. Wahlperiode. Damals haben wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den ersten Entwurf in den Landtag eingebracht.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir haben gesagt: Wir wollen Informationsfreiheit für die Bürgerinnen und Bürger sicherstellen. In der 16. Wahlperiode haben wir es noch einmal probiert und gesagt: Jetzt machen es noch ganz viele andere Bundesländer; lasst es uns auch machen. Wir sind das Erfinderland des modernen Datenschutzes, und zu Datenschutz passt auch Informationsfreiheit. Lasst es uns machen.

Auch da wart ihr nicht zu überzeugen. Wir haben es jetzt in der 18. Wahlperiode noch einmal probiert. Gemeinsam mit den Sozialdemokraten haben wir gesagt: Wir machen einen gemeinsamen Gesetzentwurf und versuchen, euch zu überzeugen.

Auch das ist fehlgeleitet. Herr Kollege Heinz, ich glaube auch, dass der lobenswerte Ansatz der Sozialdemokraten – sie nennen das jetzt Transparenzgesetz, es ist eigentlich das Informationsfreiheitsgesetz – auch wieder scheitern wird, weil Sie dem wieder nicht zustimmen werden. Wir haben wieder die alte Platte von Ihnen gehört. Egal, ob Herr Beuth dazu gesprochen hat oder andere, immer wieder die gleiche Leier.

Herr Kollege Heinz, ich sage Ihnen eines: Am Ende wird der Bürger am 22. September darüber entscheiden, ob wir auch in Hessen ein modernes Informationsfreiheitsgesetz gekommen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger das wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Jürgen Frömmrich:

Nein. – Was haben Sie eigentlich dagegen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger über das, was in Verwaltungen läuft, was bei Verwaltungen an Informationen vorliegt, Informationen beschaffen wollen? Wir wollen, dass sich Bürgerinnen und Bürger aktiv ins poltische Handeln einmischen. Wir wollen, dass Sie sich beteiligen, dass Sie teilnehmen.

Wir beklagen, dass die Bürgerinnen und Bürger immer mehr außen stehen und sagen: Mit dieser Art von Politik wollen wir nichts zu tun haben. – Das ist aber nicht unser Ansatz. Unser Ansatz ist, den Bürgern zu sagen: Wir wollen, dass ihr mitmacht. – Und wer mitmachen soll, der muss sich auch informieren können. Das sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Sie wollen das nicht. Viele moderne Staaten haben Informationsfreiheitsgesetze und sagen: Wir wollen unseren Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, sich zu informieren. – Nur wer will es nicht? Die hessische CDU hat es nicht auf dem Programm und will es nicht.

Ich sage Ihnen: Am 22. September werden wir diese erschöpfte und verbrauchte Regierung ablösen. Und dann werden wir ein modernes Gesetz bekommen. Ich bin mir da ziemlich sicher.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Der Kollege Heinz stellt sich allen Ernstes hin und erzählt uns allen, dass man bei Anhörungen doch gefälligst zuhören muss, weil Anhörung etwas mit Zuhören zu tun hätte. Herr Kollege Heinz, vielleicht sollten Sie einfach das eine oder andere einmal nachlesen, was Sie vielleicht selber nicht gehört haben, weil Sie damals noch in der Ministerialbürokratie waren. Das hilft auch, weil Sinn erfassendes Lesen meines Wissens auch bilden soll.

Ich will Ihnen einmal ein paar Kostproben geben, und zwar Kostproben von Menschen, von denen ich glaube, dass sie etwas von Informationsfreiheit und von Datenschutz verstehen. Der Datenschutzbeauftragte der Bundesrepublik Deutschland, Herr Schaar in der Zeit:

Transparenz sollte Grundsatz sein, nicht Ausnahme. … Es hat lange gedauert, bis das Informationsfreiheitsgesetz eine gewisse Bekanntheit erreicht hatte. Länger, als ich gedacht und gehofft hätte. … Inzwischen sind es viele andere Menschen, die sich damit aus persönlichen oder geschäftlichen Gründen beschäftigen.

So also Schaar, der Datenschutzbeauftragte der Bundesrepublik Deutschland, der sagt, das ist ein gutes Gesetz, und Transparenz sollte der Grundsatz sein.

Ein Weiterer, den man durchaus nachlesen sollte, weil er ein kluger Mensch ist und zu Datenschutz etwas zu sagen hat. Es ist der ehemalige Datenschutzbeauftragte des Landes Hessen, ich glaube, einer der Koryphäen im Bereich des Datenschutzes, Prof. Simitis. Zitat aus der Anhörung des Innenausschusses vom 18.02.2007, also schon ein paar Tage her – Herr Heinz, vielleicht nicht nur hören, sondern auch lesen –:

Datenschutz und Informationsfreiheit hängen untrennbar miteinander zusammen. Der Datenschutz garantiert die Integrität des Einzelnen und des Bürgers. Die Informationsfreiheit garantiert seine Partizipationsmöglichkeiten. Beides zusammen sind Voraussetzungen einer demokratischen Gesellschaft, beides muss zusammen gesehen werden, und beides muss auch zusammen geregelt werden.

Prof. Simitis vertraue ich mehr als Ihnen, Herr Kollege Heinz, was Sie zum Thema Datenschutz gesagt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielleicht sollten Sie auch den amtierenden Datenschutzbeauftragten Prof. Ronellenfitsch zur Kenntnis nehmen. Prof. Ronellenfitsch hat in allen Diskussionen gesagt, wo es um Informationsfreiheit und Datenschutz gegangen ist, wo man durchaus sagen muss, dass die Balance zwischen Datenschutz hergestellt werden muss, wo wir auch sagen, es gibt im Gesetz Normierungen, wonach man gewisse Daten nicht heraus gibt:

Um gleich die Berührungsängste zu nehmen: Es geht hier nicht um Rechts- und Linkskonstellationen oder Ähnliches. Es geht auch nicht um den Gegensatz von repräsentativer oder partizipatorischer Demokratie. Letztlich geht es darum, ob wir den Status quo des deutschen Amtsgeheimnisses bewahren wollen oder ob wir uns an die gewandelten Verhältnisse der modernen Informationsgesellschaft anpassen. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Auch da hat unser Datenschutzbeauftragter vollkommen recht, und da stimmen wir ihm zu:

Ein mündiger Bürger, ein informierter Bürger ist allemal das, was wir uns in unserer Demokratie vorstellen.

Ich könnte Ihnen hier noch mehrere Fundstellen vortragen, wo es genau immer darum geht, diese Informationsfreiheit sicherzustellen. Dass es natürlich im Bereich der Kommunen, im Bereich der Verwaltungen Leute gibt, die sagen: „Das wollen wir nicht, das macht uns mehr Arbeit, das macht uns vielleicht auch mehr Kosten“, das ist verständlich. Aber die Menschen, die sich mit Informationsfreiheit auskennen

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Sie müssen zum Ende kommen.

Jürgen Frömmrich:

– Frau Präsidentin, ich komme sofort zum Schluss –, die sich mit Datenschutz auskennen, die sagen: Wir wollen Informationsfreiheit darstellen, weil es zu einer modernen, zu einer partizipativen Gesellschaft dazugehört, weil wir Bürger und Freiheitsrechte haben wollen, weil wir Menschen haben wollen, die in dieser Demokratie mitmachen.

Wer in dieser Demokratie mitmachen soll, muss auch gut informiert sein. Springen Sie endlich einmal über Ihren Schatten und stimmen Sie diesem Gesetz zu, was den Bürgerinnen und Bürgern Möglichkeiten gibt, sich über Verwaltungsabläufe zu informieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege.

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